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Der Siegelring - Roman

Titel: Der Siegelring - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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geschickter Beleuchtung könnte man ein traumhaftes Portrait hinkriegen. Darf ich dich mal fotografieren? Im Studio. Mit offenen Haaren!«
    »Nix da!«
    »Na, man versucht’s halt. Hier sind wir. Ich hoffe, du magst französische Küche.«
    »Es gibt Schlimmeres!«
    Er grinste und nahm mich am Arm, netterweise am unverletzten, und führte mich hinein. Der Ober am Eingang nickte ihm zu, Marc schien bekannt zu sein, er erhielt, ohne reserviert zu haben, einen Tisch am Fenster. Wahrscheinlich hatte er den Laden mal für ein Ambientemagazin fotografiert.
    Wir studierten schweigend die Speisekarte, bekamen unseren Aperitif, ein paar delikate Appetithäppchen und plauderten dann Belangloses. Doch ich blieb auf der Hut. Er bemerkte es.
    »Meine Güte, was kannst du zugeknöpft sein, Anita-Herzchen. Schau mal, ich will nur meine Bekanntschaft
mit dir erneuern. Möglicherweise ein bisschen vertiefen. Musst du so misstrauisch sein?«
    »Nimm es nicht persönlich, Marc. Ich bin einfach allen gut aussehenden Draufgängern, die mich Schätzchen, Süße oder Herzchen nennen, misstrauisch gegenüber.«
    »Das war eine höchst unpersönliche verbale Ohrfeige. Ach, wenn ich nur schwören könnte, dass ich nie wieder ein zärtliches Kosewort zu dir sage. Aber ich fürchte, das wird mir auf Dauer nicht gelingen.«
    »Du könntest es mit ein wenig Disziplin versuchen.«
    »Und dann erzählst du mir vertrauensvoll alles aus deinem Leben!«
    »Klar. Nur den Wahrheitsgehalt, den musst du selbst herausfinden.«
    »Du würdest mich schamlos anlügen?«
    »Ich stelle mich auf meine Gesprächspartner intensiv ein!«
    »Anita-Lieb… Pardon. Sei nicht ganz so gemein zu mir. Was hast du für Pläne für die Zukunft? Deine Mama sagt, du bist ausgezogen und hast dein eigenes Heim gegründet. Wovon lebst du? Bringst du Papas Erbe durch?«
    »Wie du eventuell ahnst, bin ich noch nicht wieder arbeitsfähig.«
    »War doch kein Vorwurf. Aber was wirst du machen, wenn du wieder fit bist? Zurück in die Clubs, Touris animieren?«
    »Ich glaube nicht. Zur Zeit denke ich noch nach.«
    »Du könntest eine Surf-Schule aufmachen. Ich kenne da eine Küste in der Bretagne, wo so was noch eine Seltenheit ist. Du hättest mich sofort zum Partner.«
    »Rein geschäftlich natürlich!«
    »Absolut und rein geschäftlich. Zumindest tagsüber.«
    »Superangebot!«, spottete ich.

    »Du, ich kann nicht nur fotografieren!«
    »Tatsächlich!? Windsurfen auch?«
    Man brachte uns die Vorspeise, und ich nutzte es, das Gespräch, das für mich in die falsche Richtung lief, abzubrechen und kommentierte danach lediglich das Essen.
    »Jetzt hast du die Läden wieder dichtgemacht!«
    »Sie waren für dich nie geöffnet!«
    »Für wen denn?«
    Ich erlaubte mir einen kleinen Ausflug in die Schauspielkunst und sah mit traurig versonnenem Blick aus dem Fenster in den diesigen Tag.
    »Meine Freunde sind in dem Flugzeug gewesen«, bemerkte ich leise.
    »Tja, das ist natürlich traurig, Anita, mein Schatz. Aber du wirst mir nicht weismachen können, dass Marek oder Titus je dein kuscheliges Bettchen geteilt haben. Auch von Ben Hawkins glaube ich das nicht. Und als Lesbe gehst du nicht durch!«
    »Marc!«, fauchte ich.
    »Schon gut. Nur ein bisschen Recherche. Man muss doch wissen, woran man ist!«
    »Was hast du denn sonst noch so herausgefunden über mich?«
    »Leider unheimlich wenig. Du verstehst es gut, deine Spuren zu verwischen.«
    »Langjährige Übung.«
    »Vom Herrn Papa gelernt, was? Der verwischte seine Spuren auch recht gekonnt, heißt es.«
    »Rate mal, warum!«
    »Ihr habt was zu verbergen. Ist doch klar!«
    »Ein ungestörtes Privatleben beispielsweise.«
    »Ist eigentlich etwas an dem Gerücht dran, dass Papa sich in seinen jungen Jahren ein bisschen rumgetrieben hat?«

    »Welcher junge Mann, lieber Marc, tut das wohl nicht?«
    »Man munkelt aber, dass es nicht ohne Folgen geblieben ist!«
    »Die Folge bin ich.«
    »Ach, die Spätzchen auf den Dächern haben noch ganz andere Dinge gezwitschert.«
    Ich zuckte mit den Schultern, gab mich ahnungslos und versuchte ein Ablenkungsmanöver.
    »Lieber Marc, das Klischee verlangt, dass ein Mann, der von einer attraktiven Frau gefragt wird, wie denn so sein Leben aussieht, nicht mehr aufhört, von sich zu reden. Also, berichte mal ein bisschen von deinem Leben!«
    »Ach, da gibt es nicht viel zu erzählen.«
    »So fängt es angeblich immer an. Meine Ohren sind dir zugeneigt.«
    Er lächelte mich an, und seine Augen sprühten.

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