Der Siegelring - Roman
wurde von der Presse geliebt. Die Künstler aus dem Umkreis hingegen rissen sich um die Möglichkeit, bei dieser Veranstaltung ausstellen zu dürfen. Glasarbeiten waren bisher noch nicht vertreten gewesen, und so hatte Rose auf mein Bestreben hin eine Einladung erhalten.
Beladen mit sorgfältig gepackten Kisten voller Glaswaren, Mengen von schwarzem Samt, Dutzenden von kleinen Strahlern, Kabeln, Steckern und allem möglichen Kleinkram machten wir uns am nächsten Tag, dem Freitag, auf den Weg zum historischen Rathaus, in dessen Räumlichkeiten die Ausstellung stattfinden sollte. Cilly war natürlich dabei und auch Roses Mutter, Sophia van Cleve, begleitete uns. Ich mochte Sophia, sie war eine herzerfrischende Frau, zupackend und geradlinig. Manchmal allerdings schien es mir, überrollte sie Rose etwas mit ihrem Pragmatismus. Vor allem, wenn meine Schwester die Dinge auf ihre manchmal feinsinnigere Art zu regeln gedachte.
Auf jeden Fall hatten wir am Ende des Tages eine ansprechend gestaltete Ecke in einem kleinen Saal mit hohen Fenstern und Stuckdecken, den wir mit einem Holzschnitzer und einer Frau teilten, die exquisite Patchwork-Arbeiten ausstellte.
»Die Rosen bringe ich euch morgen früh mit, Anita. Achte darauf, dass sie sofort ins Wasser kommen.«
»Natürlich, Sophia.«
»Und du, Rose, vergiss um Himmels willen deine Visitenkarten nicht.«
»Nein, Mama!«
»Und nimm dir etwas zu trinken mit!«
»Ja, Mama!«
»Und, Sophia - vergiss du nicht, dass du es mit einer erwachsenen Künstlerin zu tun hast!«, konnte ich mich nicht bremsen zu sagen.
Sophia sah mich verdutzt an und schüttelte den Kopf.
»Hab ich das Muttertier mal wieder raushängen lassen?«
»Ziemlich weit, Mama!«, kicherte Rose.
Sophia grinste, schnappte sich ihre Autoschlüssel, gab Rose und mir einen schnellen Kuss und verschwand.
Meine Schwester kicherte noch immer und meinte dann: »Und du hast sozusagen die Annik rausgekehrt!«
»Auweia, ja. Ich fürchte, da hat Julian eine treffliche Charakterstudie hinterlassen. Ich mische mich manchmal wirklich zu unpassender Zeit ein.«
»Stimmt. Je mehr ich dich kennen lerne, meine Schwester, desto mehr Parallelen finde ich bei dir. Mach dir aber nichts draus, meine Mutter hat das schon richtig verstanden!«
»Ja, Sophia ist in Ordnung. Dein Verhältnis zu ihr ist um Klassen besser als meins zu Uschi.«
»Tja, es gibt Mütter und Mütter.«
»Seltsam - Ursa ist der Ursprung des Namens Ursula. Und Uschi ist die Kurzform davon. Aber sie kann er wohl nicht gemeint haben, so eine Bärenmutter ist Uschi wahrhaftig nicht. Sie kann manchmal sogar eine richtige Giftspritze sein, wenn sie ihre Launen hat.«
»Anita - nicht nur du hast eine Mutter, deren Name auf Ursa zurückzuführen ist. Sophia hieß vor ihrer Ehe mit meinem Stiefvater Orsini mit Nachnamen, was verwandt mit diesem Wortstamm ist.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Er hat uns ganz schön was zum Nachdenken gegeben. Aber nicht mehr heute. Ich bin geschafft von dieser Aufbauerei!«
»Ich auch!«, gähnte Rose.
Rose war aufgeregt, als am nächsten Tag die Ausstellung eröffnet wurde. Ich fand es eigentlich unnötig, dass sie sich so sehr darum sorgte, ob ihre Werke Anklang fanden. Schlichte Vasen mit einzelnen weißen Rosen, herrlich facettierte Windlichter, einige Schalen mit eingeschliffenen Mustern und vier größere abstrakte Skulpturen - alles in klarem, transparentem Glas - schimmerten auf dem schwarzen Samt unter dem Licht der Strahler wie Edelsteine.
Die Reaktion der Besucher gab mir Recht. Die meisten waren hingerissen, und nach zwei Stunden klebten bereits eine Menge der roten Aufkleberchen an den Stücken, die sie als verkauft kennzeichneten. Und Roses Visitenkarten gingen zur Neige.
»Rose, wenn du mit Cilly hier eine knappe Stunde alleine klarkommst, fahre ich rasch nach Hause und drucke dir noch einen Stapel Karten aus.«
»Das wäre super. Wir schaffen das hier schon.«
Ich brauchte keine halbe Stunde, um diese Aufgabe zu erledigen, doch als ich aus meiner Wohnung zum Auto ging, wurde mir plötzlich ein Arm um die Hüften gelegt. Ich zuckte zusammen und wollte mich mit einer schnellen Drehung losmachen, aber der andere Arm legte sich jetzt von hinten um meine Schultern.
»Erschrick nicht, schöne Anita. Ich bin es, der unvermeidliche Marc!«
»Du bist sehr knapp davon gekommen, mein Lieber. Ich habe meine Lektionen in Selbstverteidigung recht gut gelernt.«
»Dann sollten wir mal gemeinsam auf die Matte
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