Der Siegelring - Roman
gehen. Ich raufe gerne mit Mädchen!«
Er ließ mich aber los, und ich drehte mich zu ihm um. Er sah hinreißend aus.
»Verrat mal, wo du warst. Es muss ein sonniger Auftrag gewesen sein.«
»In Rom, Schätzchen, dem Nabel der Welt.«
»Hast du den Papst beim Duschen fotografiert?«
»Da bringst du mich auf eine Idee. Ob er dafür Weihwasser verwendet?«
»Viel mehr interessiert mich eigentlich, wieso du mir hier auflauerst. Ich kann mich nicht erinnern, dir meine neue Adresse gegeben zu haben.«
»Nein, du nicht. Aber ich bin gut im Recherchieren. Wie du doch weißt. Übrigens wolltest du mich angerufen haben und sie mir mitteilen.«
»Ich habe dich zwei-, dreimal angerufen, aber es hat sich niemand gemeldet.«
»Wie schrecklich für dich. Hast du mich sehr vermisst?«
»Ungefähr so wie die Pocken!«
»Wie ausnehmend charmant du bist. Was hast du gerade vor?«
»Meiner … äh … Freundin Rose Visitenkarten bringen.«
Verflixt, beinahe hätte ich mich verplappert. Marc würde aus der Tatsache, dass wir Schwestern waren, ein nicht unbeträchtliches Kapital schlagen. Allerdings fiel mir in diesem Zusammenhang ein, dass er uns trotzdem ungemein nützlich sein konnte.
»Darf ich dich zu deiner - äh - Freundin begleiten?«
Er hatte sogar die kleine Verzögerung bemerkt, wie lästig.
»Nur und ausschließlich unter bestimmten Bedingungen.«
»Unter welchen? Ist mein körperlicher Einsatz gefordert?«
»Du denkst nur an das eine!«
»Du nicht?«
»Ich frage mich, ob du wohl auch etwas anderes als explodierende Flugzeuge, vollgedröhnte Mitglieder renommierter Königshäuser, aktive Vulkane oder sinkende Öltanker fotografieren kannst.«
»Ich mache sehr einfühlsame Aktaufnahmen!«
»Ja, das habe ich mir gedacht. Aber wie steht es mit unbelebten Objekten?«
»Ich fotografiere nötigenfalls auch Streichholzschachteln oder Schnürsenkel, aber viel Spaß macht das nicht.«
»Ein bisschen hübscher ist es schon, und ein lebendes Objekt ist zusätzlich dabei.«
»Du?«
»Nein, Rose!«
»Ah - ›eine Rose ist eine Rose ist eine Rose...‹«
»Ein Hauch von Bildung, Marc?«
»Tiefgründige Bildung, aber wahrscheinlich auf anderen Gebieten als deine. Ich bin zu allen Abenteuern bereit.«
»Dann folge mir!«
»Zu gerne, Schätzchen!«
»Und spar dir das Schätzchen!«
Er grinste frech und ging zu seinem Wagen. Ich fuhr voran und telefonierte dabei mit Rose, um sie vorzuwarnen.
»Und lass auch Cilly schwören, dass ihr das Wort Schwester nicht über die Lippe kommt!«
»Mach ich. Und wenn du dich beeilst, wirst du hier noch einen interessanten Menschen kennen lernen!«
»Ich bemühe mich, aber mir scheint, hier sind alle Ampeln rot, und jeder Trottel sucht einen Parkplatz. Halte ihn fest, wenn du kannst.«
Es war wirklich extrem ätzend. Die Ausstellung war so gut besucht, dass ich zwei Seitenstraßen weiter erst eine Lücke fand. Marc hingegen war dreister. Er stellte sich ins Halteverbot und legte eine Marke mit dem Hinweis »Presse« auf das Armaturenbrett.
»O nein, Anita, das verlangst du nicht von mir!«, sagte er, als wir zum Eingang gingen. »Selbst bei meiner gro ßen Liebe zu dir - handgeknüpfte Adventskränze und Mutters selbstgebackene Batikschürzen fotografiere ich nicht!«
»Du wirst erstaunt sein, was die Hausfrauen alles zwischen Bügelbrett und Kinderwagen zu produzieren in der Lage sind!«
»Nein, Anita. Ich habe einen Ruf zu wahren!«
»Quatsch. Denk dir einfach, es sind die Resultate häuslicher Katastrophen, dann bist du doch wieder in deinem Element.«
Unnachgiebig schob ich ihn in den Eingang.
»Herrgott, bist du hartnäckig!«
Er blieb stehen und sah sich um, das gebräunte Gesicht voller Widerwillen. Aber urplötzlich schmolz der dahin.
»Schätzchen, du hast mich angeschummelt!«
Ich grinste ihn an.
»Das sind keine Hausfrauen, was?«
Er begutachtete die großformatigen Kalligraphien, die einer der Künstler an der Wand dekoriert hatte.
»Fantastisch! Mit dem Mann muss ich reden!«
»Später. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!«
»Arbeit? Das bringt es auf den Punkt. Sag mal, was zahlst du mir eigentlich?«
»Nix. Das tust du alles aus Liebe zu mir!«
»Heute Abend?«
»Was - heute Abend?«
»Liebe mit mir!«
»Heute Abend werde ich ein ausgewrungenes Tuch sein und wortlos in mein Bett fallen. Alleine. So eine Ausstellung geht nämlich in die Knochen! So, da ist es. Der Stand mit der weißen Rose - Rose Wita.«
Marc blieb stehen, und wieder
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