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Der Siegelring - Roman

Titel: Der Siegelring - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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getroffen, denn es blutet nicht sehr stark. Es besteht vielleicht die Gefahr, dass die Pfeilspitze vergiftet war. Manche Krieger verwenden Eibensaft oder Eisenhut. Aber ich denke, dann müsstet Ihr jetzt schon etwas davon bemerken. Es lähmt nämlich. Trotzdem ist es besser, wenn das Blut noch eine Weile fließt, bevor ich den Verband darüber lege. Ich werde die Wunde reinigen und eine Salbe verwenden, die Schafgarbe enthält. Sie hat bisher bei den Verletzungen, die wir uns in der Töpferei ab und zu beibringen, stets gut gewirkt.«
    »Verbinde es so fest wie möglich. Ich muss gleich gehen können.«
    »Nicht heute Nacht, Dominus. Ihr werdet hier liegen bleiben und, wenn möglich, schlafen.« Sie nahm ein weiteres Stoffstück und tauchte es in das warme Wasser. »Haltet es auf die Wunde. Ich will sehen, was ich mit dem zerrissenen Hosenbein machen kann. Aber erwartet nicht zu viel, Dominus. Nähen ist nicht meine Stärke. Außerdem ist die Hose blutig, und Ihr solltet sie, wenn Ihr im Haus seid, rasch verschwinden lassen, wenn Ihr nicht wollt, dass Eure Diener Fragen stellen.«
    »Sie werden auch Fragen stellen, wenn bekannt wird, dass ich die Nacht bei dir verbracht habe.«
    »Wäre das so ungewöhnlich, Dominus?«
    Er antwortete nicht, und sie nahm das Lämpchen mit, um bei seinem Schein den Riss zu flicken. Als sie sich ihm wieder zuwandte, hatte er die Augen geschlossen, und sein Gesicht sah müde und erschöpft aus. Doch seine Hand mit dem Bausch hielt er nach wie vor auf die Wunde gepresst.
    »Ihr könnt loslassen, Dominus. Ich werde jetzt den Verband anlegen.«
    Er öffnete die Augen wieder und gab ihr den blutigen
Bausch. Sie wischte noch einmal die Wunde ab, legte dann den mit Salbe bestrichenen Verband darüber und wickelte ihn fest. Dann zog sie ihre Decke über seine Beine und nahm noch einmal den Becher mit Wein vom Herd.
    »Trinkt ihn, selbst wenn er Euch nicht schmeckt. Und esst auch einen Honigkuchen. Ursa hat mir welche gegeben. Sie sind mit Walnüssen und Mandeln gemacht. Ihr müsst hungrig sein.«
    »Ja, das bin ich wohl. Aber derzeit überwiegt ein anderes Bedürfnis. Hilf mir auf, Barbarin, ich will zur Latrine.«
    »O nein! Ihr bleibt, wo Ihr seid. Ihr werdet mit dem Nachttopf vorlieb nehmen.«
    »Was bist du für ein herrschsüchtiges Geschöpf.«
    Sie zuckte mit den Schultern, brachte ihm, was er benötigte, und beschäftigte sich angelegentlich damit, die benutzten Stoffballen im Herdfeuer zu verbrennen und ihre Hilfsmittel wegzuräumen. Sie brachte ihm eine Schüssel mit Wasser, damit er sich waschen konnte, und bot ihm erneut den Wein und den Kuchen an.
    Er nahm einen Bissen von dem Kuchen und hielt dann inne.
    »Ich habe noch etwas zu erledigen, bevor ich essen und trinken kann. Ich werde doch aufstehen. Gib mir meine Hose.«
    Er schob die Decke von den Beinen.
    »Nein!« Sie zog die Decke wieder hoch und stellte sich neben das Bett. »Was immer Ihr erledigen wollt, kann warten oder ich tue es für Euch.«
    »Es kann weder warten, noch kannst du es für mich tun. Es ist der Grund, warum ich überhaupt hier bin.«
    »Und der wäre?«
    »Es ist der Tag der Meditrinalia. Und ich habe vor langer
Zeit den Göttern geschworen, sollte ich je wieder genesen, ihnen in dieser Nacht zu opfern.«
    »Was opfern?«
    »Das, unwissende Barbarin, was man an den Meditrinalia opfert. Alten und jungen Wein um der Heilung von alten und neuen Leiden willen.«
    »Danke für die Belehrung, Dominus. Ich habe Traubenmost von Euren Reben hier, und dies ist Wein vom letzten Jahr. Welchen Göttern wollt Ihr ihn zum Opfer bringen?«
    »Jupiter opfert man ihn gewöhnlich, aber ich ziehe es vor, ihn meinen Hausgöttern darzubringen. Das ist es, was ich heute Nacht wollte.«
    »Ihr könnt jetzt nicht ins Haus und Riten vollziehen, Dominus.«
    »Sei nicht so starrköpfig und lass mich aufstehen, verdammt noch mal!«
    »Ihr bleibt liegen. Ihr könnt das Bein nicht belasten, die Wunde würde wieder anfangen zu bluten! Glaubt Ihr denn wirklich, Eure Götter sind so durstig, dass sie nicht noch bis morgen warten können?«
    »Ich habe es geschworen!«
    »Dann gehe ich für Euch ins Haus und bringe ihnen den Wein!«
    »Nein.«
    »Nein? Nun, Ihr geht auch nicht.«
    Er funkelte sie wütend an und richtete sich auf.
    Annik setzte sich auf die Bettkante und sagte besänftigend: »Heilung von alten und neuen Leiden - wie passend, Dominus. Hört, an meinem Herdfeuer wachen die Matronen. Sie … sie sind so etwas wie meine

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