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Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Titel: Der Sieger bleibt allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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ist), wahrscheinlich hält man sie für die neue Affäre des Filmstars. Sie bitten die beiden, enger zusammenzurücken, und machen ein paar Fotos von ihnen (was der berühmte Filmschauspieler ein paar Sekunden lang zulässt, aber immer mit vorsichtigem Abstand, so dass sie sich nie berühren).
    Ja, es ist ihnen gelungen, dem weiblichen Superstar zu entgehen! Die in diesem Augenblick bereits an der Tür des Palais des Congrès angelangt sein wird und gerade den Vorsitzenden des Filmfestivals und den Bürgermeister von Cannes begrüßt.
    Der Filmstar bedeutet Gabriela mit einer Handbewegung, die Treppe weiter hinaufzugehen. Sie gehorcht.
    Sie schaut nach vorn, sieht einen weiteren riesigen Bildschirm, der so ausgerichtet ist, dass die Leute sich selber sehen können. Eine Stimme aus dem dort angebrachten Lautsprecher verkündet:
    »Und jetzt kommt...«
    Der Name des Filmstars wird angesagt, seine bekanntesten Filme genannt. Später wird ihr jemand erzählen, dass alle, die bereits im Saal sind, ebenfalls auf einem Plasmabildschirm verfolgen können, was gerade draußen passiert.
    Sie schreiten die letzten Stufen hinauf, kommen an der Tür an, begrüßen den Vorsitzenden des Festivals, den Bürgermeister der Stadt, und betreten das Gebäude. All das hat weniger als drei Minuten gedauert.
    Der berühmte Filmschauspieler ist inzwischen von Leuten umringt, die mit ihm reden, ihn ein wenig bewundern, Fotos von ihm machen wollen (sogar die Auserwählten machen das, sie machen Fotos von sich mit berühmten Leuten). Drinnen herrscht drückende Hitze, Gabriela befürchtet, dass ihr Make-up darunter leiden könnte, und...
    Das Make-up!
    Ja, das hatte sie vollkommen vergessen. Sie muss jetzt durch eine Tür links hinausgehen, draußen erwartet sie jemand. Sie geht mechanisch die Treppe hinunter, kommt an zwei oder drei Securityleuten vorbei. Einer fragt sie, ob sie zum Rauchen raus will und ob sie zur Filmvorführung wieder reinkommen möchte. Sie sagt nein und geht weiter.
    Kommt an weiteren Eisengittern vorbei, niemand fragt sie – denn sie sucht ja einen Ausgang. Sie kann die Menschenmenge von hinten sehen, die weiter winkt und den nacheinander vorfahrenden Limousinen etwas zuruft. Ein Mann kommt auf sie zu, fragt nach ihrem Namen, bittet sie, ihm zu folgen.
    »Könnten Sie eine Minute warten?«
    Der Mann wirkt überrascht, nickt aber. Gabriela starrt auf ein altes Karussell, das wahrscheinlich schon seit dem Anfang des vergangenen Jahrhunderts dort steht, und sich immer weiter dreht, während Kinder auf den Figuren herumhüpfen.
    »Können wir jetzt gehen?«, fragt der Mann höflich.
    »Noch eine Minute.«
    »Wir kommen zu spät.«
    Aber Gabriela kann die Tränen nicht mehr zurückhalten. Die Anspannung, die Angst, die den drei Minuten vorangegangen waren, die sie gerade erlebt hat, waren zu viel für sie. Sie schluchzt hemmungslos – das Make-up ist ihr gleichgültig, es wird so oder so erneuert. Der Mann reicht ihr seinen Arm, damit sie sich an ihm festhalten kann und auf ihren hohen Absätzen nicht stolpert. Zusammen überqueren sie den Platz, der zur Croisette führt. Der Lärm der Menschenmenge ist hier kaum zu hören, während Gabriela immer hemmungsloser schluchzt. Sie weint die Tränen des Tages, der Woche, der Jahre, in denen sie von diesem Augenblick geträumt hat – und der vorbei war, ehe sie ihn richtig wahrnehmen konnte.
    »Es tut mir so leid«, sagt sie zu ihrem Begleiter.
    Er streicht ihr über den Kopf. Sein Lächeln zeigt Zärtlichkeit, Verständnis und Mitleid.

19 Uhr 31
     
     
     
    Ihm ist endlich klargeworden, wie unsinnig es ist, das Glück um jeden Preis erlangen zu wollen, und dass das Leben zu ihm bisher immer großzügig gewesen ist. Von nun an wird er alles daransetzen, in seinem Leid das Glück zu entdecken, die glücklichen Augenblicke, die er dann auskosten will, als wären es die letzten.
    Er hat der Versuchung widerstanden. Ihn beschützt der Geist des Mädchens, das begriffen hat, worin seine Mission besteht, und ihm nun langsam die Augen für die wahren Gründe seiner Reise nach Cannes öffnet.
    Als er dort in der Pizzeria über Ewas Worte nachsann, hielt ihm die Versuchung vor, er sei verrückt, weil er glaube, im Namen der Liebe sei alles erlaubt. Doch Gott sei Dank lag dieser schwierige Augenblick nun hinter ihm.
    Er ist vollkommen normal. Seine Arbeit verlangt Disziplin, Verhandlungsgeschick, Voraussicht. Viele seiner Freunde meinen, er sei in letzter Zeit noch mehr als sonst in sich

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