Der Sieger bleibt allein (German Edition)
geschickt (aber niemals an den Autor des Buches, der in der Regel automatisch die erste Fassung ablehnt, weil er denkt, dass der Drehbuchautor es hätte besser machen können. Es folgen weitere Wochen und Monate mit viel Kaffee und Schlaflosigkeit für den Drehbuchautor (der entweder ein junges Talent oder ein alter Profi ist – dazwischen gibt es nichts). Jede einzelne Szene wird neu geschrieben, wieder vom Produzenten abgelehnt oder verändert. (Und der Drehbuchautor fragt sich: ›Wenn er besser schreiben kann als ich, warum schreibt er das Drehbuch dann nicht selbst?‹ Doch dann denkt er an sein Honorar und kehrt resigniert an den Computer zurück.)
Schließlich ist das Drehbuch fast fertig. Dann bittet der Produzent noch darum, alle politischen Anspielungen, die dem konservativen Teil des Publikums missfallen könnten, herauszustreichen und ein paar Kussszenen mehr hinzuzufügen, weil Frauen das lieben. Die Geschichte muss einen Anfang, einen Mittelteil und einen Schluss haben und einen Helden, der alle mit seinem Opfermut und seiner Hingabe zu Tränen rührt. Jemand muss am Anfang des Films einen geliebten Menschen verlieren und ihn am Ende wiederfinden. In Grunde genommen können die meisten Drehbücher mit nur einer Zeile wiedergegeben werden:
Mann liebt Frau. Mann verliert Frau. Mann erobert Frau zurück.
Die meisten Filme sind Varianten dieser Story.
Filme, die sich nicht daran halten, müssen das mit viel Gewalt und vielen Spezialeffekten kompensieren, um dem Publikum zu gefallen. Und die schon tausendmal getestete Formel siegt immer. Also besser kein Risiko eingehen.
Wenn alles klappt und das Drehbuch in einen Film umgesetzt wird, wie bringt der Produzent seinen Film dann in die Kinos?
Mit Hilfe des Studios, das das Projekt finanziert hat. Aber das Studio verfügt bereits über eine Reihe von Filmen, die es in die immer rarer werdenden Kinos bringen muss. Es bittet um Geduld oder schlägt dem Produzenten vor, einen unabhängigen Verleiher zu finden – nicht ohne den Produzenten einen weiteren umfangreichen Vertrag unterzeichnen zu lassen, in dem er die Haftung für das ausgegebene Geld übernimmt.
Und das ist der Augenblick, in dem Leute wie Javits auf den Plan treten. Der unabhängige Verleiher, der sich unerkannt auf der Straße bewegen kann, obwohl ihn bei den Filmfestivals alle kennen. Die Person, die nichts mit der Filmidee zu tun hatte, weder an der Entstehung des Drehbuchs noch an den Filmarbeiten oder am Schnitt beteiligt war und keinen Cent in die Produktion investiert hat.
Javits ist der Mittelsmann. Er ist der Verleiher!
Er empfängt den Produzenten in seinem kleinen Büro (den Privatjet und das Haus mit Swimmingpool bekommt der Produzent nicht zu Gesicht, er bekommt nicht einmal ein Mineralwasser angeboten). Der Verleiher nimmt die dvd -Fassung des Films mit nach Hause und schaut sich die ersten fünf Minuten an. Gefallen sie ihm, sieht er sich den Film bis zum Ende an – doch das passiert nur in einem von hundert Fällen. Und nur dann gibt er weitere zehn Cent für ein Telefonat aus und sagt dem Produzenten, er solle zu dieser oder jener Uhrzeit an diesem oder jenem Tag bei ihm erscheinen.
›Wir machen einen Vertrag‹, sagt er, als täte er dem Produzenten einen großen Gefallen. ›Ich vertreibe den Film.‹
Der Produzent versucht zu verhandeln. Er möchte wissen, in wie vielen Kinos, in wie vielen Ländern, zu welchen Bedingungen der Film gezeigt werden wird. Vollkommen nutzlose Fragen, denn er kennt die Antwort bereits: ›Das hängt von den ersten Reaktionen des Publikums ab.‹ Das »Produkt« wird nämlich zuerst einmal einem aus allen Segmenten der Zielgruppen zusammengesetzten, von einem speziellen Marktforschungsinstitut handverlesenen Publikum gezeigt. Das Ergebnis wird von Spezialisten ausgewertet. Ist es positiv, werden weitere zehn Cent in ein Telefonat investiert, und am nächsten Tag empfängt Javits den Produzenten mit drei Durchschriften eines noch umfangreicheren Vertrags. Der Produzent bittet um Zeit, damit sein Rechtsanwalt den Vertrag gegenlesen kann. Javits sagt, er habe nichts dagegen, aber da er das Programm für die nächste Saison abschließen müsse, könne es passieren, dass er kurzfristig einen anderen Film vorziehen werde.
Der Produzent schaut nur die Klausel an, in der festgelegt ist, wie viel er verdienen wird. Zufrieden mit dem, was er da liest, unterzeichnet er. Er möchte sich die Chance nicht entgehen lassen.
Seit er sich mit dem
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