Der Sieger bleibt allein (German Edition)
Doch woher kommen die nur? Sie hat viel über diese Dinge gelesen, weil sie früher gedacht hat, sie würde wegen des Neides anderer nichts erreichen. Und sie meint zu spüren, dass genau in diesem Moment eine Schauspielerin, die zuerst abgelehnt worden ist, all ihre Energie darauf konzentriert, die Rolle doch noch zu bekommen. Ja, das spürt sie. Und darum ist es auch so! Wie kann sie ihre Gedanken in andere Bahnen lenken, sich mit allen Kräften des Universums verbünden? Nur das wird ihr helfen!
Sie atmet tief ein, lächelt und sagt sich:
›In diesem Augenblick verbreite ich die Energie der Liebe um mich herum, sie ist mächtiger als die Kräfte der Finsternis; der Gott, der in mir wohnt, grüßt den Gott, der in allen Bewohnern des Planeten wohnt, auch in jenen, die –‹
Sie hört lautes Lachen. Die Tür, vor der Gabriela wartet, öffnet sich, und eine Gruppe fröhlicher junger Leute beiderlei Geschlechts kommt in Begleitung von zwei weiblichen Stars heraus und geht zum Fahrstuhl. Die beiden Männer und die Frau, die mit Gabriela gewartet haben, gehen hinein, greifen sich gleich hinter der Tür einige Tüten und schließen sich dann der Gruppe an, die vor dem Fahrstuhl wartet.
»Jetzt sind Sie dran!«, sagt die junge Frau im Kostüm.
›Meditation hilft immer‹, denkt Gabriela.
Sie lächelt die Empfangsdame an, und dann bleibt ihr fast die Luft weg. Die Suite hinter der Tür wirkt wie eine Schatzhöhle: Unmengen kostbarer Kleider auf Bügeln, Schmuck, Handtaschen, Brillen, Bodylotionen, Uhren, Schuhe, Strümpfe, elektronische Apparate. Eine blonde Dame, ebenfalls mit einer Liste in der Hand und mit einem Handy an einem Band um den Hals, kommt auf sie zu. Sie sucht Gabrielas Namen auf der Liste und bittet sie dann, ihr zu folgen.
»Wir haben keine Zeit zu verlieren. Kommen Sie mit!«
Sie treten in eines der Zimmer der Suite, und Gabriela sieht noch mehr Luxusartikel – Dinge, die sie bisher nur in Schaufenstern bestaunt hat oder auf Fotos, wo Prominente sie trugen.
Ja, alles das wartet jetzt auf sie. Sie muss sich beeilen und entscheiden, was sie anziehen wird.
»Kann ich mit dem Schmuck anfangen?«
»Sie werden überhaupt nichts aussuchen. Wir wissen, was hh will. Und Sie müssen uns das Kleid morgen früh wiederbringen.«
hh . Hamid Hussein. Sie wissen, was er an ihr sehen will!
Sie durchqueren ein weiteres Zimmer. Auf dem Bett und auf den Möbeln türmen sich weitere Gegenstände, beispielsweise T-Shirts und Gewürze. Neben dem Plakat einer bekannten Kaffeemaschine stehen ein paar davon als Geschenk verpackt. Sie kommen durch einen Korridor, und schließlich öffnen sich die Türen zu einem größeren Salon. Gabriela hätte nie gedacht, dass Hotelsuiten so groß sein konnten.
»Wir sind im Tempel angelangt.«
Ein elegantes weißes Plakat mit dem Logo der berühmten Haute-Couture-Marke ist über einem riesigen Ehebett angebracht. Ein androgynes Wesen – Gabriela kann nicht sagen, ob es ein Mann oder eine Frau ist – liegt stumm da. Das Wesen ist extrem dünn, hat langes, vollkommen farbloses Haar, abrasierte Augenbrauen, Ringe an den Fingern, die hautenge Hose ist mit Kettchen verziert.
»Zieh dich aus!«
Gabriela zieht Bluse und Jeans aus, fragt sich dabei immer noch, welches Geschlecht das Wesen auf dem Bett wohl hat.
»Zieh auch den BH aus! Er zeichnet sich unter dem Kleid ab.«
Im Zimmer gibt es einen großen Spiegel, doch er ist von ihr weggedreht, so dass sie nicht sehen kann, wie das Kleid fällt.
»Wir müssen uns beeilen. Hamid hat gesagt, dass du nicht nur zur Party kommen, sondern auch mit dem berühmten Filmschauspieler auf dem roten Teppich die Stufen zum Palais des Congrès hinaufgehen sollst.«
Auf dem roten Teppich!
Die magischen Worte.
Das Kleid sitzt nicht. Die Frau und der Androgyne werden nervös. Die Frau bittet ihn, zwei oder drei andere Roben zu holen.
Mit dem Filmstar auf dem roten Teppich! Träumt sie?
Die beiden entscheiden sich für ein langes, goldfarbenes, enganliegendes Kleid mit einem Ausschnitt bis zur Taille. Auf der Höhe der Brüste sorgt eine goldene Kette dafür, dass das Dekolleté den Rahmen der Schicklichkeit nicht sprengt.
Die Frau ist nervös. Der Androgyne geht wieder hinaus und kommt mit einer Schneiderin zurück, die letzte Hand am Saum anlegt. Gabriela würde am liebsten sagen, dass sie mit dem Nähen aufhören sollen, denn etwas an einem Kleidungsstück, das man trägt, aufzutrennen und zuzunähen bedeutet, am Schicksal
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