Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Titel: Der Sieger bleibt allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
Vom Netzwerk:
ihr Geld zurückzubekommen. Er war ihrem Rat gefolgt und sollte ihr ewig dafür dankbar sein.
    Die Jahre vergingen, die unvermeidlichen Niederlagen stellten sich ein und die damit einhergehenden durchwachten Nächte, bis sich allmählich alles zum Besseren wendete und sich das hässliche Entlein aus dem Märchen in einen von allen begehrten Schwan verwandelte.
    Ewa beklagte sich über ihr Hausfrauendasein. Anstatt wie die Ehemänner ihrer Freundinnen zu reagieren, die arbeitende Frauen unweiblich fanden, kaufte er ihr in allerbester Moskauer Lage eine Boutique. Ewa verkaufte nun Modelle der großen internationalen Modeschöpfer, wagte aber nicht, eigene Modelle zu entwerfen. Doch ihre Arbeit entschädigte sie auf andere Weise: Ewa reiste zu den großen Modenschauen, kam mit interessanten Menschen zusammen. Und dann lernte sie Hamid kennen. Bis heute, so sagte sie ihrer »Freundin«, wisse sie nicht, ob sie ihn liebe – möglicherweise sei die Antwort ›nein‹. Aber sie fühle sich wohl an seiner Seite. Als er ihr gestanden habe, er sei noch nie jemandem wie ihr begegnet und ihr vorgeschlagen hatte, zusammenzuleben, habe sie nichts zu verlieren gehabt. Sie habe keine Kinder. Igor sei mit seiner Arbeit verheiratet und werde sie womöglich gar nicht vermissen.
    »Ich habe alles hinter mir gelassen«, sagte Ewa in einer der Aufzeichnungen. »Und ich bereue meine Entscheidung nicht. Ich hätte dasselbe getan, auch wenn Hamid nicht das schöne Gut in Spanien gekauft und mir überschrieben hätte. Ich würde dieselbe Entscheidung treffen, wenn Igor, mein Exmann, mir die Hälfte seines Vermögens angeboten hätte. Ich würde dieselbe Entscheidung treffen, weil ich weiß, dass ich nun keine Angst mehr zu haben brauche. Und wenn nun einer der begehrtesten Männer der Welt mit mir zusammenleben will, sollte ich das annehmen und als Bestätigung sehen.
    Mein Exmann hat den Verstand verloren«, berichtete Ewa ihrer »Freundin« weiter. »Ich weiß nicht, ob sein Kriegstrauma daran schuld ist oder Stress. Aber er meint zu wissen, was Gott mit ihm vorhat. Bevor ich ihn verließ, habe ich einen Psychiater aufgesucht, der mir helfen sollte, meinen Mann besser zu verstehen und unsere Ehe zu retten. Ich bin in keine Einzelheiten gegangen und werde das auch dir gegenüber nicht tun. Aber ich glaube, er ist zu ganz schlimmen Dingen fähig, wenn er überzeugt ist, dass er damit Gutes tut.
    Der Psychiater erklärte mir dann, dass großzügige Menschen, die mit viel Mitgefühl ausgestattet sind, sich manchmal von einem Augenblick auf den anderen vollkommen verändern können. Es wurden ein paar Untersuchungen zu diesem Phänomen gemacht, und diese Veränderung wurde darin ›Luzifer-Effekt‹ genannt, wegen Luzifer, des von Gott am meisten geliebten Engels, der am Ende genauso viel Macht haben wollte wie sein Schöpfer.«
    »Und warum passiert das?«, hatte eine andere weibliche Stimme gefragt.
    Offensichtlich aber war das Ende der Aufnahme nicht gut geplant gewesen. Die Aufzeichnung endete hier.
     
    Igor hätte gern erfahren, wie Ewa darauf geantwortet hatte. Er weiß, dass er sich nicht Gott gleichstellt. Er ist auch sicher, dass die geliebte Frau sich das alles aus Angst ausgedacht hat, weil sie fürchtet, dass er sie nicht zurücknehmen würde.
    Ja, es stimmt, er hat getötet, aber immer nur aus Notwendigkeit. Und was hat das mit seiner Ehe zu tun? Er hat im Krieg getötet, weil er als Soldat ausdrücklich dazu befugt war. Er hat auch sonst zwei oder drei Menschen getötet, weil ihnen für ein Leben in Würde die Voraussetzungen fehlten, und dabei war es ihm nur um ihr Seelenheil gegangen. Auch hier in Cannes erfüllt er nur eine Mission.
    Aber die Frau, die er liebt, würde er nur töten, wenn er sähe, dass sie verrückt war, in die Irre ging und ihr eigenes Leben zerstörte. Er würde niemals zulassen, dass der Zerfall des Geistes eine glanzvolle, von Großzügigkeit geprägte Vergangenheit beschmutzte.
    Er würde jemanden, den er liebte, nur töten, wenn er diesen Menschen damit vor einer langen, schmerzvollen Selbstzerstörung retten könnte.
     
    Igor schaut auf den Maserati, der gerade vor ihm im Halteverbot stehenbleibt. Ein absurder, unbequemer Wagen, der zwar einen starken Motor hat, aber nur so schnell fahren darf wie die anderen, der für Nebenstraßen zu niedrig gelegt und auf der Autobahn zu gefährlich ist.
    Ein etwa 50-jähriger Mann – der aber gern wie 30 aussehen würde – öffnet die Tür und steigt unter

Weitere Kostenlose Bücher