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Der Silberbaron

Der Silberbaron

Titel: Der Silberbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Brendan
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… es hat als Scherz begonnen. Eigentlich wollte ich nur, dass Mrs. Keenes anderer Gast so behandelt wird wie ich … dort gibt es so viele Menschen, die hungriger sind, als ich es je war, und ich habe mich über Sie geärgert …”
    Ihr war nicht bewusst, dass er sich auf sie zu bewegt hatte, bis sich eine Hand in ihr Blickfeld schob, ihr Gesicht umfasste und mit leichtem Druck anhob. “Nun, ich ärgere mich nicht über Sie. Ich bewundere Ihre Menschenfreundlichkeit. Ich bezahle die Rechnung und will nichts mehr davon hören. Na, was ist das wert?”, fragte er heiser, als er in ihre bernsteinfarbenen Augen blickte. “Ich würde sagen, es ist zumindest …” Er hielt inne, machte eine nachdenkliche Miene, und als sie errötete, fuhr er unschuldig fort: "Einen Waffenstillstand wert.”
    Mit der Zungenspitze fuhr sie sich über die Unterlippe, und als sie bemerkte, dass er sie gebannt beobachtete, presste sie rasch die Lippen zusammen.
    “Ein Waffenstillstand, Emma”, sagte er trocken und gab ihr Gesicht frei. “Geben wir uns die Hand darauf.”
    Nach kurzem Zögern legte sie ihre schmale Hand in die seine und lächelte ihn unsicher an. Seit ihrem Wiedersehen in Bath war es das erste Mal, dass sie ihn mit einem freundlichen Lächeln bedachte, und auch in London hatte sie wohl kein liebenswürdiges Lächeln für ihn übrig gehabt.
    Sie trat einen Schritt zurück und zermarterte sich den Kopf, um vor ihrem Abgang noch ein bisschen harmlose Konversation zu treiben. “Der Spitzname, den Mrs. Keene erwähnte … Silberbaron … kommt das von Ihrem Aussehen?”, platzte Emma heraus.
    “Wie sehe ich denn aus?”, erkundigte er sich mit einem Lächeln.
    “Ihre hellblonden Haare und die grauen Augen …”, zählte sie rasch auf in der Hoffnung, dass er das Thema wechselte, doch seine Erheiterung angesichts dieser verräterisch intimen Beobachtung wuchs.
    “Sie haben mich lang genug angesehen, um zu bemerken, dass ich graue Augen habe? Das erstaunt mich!”
    Emma errötete heftig. Sie hatte doch nur eine höfliche Unterhaltung beginnen wollen. Wieso missriet ihr alles, was sie anfing? Gerade als sie aus dem Raum stürmen wollte, kam er ihr zu Hilfe.
    “Den Namen benutzen die Einheimischen schon seit Generationen. Er hat wohl mit den Silberbergwerken der Du Quesnes in Devon zu tun. Das Haus wurde nach der Allee von Mehlbeerbäumen benannt. Aber jetzt, wo Sie es erwähnen … unsere Familie neigt dazu, blonde und grauäugige Barone hervorzubringen, und manche von uns sind wahrhaft edel …”
    Sie nickte schnell, hoffte, dass er sie nun nicht länger aufziehen würde, fragte sich, wie sie sich zu seiner Mutter flüchten könnte, von der sie sich die Zuteilung eines Schlafzimmers erhoffte. Sie fühlte sich erschöpft und überaus ruhebedürftig.
    Da fiel ihr ein, wie sehr Miriam daran lag, dass die Mahlzeiten pünktlich eingenommen wurden, und so sagte sie: "Ich will Sie nicht aufhalten. Vermutlich wollten Sie mit Ihrem Freund ausgehen. Ihrer Mutter wäre es gar nicht recht, wenn Sie sich zum Abendessen verspäten.”
    “Ich gehe nicht aus”, wandte er ein, immer noch leicht erheitert.
    Bei dem Gedanken an Ross Trelawneys Ritterlichkeit warf sie ihm einen verstohlenen Blick zu. Würden die beiden Männer sich nun aus dem Weg gehen, weil sie Zwietracht zwischen ihnen gesät hatte? Wegen ihr hätten sie sich beinahe geschlagen! Die Vorstellung war beschämend und gleichzeitig seltsam erregend. Nicht einmal in ihrer Jugend hatte sich ein Mann so verzweifelt um sie bemüht. Natürlich war es bei Richard nur eine Frage des männlichen Stolzes, dass er sie bei sich behalten wollte. Sie mochte ihn mit ihrer Unbeholfenheit vielleicht unterhalten, doch der Hauptgrund war gewiss ein lästiges Gefühl der Verpflichtung seinem Freund David gegenüber.
    Vor ein paar Tagen hatte er sie mit einem Kuss bestraft und dann weggeschickt, als ob sie ihn langweilte. Heute hätte sie in seiner eleganten Eingangshalle beinah eine Schlägerei provoziert, nur weil sie befürchtete, eine hausbackene alte Jungfer von siebenundzwanzig Jahren könnte ihn so erregen, dass er in seinem eigenen Heim den Wüstling hervorkehrte. Wenn sie sich die Sache nun in aller Ruhe durch den Kopf gehen ließ – vor allem den Umstand, dass seine hübsche junge Geliebte gar nicht weit entfernt wohnte –, war ihr klar, dass die einzig mögliche Reaktion auf ihre Arroganz Gelächter war. Sie wand sich vor Verlegenheit. Da sie sich seines Blickes wohl bewusst war,

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