Der Silberbaron
sprudelte sie heraus: "Ich hoffe, Sie und Mr. Trelawney werden nicht … ich wollte nicht … also, es wäre mir sehr unangenehm, wenn es zwischen Ihnen zu Misshelligkeiten käme.”
“Ross und ich sind … äh, Misshelligkeiten gewohnt.”
Nicht sicher, ob sie die unterschwellige Botschaft richtig verstanden hatte, fragte sie: "Sie haben sich schon öfter geschlagen?”
“O ja.”
“Wegen … wegen einer Frau?”, erkundigte sie sich kühn, doch sie war einfach zu neugierig, um sich an ihrer Taktlosigkeit zu stören.
“O nein”, erklärte er mit einem sanften Lächeln.
Emmas strahlende Augen richteten sich auf ihn, auf sein schmales, attraktives Gesicht. Sie erinnerte sich daran, wie Victoria ihr erzählt hatte, dass David in der Fremde getötet worden wäre, wenn Richard nicht an seiner Seite gekämpft hätte. David verdanke ihm sein Leben, hatte Victoria ernst gesagt.
Richard erwiderte ihren Blick, spürte, wie ihm die Hitze in die Lenden stieg, und senkte die Lider. Gott, war sie bestrickend mit ihren schönen Rehaugen und ihrem goldbraunen Haar, das sich um ihr Gesicht bauschte. Ihr Hut hing ihr immer noch an den Bändern um die Schultern, er hätte ihn ihr am liebsten abgenommen, zusammen mit der braunen Reisepelerine, die ihre schmale Gestalt verbarg. Doch wenn er sie berührte, würde er den Zauber brechen. Sie würde weglaufen oder auf ihn losgehen.
Innerlich stöhnte er. Der einzige Weg, sie dazu zu bringen, sich zu entspannen und ihn ohne Misstrauen und Ablehnung zu betrachten, lag darin, ihr die diversen Schlägereien zu schildern, in die Ross und er im Lauf ihrer Freundschaft verwickelt waren.
“Worum haben Sie denn dann gekämpft?”, fragte Emma nun beinahe fröhlich.
“Worum?”, wiederholte Richard mit rauer Stimme. “Nun, einmal hat er beim Kartenspiel betrogen. Einmal ich. Einmal hat er darauf gewettet, dass der Kupferpreis steigt, und dann den Abbau in seinen Kupferbergwerken gedrosselt, damit es auch eintrifft. Dann habe ich etwas Ähnliches bei meinen Silberbergwerken veranstaltet, und er bekam einen Wutanfall, weil er es nicht gemerkt hat …” Er hielt inne und lächelte angesichts ihrer gespannten Aufmerksamkeit.
“Wer gewinnt denn normalerweise?”
“Ich glaube, nach dem letzten Mal stand es etwa acht zu fünf für mich. Einen der Siege, die er für sich beansprucht, erkenne ich allerdings nicht an, Emma – ich war nämlich ein bisschen betrunken, bevor er den ersten Schlag führte. Das war gar nicht ehrenhaft. Außerdem bin ich etwas mehr auf Würde bedacht, seit ich die Dreißig überschritten habe und Baron wurde. Mittlerweile bemühen wir uns, unsere Differenzen auszudiskutieren … zumindest anfangs”, erklärte er ernsthaft.
Sie lachte leise. Ihre Augen leuchteten in ihrem sahneweißen Teint wie flüssige Honigtropfen.
“Heute jedoch hat mich die Angst, eine wahrhaft einzigartige Frau an ihn zu verlieren, jedwede würdevolle Diskussion vergessen lassen …”, gab er heiser zu.
Ihr Lächeln verblasste. “Es besteht wirklich kein Grund, mir schönzutun”, wies sie sein Kompliment zurück. “Ich bin siebenundzwanzig und lasse mir von Schmeicheleien schon lange nicht mehr den Kopf verdrehen. Es tut mir leid, dass ich Unfrieden zwischen Ihnen und Ihrem Freund gestiftet habe. Und vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft: Ich nehme sie gern ein paar Tage in Anspruch, bis ich meine Pläne – meine
privaten
Pläne – in die Tat umsetzen kann. Kann ich jetzt gehen? Ich möchte mich frisch machen.” Sie ging zur Tür, blieb dort aber unschlüssig stehen, da sie nicht wusste, ob er beabsichtigte, sie aufzuhalten.
“Warum weisen Sie mich immer wieder darauf hin, wie alt Sie sind, Emma? Glauben Sie, ich könnte es vergessen? Glauben Sie, dass ich mir die Mühe machen würde, Komplimente zu drechseln? Ausgerechnet ich, ein herzloser Wüstling, der reich und schamlos genug ist, sich käuflicher Dirnen zu bedienen? Habe ich es da überhaupt nötig, Notiz von Ihnen zu nehmen?”
Emma wirbelte herum und funkelte ihn empört an. “Nein, und das ist auch gut so. Je weniger Sie sich um mich kümmern, desto besser!”, keuchte sie.
Er lächelte eisig. “Vor drei Jahren habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen, was ich wohl getan haben könnte, um Ihr Missfallen zu erregen. Ich bin Ihnen immer mit Höflichkeit und Respekt begegnet. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass genau das das Problem war. Es ging nicht um das, was ich getan habe, sondern um das, was ich
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