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Der Silberbaron

Der Silberbaron

Titel: Der Silberbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Brendan
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nicht tat.” Er streckte die Hand aus, und Emma wich abwehrend zurück. Spöttisch betrachtete er sie, als seine Hand an ihr vorüberstrich, um die Tür zu öffnen.
    “Inzwischen bin ich älter geworden, und klüger, Emma. Heute lasse ich mich nicht mehr so schnell beleidigen … oder von meinem Ziel abbringen. Und was Ihre privaten Pläne angeht, so dürfen Sie mir später mitteilen, worin sie bestehen. Warten Sie hier, bis ich meine Mutter gefunden habe. Sie wird Sie in Ihr Zimmer führen”, erklärte er und schloss leise die Tür hinter sich.
    Emma starrte die Mahagonitäfelung an und spürte, wie ihr angesichts seiner empörenden Überlegenheit heiße Tränen in die Augen stiegen. Sie wischte sie zornig weg, marschierte zum nächsten Bücherregal und zog wahllos ein Buch heraus. Dann setzte sie sich und begann teilnahmslos darin zu blättern.

7. KAPITEL
    “Merde! Merde! Merde!”
    Der Butler sprach kein Französisch, doch aus Madame Dubois’ gereiztem Ton schloss er, dass der Brief keine erfreulichen Nachrichten für die Dame enthalten hatte.
    Er schüttelte sein greises Haupt. Diese Damen stiegen kometenhaft aus dem Nichts in Schwindel erregende Höhen auf und konnten sich nicht damit abfinden, dass sie eines Tages irgendwo dazwischen landen sollten, was nach allem, was man hörte, gar nicht schlecht war. Schließlich war der Silberbaron berühmt für seine Großzügigkeit: Alle Ehemaligen reisten mit Kisten voll feinster Kleider und wohlgefüllten Juwelenschatullen aus der South Parade Nummer drei ab. Allerdings ging keine von ihnen freiwillig. Zum Glück hatte sich diese zickige Französin nur ein paar Monate gehalten, am kürzesten von allen. Darüber musste er wirklich lächeln. Erfreut eilte er auf seinen krummen Beinen in die Küche hinunter.
    Wutschnaubend knüllte Yvette Dubois den Brief zusammen. Sein Inhalt war eindeutig. Auf Rache sinnend, begann sie, zwischen Fenster und Tisch hin und her zu tigern. Als Richard ihr vor einigen Tagen das goldene Rubinarmband schenkte, hatte er ihre dankbaren Liebesdienste gern empfangen … bis er diese unscheinbare Frau mit der braunen Pelerine gesehen hatte. Die graue Maus war einfach davongerannt, und Richard war fast unmittelbar danach gegangen. Die Frau musste ihm etwas bedeuten, das war die einzige Erklärung dafür, dass er sie so angestarrt hatte und dass er später äußerst übellaunig zurückgekehrt war und sie nach ihrer Adresse gefragt hatte. Yvette presste die rosigen Lippen zusammen, als sie daran dachte, wie ungeduldig er all ihre kleinen erotischen Kunstgriffe abgewehrt hatte. Sie hatte ihn nicht zum Bleiben bewegen können, und seither hatte er sie nicht mehr besucht.
    Sie wickelte sich eine blonde Locke um den Finger, zerrte dann gereizt daran. Wegen einer hübscheren Frau sitzen gelassen zu werden, war schon arg genug, aber wegen einer, die so hässlich war, das war einfach unerträglich! Eine Beleidigung! Sie würde ihn auch beleidigen! Verletzen! Ihn vielleicht sogar zurückgewinnen …
    Ja, es würde Richard gar nicht gefallen, wenn sie ein wenig mit seinem lüsternen kleinen Bruder spielte! Den Milchbart hätte sie im Handumdrehen verführt, er hatte sie oft genug mit den Blicken verschlungen. Sie hatte sein Interesse spröde ermutigt – gerade so viel, dass sein Appetit geweckt war. Sicher war er nicht so attraktiv, reich und einflussreich wie sein großer Bruder, aber jemand wie Richard lief einem auch nicht alle Tage über den Weg.
    Zu Beginn ihrer Affäre war sie überzeugt gewesen, dass Richard in sie verliebt war – wie hätte er sich sonst so leidenschaftlich zeigen können? Doch schon bald stellte sie fest, dass Richard anders war als alle Männer, die sie je gekannt hatte: Im einen Moment ein zuvorkommender, vollendeter Liebhaber, im nächsten Moment kühl, distanziert, gnadenlos. Nachts schenkte er ihr oft unglaubliche Freuden, aber sonst schenkte er ihr nicht viel: wenig von seiner Zeit, sein Herz überhaupt nicht. Daher hatte sie beschlossen, stattdessen ein Kind von ihm zu bekommen. Ein Aristokrat wie er würde seine unehelichen Kinder gewiss gut versorgen, und damit auch die Mutter. Doch auch das hatte er ihr verwehrt: Er hatte sich selbst in den Momenten größter Leidenschaft eisern unter Kontrolle. Es hatte ihn amüsiert, dass sie etwas anderes von ihm erwartet hatte.
    Und nun sollte sie nach Bristol zu Verwandten oder in ihre Heimat Frankreich zurückkehren, wohin, das sei ihr überlassen, hatte er geschrieben. Nun,

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