Der silberne Buddha
ihm zu. Dicki spürte, wie ihm das Blut der Verlegenheit in die Wangen schoß.
Da sagte Perry ins Telefon: „Übrigens, Julie, ich habe gerade Besuch!“
Perry Clifton lauschte kurz, dann lachte er ins Telefon und sagte: „Richtig geraten. Er sitzt im Sessel und versucht, einen auf dem Kopf stehenden Zeitungstext zu lesen.“
Dicki starrte auf den Fetzen.
Tatsächlich! Und er hatte es nicht gemerkt vor lauter Zuhören. Jetzt färbten sich sogar schon seine Ohren rot wie ein glühender Kanonenofen.
„Ja, ich werde es ihm ausrichten! Dicki, Julie fragt, ob du ihr einen schönen Abend wünschen willst.“
Perry Clifton hielt Dicki den Hörer hin, und Dicki vergaß, daß er sich eigentlich die nächste Stunde lang schämen wollte. Aber schließlich gehörte Telefonieren zu seinen größten Hobbys.
„Hallo, Miß Julie!“ rief er in die Muschel. Und auftragsgemäß: „Ich wünsche Ihnen einen recht schönen Abend.“
„Danke, Dicki!“ hörte er ihre Stimme auf der Insel Wight sagen. „Ich hab’ dir was gekauft. Du wirst Augen machen!“
Die machte Dicki schon jetzt. Und weil Neugier zu einem Detektiv gehörte wie die Milch zum Säugling, fragte er gleich: „Was ist es denn, Miß Julie?“
„Da es sich um eine Überraschung handelt, werde ich es dir jetzt nicht auf deine sommersprossengesprenkelte Nase binden!“ Sie lachte.
„Nur einen kleinen Tip. So zum Knobeln!“ bat Dicki.
„Okay. Es hängt mit Luft zusammen. Nun denk und knobel mal schön.“ Wieder lachte sie. „Wenn du es herausfindest, bezahl ich dir zehn Riesenportionen Eiscreme mit Sahne!“
„Ich krieg’s raus!“ Eigentlich wollte er sofort Luftballon rufen, doch seine Zunge bremste diesen albernen Einfall gerade noch rechtzeitig. Schließlich war er ja keine sechs Jahre mehr, wo man mit einem Luftballon durch die Gegend trippelte. Getreu Großvaters Wahlspruch: „Ein Gentleman läßt sich nichts schenken, nicht mal eine Bügelfalte!“ beschloß er auf der Stelle, sich für das unbekannte Mitbringsel zu revanchieren. Er ignorierte Perry Cliftons gestenreiche Einlage, die ihm zeigen sollte, daß dies ein teures Ferngespräch sei.
„Wissen Sie was, Miß Julie, ich verrate Ihnen auch was!“
„Da bin ich aber gespannt!“ sagte sie, und es klang auch so.
„Ich werde Ihnen den Zeitungsartikel vorlesen, den ich heute zufällig entdeckt habe! Einverstanden?“
Was sie darauf antwortete, konnte Dicki leider nicht verstehen, denn sein großer Freund hatte ihm den Hörer aus der Hand genommen. Er lächelte (Dicki: Wie eine Zahnpastareklame!) ins Telefon und (Dicki: flötete!) sagte: „Tut mir leid, Julie. Dicki hat zwar eine Leidenschaft fürs Telefonieren, aber noch keine Beziehungen zu den Telefonrechnungen. Ich...“
Perry Clifton verstummte, lauschte und seufzte dann: „Wenn du meinst...“ Er hielt Dicki erneut den Hörer hin: „Sie will, daß du ihr den Artikel vorliest!“
Dicki grapschte blitzschnell nach dem besten Teil des Telefons und strahlte seinen Freund mit einer Mischung aus Schadenfreude und Triumph an.
„Mach keine Zeitlupengeschichte draus!“ flüsterte ihm Perry Clifton zu.
Dicki schnurrte den Daily-Mail-Text in die Leitung, erklärte den Zusammenhang zum silbernen Buddha und schloß mit den Worten: „Ist das nicht ein Zufall, Miß Julie?“
Dann lauschte er in Richtung Wight.
Eine Weile herrschte Schweigen zwischen Newport und London. Endlich erklang Julies Stimme wieder.
„Ja, das ist wirklich ein Zufall, Dicki.“ Und sie sagte was ganz Komisches: „Gib mir Perry, Dicki. Ich muß mit ihm besprechen, wie wir das mit dem Buddha deichseln.“
„Okay!“ Verständnislosigkeit war auf Dickis Gesicht, als er den Apparat weiterreichte. Und es wurde für ihn noch verworrener, als Mister Clifton in diesem Augenblick kopfschüttelnd zweimal „nein“ sagte und anschließend: „Ich habe es ihm noch gar nicht gesagt, Julie. Er hat mich gerade eben erst mit dieser Neuigkeit überrumpelt.“ Er lachte und lauschte wieder aufmerksam in den Hörer.
„Ja, ich erinnere mich!“ sagte er nach zehn Sekunden.
„Sicher, ich werde mit ihr sprechen!“ nach sechzehn Sekunden.
„Aha!“ nach zweiundzwanzig Sekunden und schließlich:
„Okay, Julie. Vielen Dank, daß du angerufen hast. Ich melde mich morgen abend. Grüße deine Eltern und David!“
Dicki beobachtete Perry Clifton, wie er den Hörer behutsam wie ein rohes Ei auf die Gabel legte.
„Das also war Julie Young aus Newport... Warum schaust du
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