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Der silberne Buddha

Der silberne Buddha

Titel: Der silberne Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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mich so wie von gestern an?“
    „Was haben Sie mir noch nicht gesagt, Mister Clifton?“
    „Daß ich den silbernen Buddha gar nicht mehr habe. Er steht bei Hollburn & Sohn.“
    „In dem Antiquitätengeschäft, in dem Miß Julie arbeitet?“ Dicki holte ganz tief Luft. Sollte er nun mehr überrascht oder mehr entrüstet sein.
    Perry Clifton nickte. „Der Buddha ziert dort ihren Schreibtisch!“
    Dicki atmete erleichtert auf. „Ich dachte schon, Sie hätten ihn an Hollburn & Sohn verkauft. Und mit wem müssen wir sprechen?“
    Perry Clifton schob den kaltgewordenen Tee von sich. Ohne Erstaunen zu zeigen über das „müssen wir“ gab er Auskunft: „Mit Miß Penelope Ladbrok müssen wir sprechen!“
    „Das ist die uralte Lady im Laden, nicht?“
    Dicki hatte es nicht respektlos gemeint, sondern nur so dahingesagt. Trotzdem rügte ihn sein Freund: „Es hätte vollkommen ausgereicht, wenn du sie ,alte Lady’ genannt hättest, Dicki!“
    „Warum?“ fragte Dicki naiv. „Sie ist doch uralt, oder?“
    „Sie ist über siebzig. Es kommt ja auch nur darauf an, wie man es sagt. Bei dir klang es eben, als würde man Miß Penelope künstlich am Leben erhalten.“
    Dicki schnitt eine ungeduldige Grimasse. Und ebenso ungeduldig hörte sich seine Erwiderung an: „Großvater sagt immer: Wer Falten hat ist alt, wer Runzeln hat ist uralt. Und Miß Penelope hat Runzeln!“
    Perry Clifton mußte unwillkürlich lachen.
    „Hier irrt sogar dein Großvater. Ich kenne junge Leute, die Falten haben, und ich kenne alte Leute, deren Wangen glatt und straff wie ein Kinderpopo sind!“
    Während er neues Wasser für frischen Tee aufsetzte, hielt sich Dicki noch einmal den Zeitungsausschnitt unter die Nase. Manche Namen ließen sich so schlecht merken.
    „Ich habe bis 12 Uhr Schule. Wenn ich den ersten Omnibus erwische, könnte ich um halb zwei bei Ihnen sein. Wir fahren dann nach Chelsea zu Hollburn & Sohn und holen den Buddha. Punkt drei sind wir dann bei Sir Ernest Caven im Hartford-Haus.“
    Dicki vibrierte förmlich vor Eifer, während Perry Clifton trocken feststellte: „Du willst also sogar auf das Essen verzichten...“
    Dicki zuckte mit den Schultern, was nicht unbedingt Zustimmung heißen sollte. Und auch seine akustische Stellungnahme zu dieser Frage ließ Überschwang vermissen.
    Perry Clifton, der selbst die geheimsten Wünsche und Sehnsüchte seines jungen Freundes zu erraten schien, nickte verständnisinnig.
    „In deinem Marschplan sind doch bestimmt zehn Minuten für Mac Donald eingeplant. An was hattest du denn gedacht? An Hähnchenkeule oder an Hamburger?“
    Da Dicki wußte, daß dieses Problem letztlich von Perry Cliftons Geldbeutel aus der Welt geschafft wurde, scheute er sich auch nicht zu sagen: „Zuerst würde ich gern einen Hamburger essen...“
    Und wie im Theater klingelte es genau auf das richtige Stichwort. Diesmal an der Tür.
    Dicki sprang auf und sagte: „Das ist Mam!“ Und danach: „Ich werde pünktlich sein! Gute Nacht, Mister Clifton!“
    Das war ein Abgang so richtig nach Dicki Millers Geschmack. Wie sagte Großvater immer?: „Man darf den anderen keine Zeit zum Neinsagen lassen!“ Na denn!
    „Gute Nacht, Dicki!“

Warum Sir Ernest begeistert war

    Das Hartford-Haus, Ecke Richmond Street und Callaghan Road gelegen, machte einen respekteinflößenden Eindruck. Es stammte aus der Zeit des Jahrhundertwechsels. Von Sir Henry Hartford erbaut, war das dreistöckige Gebäude in seiner wechselvollen Geschichte Sitz einiger Kolonialgesellschaften, Bank, Museum, Auktionshaus und Gemäldegalerie gewesen. Ja, sogar als Konzerthaus diente es in den Jahren 1936 bis 1938. Seit vierzehn Jahren allerdings war es fest in den Händen der „Hartford-Haus-Stiftung“, die sehr darauf achtete, daß nichts den inzwischen guten Ruf des Hauses gefährdete.
    So beherbergten die Räume im obersten Stockwerk eine Bibliothek mit über zweihunderttausend Bänden. Ganz besonders stolz war man auf die gut sortierte Sammlung von Kriminalromanen namhafter in- und ausländischer Autoren.
    Das mittlere Stockwerk bestand zu über 90 Prozent aus zwei Sälen. Im einen, der etwa zweihundert Personen aufnehmen konnte, fanden Tagungen, wöchentlich öffentliche Lesungen und Vorträge statt. Im zweiten Saal, mit über fünfhundert Sitzplätzen wesentlich größer, wurden Konzerte und Theaterabende veranstaltet. Im Augenblick spielten die Mitglieder des „Londoner Shakespeare-Ensembles“. Seit zwei Wochen waren ihre

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