Der silberne Buddha
Ostasienausstellung werden noch einige Leihgaben gesucht. Es kommen Schnitzereien, Malereien, Porzellane und kultische Stücke aus dem Raume Japan, Korea, China, der Mandschurei und Sachalin in Frage. Besitzer entsprechender Stücke, die bereit sind, diese für die Ausstellung zur Verfügung zu stellen, werden gebeten, sich umgehend mit Sir Ernest Caven im Hartford-Haus in Verbindung zu setzen.“
Dicki sah Perry Clifton an, als habe er ihm soeben das Geheimnis des Goldmachens verraten. Doch sein großer Freund schien mit dieser Veröffentlichung nicht viel anfangen zu können.
„Ich wußte gar nicht, daß du dich für Ostasien interessierst.“
„Aber Mister Clifton“, Dicki stupste sich mit dem Zeigefinger vor die Stirn und tönte respektlos: „...klingelt’s denn noch nicht?“
Perry zuckte mit den Schultern. „Kein bißchen!“
„Schloß Catmoor, Sir Douglas Everbridge...“ versuchte ihm Dicki auf die Gedankensprünge zu helfen, und weil der Penny immer noch nicht fiel, rief er laut und ungeduldig: „Der silberne Buddha! Das ist doch Ostasien! Oder etwa nicht?“
Endlich wußte Perry Clifton, worauf Dicki zusteuerte.
„Aber Dicki, die warten dort doch nicht auf den silbernen Buddha.“
„Warum denn nicht? Fragen und Zeigen kostet ja kein Geld.“ Dicki boxte ein Loch in die Luft. Er war den Dingen schon weit voraus. „Die sind sicher froh, wenn sie so was Schönes kriegen. Und wenn sie ihn dann ausstellen, steht darunter auf einem Schild (Dicki schrieb es mit dem Finger in die Luft): ,Leih-gabe von Mi-ster Per-ry Clif-ton’!“
„Und dann?“
Der stellte sich dumm.
„Na, das ist doch was...“ Dickis Gesicht wurde von einem fröhlichen Grinsen überzogen. „Ich kann allen meinen Schulfreunden sagen, daß unser Buddha, den wir als Dank für einen geklärten Fall bekommen haben, im Hartford-Haus ausgestellt ist.“
„Hm... Wenn ich so an die Rabengeschichte in Catmoor zurückdenke, fällt mir ein, daß du damals eigentlich ganz schön gebibbert hast.“
„Aber nur die ersten Tage!“ sagte Dicki Miller, der es gar nicht fein fand, daß ihn Perry Clifton an diesen dunklen Punkt erinnerte.
„Bis wann soll man sich dort melden?“
Dicki sah auf seinen Ausschnitt. „Hier steht nur... na, wo ist es denn... hier... werden gebeten, sich umgehend mit Sir Ernest Caven im Hartford-Haus in Verbindung zu setzen.“
„Und Ausstellungsbeginn ist wann?“
„Am 7. Juni!“ erwiderte Dicki nach einem erneuten Blick auf das Stück Zeitung in seiner Hand. „Wollen wir nicht mal...“
In dieser Sekunde klingelte das Telefon.
„Das wird Julie sein!“ sagte Perry Clifton. Er erhob sich und wandte sich dem Apparat zu, der am Ende der Couch auf einem kleinen Tischchen stand. Daß er im Vorbeigehen Dicki lächelnd über den wirren Haarschopf strich, empfand dieser als Aufforderung sitzen zu bleiben. Natürlich wußte er, daß es sich gehörte, aus dem Zimmer zu gehen, wenn jemand einen Anruf bekommt. Seine Mutter hatte ihm diese Anstandsregel schon mindestens ein dutzendmal vorgebetet. Immer wenn er von seinem Freund Perry kam und mit dem Satz begann: „Mister Clifton hat am Telefon .. erklärte sie ihm mit den selben Worten den selben Text. Großvater dagegen nahm es da nicht so genau. Als Dicki in seinem Beisein wieder einmal von seiner Mam gerügt wurde, sagte er: „Was wollt ihr nur? Die Neugier gehört zu einem tüchtigen Detektiv wie die Milch zu einem Baby! Es reicht völlig aus, wenn er so tut, als wolle er gehen!“
Dickis Vater hatte gelacht, Dickis Mutter dagegen mit einem: „Aber Vater!“ das Thema gewechselt.
Perry Clifton meldete sich.
Es war Julie!
Dicki tat, als interessiere es ihn nicht im geringsten, was Perry mit Julie redete, und hielt sich wieder seinen Zeitungsfetzen unter die Nase. Seiner Mimik nach zu schließen lernte er das Gedruckte jetzt auswendig.
Es war völlig unbeabsichtigt, daß er dabei hörte, daß Julies Vater zur Zeit an Heuschnupfen litt, daß Julies jüngerer Bruder David beim traditionellen Flaschenwerfen den 2. Preis gewonnen hatte und daß ein gewisser Pop so fett sei, daß er kaum noch aus den Augen gucken könne. Julie und Perry sprachen über das Wetter, Julies Fahrt nach Newport und darüber, daß sie beabsichtige, statt der drei fünf Tage zu bleiben.
Dicki schielte vorsichtig zu Perry Clifton hinüber. Ihm schien es nämlich, als habe ihn dieser vergessen. Doch das war ein ausgewachsener Irrtum. Clifton fing seinen Blick auf und zwinkerte
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