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Der silberne Buddha

Der silberne Buddha

Titel: Der silberne Buddha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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befanden sich auf der A 354, die direkt nach Dorchester führte.

    Ebenfalls um 8 Uhr 30 betrat in London ein hochgewachsener, elegant gekleideter Gentleman das Gerichtsgebäude. Er trug einen dunkelblauen Zweireiher und einen weichen, ebenfalls dunkelblauen Hut. Seine Rechte schwenkte einen Regenschirm, die Linke hielt, unter einem übergelegten Trenchcoat, eine prallgefüllte Tasche.
    Er passierte ungehindert den Haupteingang und wandte sich dem Treppenaufgang zum ersten Stock zu. Niemand beachtete ihn. Er steuerte auf eine freie Bank am Ende des Korridors zu, setzte sich und begann das Treiben vor den beiden Gerichtssälen zu beobachten. In dem hinteren Saal wurde die Verhandlung erst um 9 Uhr eröffnet. Zuhörer standen herum und warteten auf Einlaß. Dazwischen Gerichtsdiener und Polizisten in Uniform und in Zivil. Kaum einen gab es unter all den Gesichtern, die einen beschwingten Eindruck machten.

    8 Uhr 35
    Mit zögernden Schritten schob sich ein weiterer Besucher in den Korridor und sah sich suchend um. Es handelte sich um einen stämmigen, breitschultrigen Koreaner, dessen Statur und Bewegungen an einen Ringkämpfer erinnerten und zu dem auf den ersten Blick der dunkle, maßgeschneiderte Seidenanzug gar nicht zu passen schien. Er hielt in der linken Hand eine zusammengefaltete Times. Der Gentleman auf der Bank am Ende des Korridors hob unauffällig die Hand, und ebenso unauffällig kam der Koreaner auf ihn zugeschlendert. Man sah es seiner Miene an, daß er sich in dieser Umgebung äußerst unbehaglich fühlte. Nach einem kurzen Nicken setzte er sich ebenfalls,
    „Haben Sie ihn mitgebracht, Mister Drake?“ murmelte er.
    Gordon Drake klopfte leicht auf die Tasche auf seinen Knien. „Selbstverständlich!“ Und mit einem breiten Lächeln fragte er: „Na, wie gefällt Ihnen der Rahmen für unsere kleine Transaktion, Mister Cheng? Wir können das Geschäftliche sozusagen unter dem Schutz der Polizei abwickeln.“
    Ein kalter Blick, ein Achselzucken. Eine Geste der Abneigung. Wie zufällig schob der Koreaner Gordon Drake die Zeitung hin. „Hier ist das restliche Geld!“
    Drake ergriff die Zeitung. „Ich darf doch nachzählen?“
    „Bitte! Sie scheinen mir nicht zu trauen.“
    „Erraten. Weder von einem Straßenschild zum anderen, noch vom Stuhl zur Tür. Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse, daß ich so rede. Aber in unserem unmoralischen Gewerbe ist Vertrauen unter Kollegen ebenso gefährlich wie der Biß einer Viper.“
    Die Miene Chengs blieb ausdruckslos, seine Stimme monoton: „Es ist ein Fehler, daß Sie mich zu Ihrer Gilde rechnen!“
    „Ach“, flüsterte Gordon Drake und tat erstaunt, „Sie sind also ein ehrenwertes Mitglied der Gesellschaft. Entschuldigen Sie, wenn ich vom Gegenteil überzeugt bin.“
    Cheng schluckte auch diese höhnischen Worte ohne sichtbare Gemütsbewegung.
    „Nun, fertig mit Zählen?“
    „Fertig und alles okay!“
    „Dann darf ich jetzt um den Buddha bitten!“
    „Es wäre ein bißchen plump, würde ich Ihnen die Tasche einfach übergeben. Ich schlage vor, daß wir beide jetzt aufstehen, unsere Sachen auf der Bank liegenlassen und ein paar Schritte hin- und hergehen. Wie zufällig ergreifen Sie dann die Tasche und verschwinden.“
    Der Kopf des Koreaners fuhr herum, und in seinen Augen stand eine unausgesprochene Drohung.
    „Ich soll gehen, ohne zu wissen, was sie enthält? Wofür halten Sie mich, Mister Drake?“
    „Für einen klugen Mann, der jetzt unauffällig nach unten schaut.“
    Cheng kam der Aufforderung nach. Drake hob den Mantel hoch und zog gleichzeitig die Tasche auseinander. Für Sekundenbruchteile ruhten die Blicke des Koreaners auf der Statue.
    „Er ist es!“ murmelte er. Gordon Drake schloß die Tasche und stellte sie neben sich und Cheng. Als er sich erheben wollte, zischte Cheng: „Einen Moment noch, Mister Drake!“
    Drake runzelte die Stirn und lehnte sich wieder zurück. „Ich habe es gar nicht gern, Mister Cheng, wenn man mir sagt, was ich tun soll. Was gibt’s denn noch?“
    „Das mit dem überspritzten Buddha war sicherlich eine gute Idee, aber wir fragen uns, warum man in der Zeitung keine Zeile darüber liest? Wo bleibt die Pressenotiz, daß aus der Ostasienausstellung im Hartford-Haus ein silberner Buddha gestohlen wurde?“
    „Sie sollten Ihren Geist strapazieren, lieber Mister Cheng, und versuchen, logisch zu denken. Das ist doch ganz einfach. Man hat sich mit den Eigentümern arrangiert. Man wird sidi überlegt haben, daß,

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