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Der silberne Sinn

Titel: Der silberne Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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zufrieden?«
    »Beinahe. Es gibt da noch etwas anderes, um das ich dich bitten muss.«
    Der alte Mann stöhnte. »Meine einzige Enkelin bringt mich noch ins Grab! Worum geht es?«
    Sie erzählte ihm von Jefferson H. Flatstone, dem Chef von Stheno Industries, der die Expedition so großzügig gefördert hatte. Carl erklärte, er kenne Flatstone vom Hörensagen. Vor Jahren habe er sich ein Firmenprofil des Stheno-Konzerns erstellen lassen, um Art und Ausmaß von Überschneidungen mit den geschäftlichen Aktivitäten der Chemiesparte von Bellman Enterprises zu überprüfen. Hierauf sei es sogar zur ein oder anderen Kooperation zwischen den Konzernen gekommen. Flatstone habe seinerzeit zu den »Hoflieferanten« des Pentagon gehört. Er, Carl, sei ihm jedoch nie persönlich begegnet…
    »Was ist?« Yeremi war die plötzliche Nachdenklichkeit ihres Großvaters aufgefallen, die ihn mitten im Satz hatte innehalten lassen.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Es ist, als hätte der Name des Vorstandsvorsitzenden von Stheno Industries in mir eine Erinnerung ausgelöst, aber ich kann sie nicht konkretisieren. Noch nicht. Lass mich einige Nachforschungen anstellen, Jerry. Ganz diskret. Es gibt da ein paar Leute, die mir noch einen Gefallen schuldig sind. Sobald ich was herausgefunden habe, melde ich mich bei dir.«
    Yeremi nahm seine Hand und drückte sie ganz fest. »Sei bitte vorsichtig! Man kann es drehen, wie man will, aber letztlich hat Flatstones Forscherdrang zum Tod von einhunderteinundzwanzig Menschen geführt. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn dir etwas passiert, Opa Carl.«

 
    DAS VERMÄCHTNIS
     
     
     
    Pacific Grove (Kalifornien, USA)
    17. Dezember 2005
    16.37 Uhr
     
    Der nette Mann aus dem Wald gefällt mir. Meinetwegen musst du ihn nicht gleich wieder fortschicken.« Molly saß in einem langen roten Hauskleid aus Seide auf dem cremefarbenen Ledersofa im Wohnzimmer. Sie hatte es sich mit einer Tasse Tee bequem gemacht und hielt die strahlenden dunkelbraunen Augen fest auf den Pazifik gerichtet, als fürchte sie, dort das Segel eines Schiffes zu erblicken, das ihr Saraf entführen könnte. Sie gehörte zu jener Art zierlicher Frauen, die in Männern den Beschützerinstinkt wecken. Wenn es ihr einigermaßen gut ging – so wie jetzt –, achtete sie penibel auf ihr Äußeres. Trotz ihrer einundfünfzig Jahre sah sie mit ihrer schlanken Figur, dem freundlichen, fast faltenlosen, schmalen Gesicht und den rotbraun getönten Haaren immer noch gut aus. Molly befand sich jedoch momentan in einem merkwürdig entrückten Zustand, der ihrer Adoptivtochter Sorgen bereitete.
    Yeremi stöhnte leise, schlug demonstrativ die Akte mit Hanussens privater Korrespondenz zu und ließ sich in den Sessel zurücksinken, in dem sie bis dahin aufrecht, mit untergeschlagenen Beinen – fast wie ein Yogi –, gesessen hatte. Sie trug eine überweite, dünne hellgraue Baumwollhose und ein dunkelblaues Sweatshirt, Ausdruck ihres Wunsches nach Entspannung, der nun jedoch von unvermuteter Seite durchkreuzt worden war. Mit geschlossenen Augen sammelte sie sich für die Diskussion, die sie wohl schon an die einhundert Mal geführt hatte und die sie vermutlich noch ebenso oft würde durchstehen müssen. Ihre Adoptivmutter wurde nicht müde, ihr Männer anzupreisen, die sie aus absurden Gründen für geeignet hielt, den Posten ihres Schwiegersohnes einzunehmen.
    Bisher hatte Yeremi alle Kandidaten gefeuert, bevor sie überhaupt eingestellt waren. Saraf würde der Nächste sein.
    In den letzten drei Tagen hatte sie viele Stunden mit dem Silbermann verbracht. Wenn man sich mit ihm unterhielt, floss die Zeit nur so dahin. Er war wissbegierig, erzählte auch selbst viel über das Leben im Wald. Allerdings, und das stimmte Yeremi nachdenklich, hielt er sich nach wie vor bedeckt, wenn sie ihn nach den Gründen für das jahrhundertelange »Versteckspiel« des Silbernen Volkes fragte. Allein die Vorstellung, diesen geheimnisumwitterten Mann zum Lebenspartner zu wählen, verursachte ihr eine Gänsehaut.
    Zum Glück beschäftigte er sich gerade in seinem Apartment mit alten Heften von Nature und National Geographie (er liebte die bunten Bilder), vielleicht sah er auch gerade fern (ihn verblüfften die Verhaltensweisen moderner Menschen). So brauchte Yeremi kein Blatt vor den Mund zu nehmen.
    Sie schaute Molly an, gerade streng genug, um deren labile Psyche nicht gleich wieder ins Wanken zu bringen. »Damit das klar ist, Mama: Saraf Argyr ist

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