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Der silberne Sinn

Titel: Der silberne Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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ein paar Dinge verraten, die Ihnen bei Ihrer kleinen Veranstaltung heute Mittag nützlich sein könnten.«
     
     
    Journalisten sind auch nur Menschen. Dieser schlichten Weisheit folgend, hatte Yeremi für ihr Vorhaben eine der nobelsten Adressen San Franciscos ausgewählt. Es genügte schon lange nicht mehr, eine Bombe platzen zu lassen, sie musste auch appetitlich verpackt sein. Das Palace Hotel bot also genau den geeigneten Rahmen.
    Es war zwei oder drei Minuten nach zwölf. In einer knappen halben Stunde würde sie zum Gegenschlag ausholen. Ihre Knie waren weich, und sie fühlte sich hundeelend – das Telefonat mit Ken Frielander hatte Yeremi mehr Kraft abverlangt, als sie sich eingestehen wollte. Mit wenigen Worten war es ihm gelungen, den Staub von einigen ihrer düstersten Erinnerungen zu blasen; sie hatte ihn darum gebeten, um für die nun kommende Auseinandersetzung gewappnet zu sein.
    »Jerry! Hörst du mir überhaupt zu?« Sandras Stimme drang an ihr Ohr.
    Yeremi blinzelte benommen, sah zuerst Sarafs Gesicht, dann das ihrer Freundin. Die drei standen in der Hotelhalle des Palace. Um sie herum wimmelte es von gut betuchten Touristen, die ein Neujahrsfest in San Francisco gebucht hatten.
    »Du siehst schlecht aus«, sagte Sandra besorgt.
    »Danke sehr, Cousinchen. Aufmunternde Worte sind genau das, was ich im Augenblick gebrauchen kann. Ist von deiner Seite alles klar?«
    »Ja, sollte es eigentlich. Bei den Hunderten von Pressekonferenzen, die ich schon besucht habe, dürfte es nicht so schwer sein, selbst mal eine zu organisieren. Die Zeit war ein bisschen knapp, aber jetzt müsste alles stehen.«
    »Was ist mit den Infos von Frielander?«
    »Sind auch schon im Präsentationscomputer, alles fein säuberlich in Charts aufgelistet. Wenn du stecken bleibst, folge einfach dem Leitfaden am Monitor. Gerade wird noch einmal die Technik gecheckt. Die Webcam ist bereits online – man wird dein hübsches Konterfei heute weltweit im Internet sehen können.«
    »Hoffentlich beschränkt sich mein Publikum nicht auf die virtuellen Zaungäste.«
    »Der Termin um zwölf Uhr dreißig ist nicht gerade optimal – spätestens ab zwei wollen alle Kollegen hinter ihren Tastaturen kleben, um bis Redaktionsschluss die Artikel fertig zu kriegen. Aber ich denke, wir haben sie heiß gemacht.«
    »Ich fasse mich so kurz wie möglich. Wie viele werden denn kommen?«
    »Ich habe den Monterey-Saal für uns gemietet. Da passen mindestens fünfzig Leute rein.«
    »Fünfzig!«
    »Wenn wir Pech haben, tauchen nur zwei oder drei auf.«
    »Du machst mir Mut! Vielleicht kann ich meine Zuhörerschaft ja noch etwas aufstocken.« Yeremi holte ihr Handy aus dem kleinen schwarzen Lederrucksack, der nicht ganz zu ihrer gediegenen Garderobe passen wollte. Sie trug den sandfarbenen Rock und die dunkelblaue, ärmellose Wildseidenbluse vom Vortag.
    »Wen willst du anrufen?«, fragte Sandra verwundert.
    »Stheno Industries.«
    »Bist du verrückt?!«
    »Hallo Al?« Yeremi sprach bereits mit Flatstones Erfüllungsgehilfen. »Ich bin’s. In…« – sie blickte auf ihre Armbanduhr – »gut fünfundzwanzig Minuten beginnt im Palace Hotel, San Francisco, eine Pressekonferenz. Sie könnte für dich und deinen Chef spannend werden. Ihr beide seid herzlich eingeladen. Monterey-Saal. Das ist im…« – Yeremi sah Sandra fragend an, die daraufhin einen Finger hob – »im ersten Stockwerk. Man sieht sich.«
    Yeremi hatte aufgelegt, ehe Leary etwas fragen konnte.
    »Da kommt dein Großvater, mit Begleitung«, meldete sich Saraf zu Wort.
    Yeremi wandte sich dem Eingang zu. Sie hatte Carl am Vortag von einem öffentlichen Fernsprecher aus angerufen, sich über die neuesten Ermittlungsergebnisse von Ed Edmundson informieren lassen und dann ihre Pläne erläutert.
    Der alte Mann nahm seine Enkelin in den Arm und stellte ihr dann Oswald Shoemaker vor, seinen langjährigen Notar, einen kleinen, dunkelhaarigen, bulligen Mann mit Hornbrille und Geheimratsecken von der Größe der San Francisco Bay.
    »Ich bin nicht sehr erbaut über das, was du da tun willst«, brummte Carl.
    »Das hast du gestern auch schon gesagt.«
    Carls buschige Augenbrauen hoben sich. »Tatsächlich? Nun, dann wird es wohl seinen Grund haben. Bleibst du bei deinem Entschluss?«
    »Ja. Ich überschreibe dir mit sofortiger Wirkung mein ganzes Vermögen. Nachher kann mich Flatstone verklagen, so viel er will, aber er wird keinen Cent vom Bellman-Vermögen bekommen.«
    »Und wenn er dich ins

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