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Der silberne Sinn

Titel: Der silberne Sinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Liebkosung gewöhnen, dem sie deshalb als Erwachsene kaum widerstehen können. McFarell – der Mann, dessen »Lieblingsfamula« sie einmal gewesen war – beherrschte die Kopplung von Kommando und Verführung meisterhaft. Und auch Al Leary kannte sich damit aus. Wie in einer Fernsehreportage zur besten Sendezeit liefen die Szenen vor Yeremis innerem Auge ab. Sie war gelobt worden für ihre Professionalität, ihre Intelligenz und alles Mögliche, fast im gleichen Atemzug hatte sie jedoch Befehle entgegennehmen müssen, Forderungen und Mahnungen…
    Ihr Mund war so trocken, als hätte sie eine Hand voll Laub zerkaut. Aber das Rauschen in den Ohren wurde ein wenig schwächer. Yeremi bewegte die Lippen, versuchte sie mit ihrer Zunge zu benetzen, aber die war nur ein nutzloser Klumpen in ihrem Mund. Mehrere Regimenter von Ameisen machten sich von ihren Extremitäten aus auf zu einer Begegnung irgendwo in Yeremis Magen. Wenigstens war das Kribbeln ein Zeichen von Leben. Sie schlug die Augen auf und erschrak…
    Al Learys Gesicht schwebte vor ihr wie das wabernde Spiegelbild in einer Schale Milch. Es grinste, bewegte die Lippen und produzierte Laute, die nur langsam Yeremis Bewusstsein erreichten.
    »… lange geschlafen. Wie geht es dir?«
    War die Frage ernst gemeint? In ihrem Kopf tobte ein Hurrikan. Kalter Schweiß trat auf ihre Stirn. Ihr Herz hämmerte in Rekordgeschwindigkeit. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an – wie damals war er über sie gebeugt. Was konnte sie tun, um sich zu verteidigen?
    »Hast du mich verstanden, Jerry?«, fragte Leary.
    Sie reckte ihm den Kopf entgegen und krächzte: »Ja!«
    »Und?«
    »Ich habe Durst.«
    »Das ist normal. Sam hat dir einen ziemlichen Hammer verpasst.«
    Yeremi spürte einen drückenden Schmerz in der Seite, genau dort, wo das Betäubungsprojektil sie getroffen hatte. Wer war Sam? Erst allmählich dämmerte ihr, von wem Leary sprach. »Was will Professor McFarell von uns?«
    »Das Gedächtnis des Silbernen Volkes.«
    Die offene Antwort verblüffte sie. Vermutlich war sie schon von Flatstone belauscht worden, als Saraf ihr im Strandhaus von dem Heiligtum seiner Ahnen erzählt hatte. Ihr Kopf fiel auf das Lager zurück. Sie erblickte eine Decke aus glattem grauem Gestein. Der rechteckige Raum wirkte wie aus dem Fels geschlagen. Yeremi schloss die Augen und zischte: »Vergiss es!«
    »Sam sagt, du bist ein kluges Mädchen.« Leary versuchte anders ans Ziel zu kommen.
    Verführung!, dachte Yeremi.
    »Und deshalb musst du einfach auf sein Angebot eingehen. Sonst… Mr Flatstone ist weniger zimperlich als der Professor.«
    Und Kommando. Sie drehte ihren Kopf zur Wand. Das gehorsame Kind in ihr hatte hinzugelernt.
    »Jerry!«, flehte Leary, oder zumindest hörte es sich so an. »Saraf braucht jetzt deine Hilfe. Lass ihn nicht im Stich.«
    Sie riss die Augen auf, und ihr Kopf flog herum. »Wo ist er? Wie geht es ihm?« Mühsam stemmte sie sich mit einem Ellbogen hoch.
    »Er ist dort.« Leary deutete zu einer Stelle, die sich irgendwo hinter Yeremis Kopf befand. Sie drehte den Oberkörper. Dabei streifte ihr Blick eine massive Stahltür. Die ganze Kerkerzelle war ungefähr fünf mal drei Meter groß. An der Querwand hinter ihr stand ein Feldbett, und darauf lag Saraf, mit einer graubraunen Wolldecke bis zum Kinn zugedeckt. Er schlief.
    Obwohl sie sich dabei wie auf einem Segelschiff in stürmischer See vorkam, hievte sich Yeremi in eine sitzende Position, rutschte von der Liege und taumelte zu Saraf. »Habt ihr ihn auch…?«, fragte sie Leary, mit dem Kopf auf den Schlafenden deutend.
    »Er hat bei dem Kampf mit Madalin einen glatten Durchschuss erlitten und viel Blut verloren. Im Moment schläft er von den Schmerz- und Beruhigungsmitteln, die unsere Ärzte ihm gegeben haben. Er wird bald wieder auf den Beinen sein.«
    »Wo sind wir hier?« Yeremi ließ ihren Blick an der Decke kreisen.
    »Kennst du NORAD, diese unterirdische Luftüberwachungszentrale im Cheyenne Mountain? Das hier ist zwar hundertmal kleiner, aber es dient nur einem einzigen Zweck.«
    »Als Testlabor für euer Gefühlskontrollprogramm?«
    »Du sagst es.«
    »Damit ist aber meine Frage noch nicht beantwortet.«
    »Denkst du wirklich, ich würde dir unser Versteck verraten?«
    »Nein.« Yeremi wandte sich wieder Saraf zu und strich ihm sanft über die Stirn. Er schien es nicht zu spüren.
    »Was soll ich dem Professor nun sagen?«
    Ohne Leary noch einmal anzublicken, erwiderte Yeremi: »Richte ihm

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