Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
Rolle«, antwortete eine weinerliche Männerstimme. »Seit die Meine fort ist, ist mir alles egal geworden.«
»Oh, glaubt mir, diese Träume werden Euch erquicken und auf völlig andere Gedanken bringen.« Ein hämisches Lachen erklang. »Ihr werdet schon bald Euer Leid vergessen haben und die Freuden des Lebens neu entdecken.«
»Meint Ihr?« Die Männerstimme nahm einen verbitterten Klang an. »Meine Frau, das Miststück, ist mit meinem Geschäftspartner durchgebrannt.«
»Jaja, das ewige Lied.« Die Stimme der Frau wirkte gelangweilt. »Das höre ich öfter. Schließlich lebe ich von verlorenen Träumen. Ich könnte Euch jedoch auch noch etwas anderes beschaffen. Aber dieses Angebot gilt nur für treue Kunden.«
»Und das wäre?«
»Etwas Dunkleres«, raunte die Frau. »Etwas, das gegebenenfalls Eure Rachegelüste befriedigt: die Träume eines vor drei Monaten hingerichteten Frauenmörders. Ich sage Euch, der war nicht zimperlich. Wer weiß, auf welche Ideen Euch das bringt. Nur wird das deutlich teurer.«
»Ich … ich werde mir das überlegen. Danke.« Geld klimperte und man hörte die Ladentür klappen.
»Alter Trottel!«, schimpfte die Frauenstimme.
Fi fühlte sich durch das Gehörte beschmutzt. Auch Magister Eulertin wirkte erbost. »Komm mit!«
Fi schlich zu der angelehnten Tür. Von dort aus konnte sie in einen Raum mit violetten Vorhängen spähen. Die lange Ladentheke und die unzähligen Regale und Schubladenschränke an den Wänden erinnerten an den Verkaufsraum eines Apothekarius. Wie im Schaufenster zur Windmachergasse standen überall beschriftete Flaschen und Holzdosen mit Schlafmitteln, Tinkturen und Pulvern. Eulertin nutzte seine geringe Größe und sauste durch den Türspalt hinter die Theke. Fi riskierte unterdessen einen Blick auf die Inhaberin des Ladens – und riss die Augen auf. Das war Alpme Somnia? Die Menschenfrau, die dort mürrisch Phiolen und Flaschen zurück in eines der Regale stellte, sah mit ihrem braunen Kopftuch und dem gleichfarbigen Gewand genau wie die Alte aus, deren Abbild sie in dem Nixenbrunnen gesehen hatte.
Rasch hielt Fi nach dem Zauberstab der Magierin Ausschau. Er lehnte nur zwei Schritte entfernt an einem Regal. Fi musste dafür sorgen, dass die Traumhändlerin ihn nicht zu fassen bekam. Ein Zauberstab verstärkte die Macht seines Trägers und Magister Eulertin wollte sich dieser Gefahr nicht zusätzlich aussetzen, sollte es zu einem magischen Zweikampf kommen. Fi legte einen Pfeil auf ihren Bogen und wartete auf das Zeichen des Däumlings.
»Alpme Somnia, nehme ich an!«, war jetzt Eulertins Stimme im Verkaufsraum zu hören. Die Traumhändlerin ruckte zur Ladentür herum und suchte verwundert nach dem Sprecher. Sie griff bereits nach ihrem Zauberstab – und sah sich unmittelbar der Spitze eines Pfeils gegenüber, mit dem Fi direkt auf sie zielte.
»Nehmt den Stab und Ihr seid tot!«, zischte Fi kalt.
»Ihr solltet auf unseren elfischen Freund hören«, rief der Däumling, der jetzt hinter dem Tresen emporschwebte. »Er stammt aus Albion, wo die Elfen seit zwei Jahrzehnten erbittert Jagd auf Zauberer machen!«
Fi trat gegen den Stab, der mit einem klackernden Geräusch auf den Boden fiel.
»Was soll das?« Alpme Somnia starrte Fi und den Däumling lauernd an. Eulertin bemühte sich standhaft darum, so zu tun, als wäre er im Vollbesitz seiner Kräfte.
»Wenn ich mich vorstellen dürfte«, sagte er mit gespielter Freundlichkeit, »mein Name ist Magister Thadäus Eulertin!«
Alpme Somnia wurde blass. »Euer Ruf eilt Euch voraus, Magister.«
»Gut, denn dann ist Euch hoffentlich klar, dass ich etwas gegen Geschäfte habe, wie sie hier getätigt werden.«
»Was geht Euch das an?«, schnaubte die Traumhändlerin. »Ich besitze eine vom Stadtrat ausgestellte Unbedenklichkeitserklärung. Sie gestattet es mir, als derzeit einzige Magierin in Hammaburg meiner Arbeit nachzugehen.« Sie deutete zu einem gesiegelten Erlass an der Wand, der zwischen einem Regal und einem Gemälde mit mehreren Zauberern hing. Fi fragte sich, wie ausgerechnet Alpme Somnia an solch einen Freibrief kam.
»Also, was wollt Ihr hier?«, schimpfte die Traumhändlerin schon deutlich mutiger.
Eulertin schwebte näher. »Im Augenblick kümmern mich Eure Geschäfte nicht. Aber die Magierschaft Hallas greift hart durch, sobald die Kunde den Umlauf macht, dass einer der Unseren mit verbotenen Zauberingredienzien handelt.« Alpme Somnias Blick flatterte. »Allerdings werde ich
Weitere Kostenlose Bücher