Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
Eulertin wieder zu Wort. »Und wie wollt Ihr uns helfen?«
»Was, wenn ich Euch den wahren Namen des Hexenmeisters verrate?«
»Wie bitte, Ihr kennt den Namen doch?« Magister Eulertin ließ den Zauberstab sinken und Fi hörte die Überraschung im Tonfall des Winzlings. »Finsterkrähe ist einer der wenigen Akademieabgänger, die bei ihrer Einschreibung an der Universität ihren wahren Namen verheimlichen konnten. Angeblich habe man ihn Morbus Finsterkrähe gerufen, seit er denken könne.«
»Eine Lüge«, ächzte Tandarin.
»Warum wollt Ihr ihn ausgerechnet mir verraten?«, fragte Eulertin lauernd.
»Schaut mich doch an«, ächzte der Elf. »Außerdem weiß ich um die Macht, mit der Euch die Universität Hallas ausgestattet hat. Ihr habt die Möglichkeit, Finsterkrähe auf eine Weise zu richten, die ganz nach meinem Geschmack wäre.«
»Sprecht Ihr von der Erzenen Verdammung?«
»Allerdings. Mit dieser Methode bestraft doch die Universität Verräter, die gegen die Regeln der Fakultät verstoßen, habe ich Recht?«
»Was ist eine ›Erzene Verdammung‹?«, wollte Fi wissen.
»Ein Zauberfluch, mit dem man einen abtrünnigen Magier versteinern kann«, antwortete der Däumling, bevor er sich wieder dem Puppenmacher zuwandte. »Doch dazu muss man den wahren Namen des Betreffenden kennen.«
»Ach, kommt schon«, schnaubte Tandarin. »Wenn ich Euch den wahren Namen verrate, habt Ihr einen noch viel größeren Trumpf in der Hand. Ihr könnt mit seiner Hilfe jeden gegen Morbus gerichteten Zauber verstärken. Und das werdet Ihr bitter nötig haben. Die Nebelkönigin hat Finsterkrähe mit Kräften ausgestattet, die den Euren weit überlegen sein dürften. Nicht einmal ich kam dagegen an, wie Ihr deutlich an meinem Zustand erkennen könnt.«
»Ich müsste dazu aber erst einmal an ihn herankommen.«
»Wenn das einer schafft, dann Ihr!« Tandarin stöhnte.
Fi wollte dem Däumling aus ihrer Jackentasche heraushelfen, doch der hatte inzwischen einen Teil seiner Kraft wiedererlangt. Mit seinem Zauberstab winkte er einen Stofffetzen heran, stellte sich darauf und schwebte wie auf einem winzigen fliegenden Teppich ganz nah an Tandarin heran. Der Puppenmacher beugte sich etwas vor und flüsterte Eulertin den Namen zu. Fi ärgerte sich, da sie nichts verstand, während sich der Däumling entschlossen aufrichtete. »Ich hoffe, das ist kein Trick, Puppenmacher.«
»Sehe ich so aus, als hätte ich noch die Muße für Spielereien?« Tandarin berührte verärgert den Kopfverband. »Jetzt müssen wir nur noch in Erfahrung bringen, wo Finsterkrähe steckt.«
»Und wie?«, mischte sich Fi ein.
»Indem Ihr mir helft, seine Fährte aufzuspüren.« Tandarin erhob sich mit schmerzverzerrter Miene. »Finsterkrähe versteht sich ebenfalls auf den Bau magischer Marionetten. Ich habe es ihm beigebracht. So wie ich von ihm, hat er von mir eine Puppe angefertigt. Seit er mir bei seiner Abreise nach Halla die Schelmenmaske geraubt hat, belauern wir einander.«
»Und warum habt Ihr Euch nicht während seiner Ausbildungszeit in Halla zurückgeholt, was Euch gehörte?«, fragte der kleine Magister.
Tandarin lachte böse. »Weil das Gelände der Universität magisch abgeschirmt ist. Finsterkrähe war dort vor mir sicher. Er musste sich erst wieder vor mir hüten, als er von dort weggegangen war.«
»Und weiter?«
»Die Marionetten büßen nach einiger Zeit ihre Kraft ein«, fuhr der Puppenmacher fort. »Man muss sie erneuern. Doch dazu braucht man das Holz der Golderle. Diese Bäume sind überaus selten und die wenigen Eingeweihten halten ihre Standorte geheim. Golderlen wachsen ausschließlich an Orten, an denen sich die magischen Energien im Fluss befinden.«
»In den Einhornwäldern Albions kommt diese Baumart häufig vor«, sagte Fi.
»Das ist längst vorbei«, schnaubte der alte Elf. »Mit der Zerstörung Lunamons sind auch die Golderlen verdorrt. Hier auf dem Kontinent wachsen sie fast ausschließlich in den unzugänglichen Elfenwäldern und in Jada’Maar. Eine einzelne Golderle gab es allerdings auch in Hammaburg. Sie stand drüben auf der anderen Flussseite auf einem Hügel nahe dem Schmugglerviertel.« Fi ahnte, von welchem Ort der Puppenmacher sprach. »Ich habe mich dort einige Male an den Ästen bedient. Vor einigen Tagen habe ich jedoch herausgefunden, dass der Baum gefällt wurde. Das war der Grund, warum ich den Weg nach Jada’Maar antreten musste.«
»Um aus dem Holz die Marionette des Geigers zu fertigen?«, hakte
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