Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
gebraucht? All meine Träume und Wünsche sind bereits in Erfüllung gegangen.« Er küsste Loreline zärtlich. Die Undinen im Hintergrund kicherten und warfen Nikk verstohlene Blicke zu.
»Ihr seid zu beneiden«, flüsterte Fi.
»Ach, es ist nicht schwer, seine Träume wahr werden zu lassen«, brummte Egbert. »Man muss nur seinem Herzen folgen.«
Im Gegensatz zu Fi wirkte Nikk noch nicht ganz überzeugt. »Hattet Ihr denn nie Angst, dass Euch das Füllhorn entwendet werden könnte? Ein magisches Objekt wie dieses muss doch Schurken anziehen wie Blut die Haie?«
»Mal davon abgesehen, dass nur wenige vom Brautgeschenk des Flusskönigs wissen, ist das Füllhorn natürlich gut versteckt«, beruhigte ihn Loreline.
»Wieso ist das überhaupt notwendig?« Fi musterte die beiden irritiert. »Ich dachte, Euer Wunsch beschützt Rüstringen und damit auch das Füllhorn?«
»Nun, ganz Unrecht hat Prinz Nikkoleus mit seinem Einwand nicht, junge Elfe.« Ritter Egbert atmete tief ein. »Die Magie des Nektars entspringt Feenwerk, das sich wie ein Tuch aus Samt über jeden legt, der in den Einflussbereich des Füllhorns gelangt. Das geschieht jedoch nicht zwingend. Vielmehr führt die Magie dazu, das Gute in sich und in anderen zu entdecken. Das werdet Ihr schon bald an Euch selbst beobachten können.« Er zwinkerte Fi zu. »Jemand, der finstere Absichten hegt und über einen starken Willen verfügt, könnte dem Zauber vermutlich eine Weile widerstehen.«
»Befürchtet Ihr etwa, dass sich jemand mit solchen Absichten in Rüstringen aufhält?«, wollte Loreline wissen und hob fragend eine Augenbraue.
Nikk zuckte die Schultern. »Die Frage war eher theoretischer Natur.«
»Gut, denn mein Gemahl und ich sind bereit, uns von dem Füllhorn zu trennen.«
»Das heißt, Ihr überlasst uns den letzten Schluck?«, fragte Nikk hoffnungsvoll.
»Ich würde Euch wirklich gern helfen«, erwiderte Egbert. »Nur gibt es da ein kleines Problem.«
»Ein Problem?«, fragte Fi.
»Ja, denn anlässlich des siebenten Jahres unserer Vermählung habe ich zum Vergnügen meiner liebreizenden Loreline einen Gauklerwettbewerb ausgerufen. Und ein Wettbewerb verdient natürlich einen Preis …«
Fi schwante nichts Gutes.
»Der letzte Schluck aus dem Füllhorn ist leider bereits dem Sieger dieses Wettstreits versprochen. Und das beim Unendlichen Licht.« Der Ritter seufzte. »Ich befürchte daher, Ihr werdet ihn Euch erst verdienen müssen.«
Wettstreit der Gaukler
D as Reich unter den Wogen ist in Gefahr – und mit ihm der ganze Kontinent – und wir müssen uns mit diesem Unsinn herumschlagen.« Nikk setzte einen klobigen Gegenstand auf einem Fass ab, der von einem blauen Tuch verhüllt war. Mitfühlend sah Fi zu dem Meermann auf. Nikk versuchte sich den Schmerz nicht anmerken zu lassen, doch sie sah den Kummer in seinen Augen.
Inzwischen war es fast Mittag und drei Stunden her, seit sie von Aqualonius’ Tod erfahren hatten. Fi hatte Nikk natürlich angeboten, mit ihm über die Ermordung seines Vaters zu sprechen, doch er wollte nicht. Er hatte es auch abgelehnt, über die Rolle zu reden, die sein Onkel Effreidon dabei gespielt hatte. Er konzentrierte sich jetzt ausschließlich darauf, das Füllhorn zu erringen. Und irgendwie konnte Fi ihn verstehen.
»Was machst du da eigentlich?«, fragte er Fi.
»Ich bereite mich vor«, antwortete sie und steckte Nadel und Garn weg. Anschließend hob sie ihr neues Gewand an. Sie hatte die letzten zwei Stunden damit verbracht, ein Hemd von Koggs umzunähen und mit ein paar bunten Fransen an Schultern und Ärmeln zu verschönern. »Die Zuschauer entscheiden schließlich über den Gauklerkönig. Da kann es nicht schaden, ihnen auch etwas fürs Auge zu bieten.« Zufrieden betrachtete sie ihr Werk. »Ich will es heute auf jeden Fall unter die ersten drei in meiner Gruppe schaffen, bevor es morgen in die Endausscheidung geht. Willst du dich nicht ebenfalls vorbereiten? Der Wettbewerb beginnt schon in einer halben Stunde.«
Nikk legte eine Hand auf den umwickelten Gegenstand. »Ich bin vorbereitet.«
»Und was wirst du aufführen?«
Nikk hob das Tuch und enthüllte eine Leier. »Ich werde mich als Musiker versuchen.«
»Als Musiker?« Fi sah Nikk und die Leier überrascht an. »Ein schönes Instrument. Ich wusste gar nicht, dass du musizieren kannst.«
»Wart’s ab.« Nikk lächelte siegesgewiss. »Ich war gerade am See und habe mich mit den Undinen Bachelia und Amphorine aus Lorelines Gefolge
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