Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
getroffen. Von ihnen habe ich dieses Instrument.«
»Wundert mich nicht«, meinte Fi. »Die beiden haben dir die ganze Zeit hübsche Augen gemacht. Wahrscheinlich würden sie dir sogar ins Meer folgen, wenn du sie fragtest.«
»Ja, gut möglich«, stellte Nikk nüchtern fest. Er schien nicht zu bemerken, dass dies nicht ganz die Antwort war, die Fi sich erhofft hatte.
»Und was führst du vor?«, wechselte er das Thema. »Lass mich raten, du wirst das Volk mit deinen Bogenschusskünsten begeistern, richtig?«
»Nein.« Fi streifte das Fransenhemd über. »Ich kann die wenigen Gorgonenpfeile nicht für diesen Wettbewerb aufbrauchen. Ich warte eigentlich nur noch auf Koggs und seinen Bootsmann, denn ich habe eine andere Idee.«
Als wäre das ein Stichwort gewesen, kletterte der Klabauter mit einem Holzeimer aus dem Schiffsbauch und blieb vor Nikk stehen. »Hab schon gehört, was im Meerpalast vorgefallen ist«, knurrte er. »Wenn ich irgendetwas für Euch tun kann, Euren Onkel kielholen oder nach dem Dreizack suchen, lasst es mich wissen.«
»Danke, ich weiß das zu schätzen, Koggs.« Nikk legte die Hand auf die Leier. »Im Augenblick ruhen meine Hoffnungen auf dem Wettbewerb.«
Der Klabauter nickte und betrachtete Fis Flickengewand. »Na ja, ihr tretet immerhin zu zweit an. Das verdoppelt eure Aussichten auf den Sieg.« Er stellte den Eimer vor Fi ab. Im Innern piepste es. »Ich habe nur vier Nager aufgetrieben, du Buntbarsch. Hier an Bord meines Schiffes herrscht nämlich Ordnung.«
»Sind das Ratten?« Nikk starrte in den Eimer.
»Nein, Mäuse«, stellte Fi richtig. Die Tiere zitterten ängstlich und sie sahen mit schwarzen Knopfaugen zu ihnen auf. »Nur vier werden nicht ausreichen.«
»Vielleicht hatte Rob ja mehr Glück.« Koggs deutete zur Hafenmole. Von dort näherte sich der Bootsmann mit einem Weidenkorb. »Hauptsache, du entsorgst die Viecher später an Land. Hier an Bord meines Schiffes will ich sie nicht haben.«
»Keine Bange, Koggs. Ich werde sie morgen am Stadtrand aussetzen.«
Rob betrat das Deck und grinste. »Reichen zehn Feldmäuse aus? Der Bauer, bei dem ich war, hat in seiner Scheune noch mehr.«
»Ja, das reicht. Danke.« Fi warf einen Blick in den Korb, in dem es ebenfalls piepste. Rasch beförderte sie die Mäuse aus dem Eimer zu ihren Artgenossen.
»Der Großteil der Mannschaft ist übrigens schon am See«, erklärte Rob grinsend. »Ich hab den Jungs eingeschärft, euch besonders laut anzufeuern. Ach, und hier«, er kramte eine grüne Jägermütze hervor, »die habe ich noch für dich aufgetrieben. So ’ne Mütze ist doch die halbe Verkleidung!« Fi nahm sie dankbar entgegen und stülpte sie über das Kopftuch. Dann sah sie Koggs an. »Und du willst wirklich nicht mit?«
»Nein«, Koggs winkte ab. »Oder hast du unseren versteckten Passagier vergessen?« Er wies mit dem Daumen zum Kabelgatt. »Wenn schon die Mäuse das Schiff verlassen, so doch ganz sicher nicht der Käpt’n.«
»Also gut, dann los!« Fi nahm den Weidenkorb auf und Nikk und Rob begleiteten sie an Land.
»Was willst du denn mit den Mäusen?«, fragte Nikk.
»Wart’s nur ab.« Fi zwinkerte ihm zu.
Gemeinsam marschierten sie durch die Stadt in Richtung Wasserburg. Zwischen der Gauklerwiese und der Bühne am See hatten sich mehrere Hundert Bürger aller Stände eingefunden, die gespannt zur Zuschauertribüne blickten, wo sich soeben Ritter Egbert mit einem Dutzend adliger Gäste einfand. Lediglich sechs mit Hellebarden bewaffnete Soldaten schirmten den mit Wimpeln und Bannern geschmückten Holzbau vor dem übrigen Volk ab. Fi war sich sicher, dass Loreline und ihre beiden Undinen das sommerliche Spektakel von der Seeseite aus verfolgten. Händler liefen laut krakeelend durch die Menschenmenge und boten Backwaren, Zuckerwerk und Rauchwürste feil, Kinder tollten mit ihren Hunden herum, an hastig errichteten Ständen wurden Fässer mit Bier angestochen und über allem schwebten die Klänge verschiedener Musikinstrumente. Die Stimmung war festlich und ausgelassen.
Kaum hatte Rob seine Kameraden entdeckt, ließ er Fi und Nikk stehen und sie drängten sich ohne ihn weiter zur Bühne durch. Dabei hatte Fi den Eindruck, dass der Prinz die Schaulustigen um sie herum durchzählte. Irgendetwas heckte Nikk aus.
Sie erreichten ein Areal neben der Bühne, auf dem sich bereits die Gaukler, Artisten und Musiker eingefunden hatten, als der Klang von Fanfaren über den Platz schmetterte. Sofort kehrte Ruhe ein.
Ritter
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