Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
eingeschlagenen Pfeile zu spalten und gewannen rasch die Gunst des Publikums. Der Höhepunkt ihres Auftritts war ein Blindschuss auf einen bereits abgeschossenen Pfeil weit über dem See, doch der Versuch schlug fehl. Ein enttäuschtes Raunen ging durch die Menge und die Schützen starrten irritiert den Boden der Bühne an. Sie versuchten es noch zweimal, stets mit demselben Ergebnis. Misstrauisch runzelte Fi die Stirn. Hatte sich der Bühnenboden bewegt? Die Schützen winkten dem Marktmeister zu, doch der schien nichts von dem seltsamen Vorfall mitbekommen zu haben und die Brüder verließen die Bühne.
Nun trat eine siebenköpfige Akrobatenfamilie auf. Sie führte Flickflacks und andere Kunststücke vor, darunter einen imposanten menschlichen Turm. Das Publikum klatschte höflich, aber nicht übermäßig begeistert. Ihr folgte ein Messerwerfer, dessen Vorstellung im Wurf auf eine drehbare Scheibe gipfelte, an die er seine Frau gebunden hatte. Danach waren zwei Hochseilartisten an der Reihe, die als heimliche Favoriten des Wettstreits galten. Das Paar tänzelte über ein Seil, das Helfer zuvor zwischen zwei Bäumen hoch über dem See gespannt hatten. Auf dem Höhepunkt der Vorführung kletterte die zierliche Artistin auf die Schultern ihres Partners, der sie nun über den See trug. Das Publikum applaudierte begeistert. Da erhob sich ein Schwarm Vögel aus einem der Bäume und umflatterte die beiden. Die Hochseiltänzer verloren das Gleichgewicht und stürzten in die Tiefe. Die Zuschauer hielten erschrocken den Atem an und beruhigten sich erst, als der Marktmeister verkündete, dass die Artisten unbeschadet aus dem Wasser gefischt worden seien. Wieder nur ein eigenartiger Zufall?
Der Marktmeister ließ alle Teilnehmer der ersten Gruppe noch einmal auf der Bühne antreten und der nachfolgende Applaus bestimmte das Hochseilartistenpaar, den Messerwerfer und die Akrobatenfamilie zu den Gruppensiegern. Dann kündigte er eine halbe Stunde Pause an.
Vom See her wehte jetzt liebliche Harfenmusik herüber, die rasch die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zog. Fi hatte Glück, dass sie so nah am Ufer stand. Sie konnte Loreline sehen, die sich mit ihrem silbrigen Fischschwanz auf einem Felsen im See rekelte und verträumt die Saiten einer großen Harfe aus Flussgold anschlug. Doch Fi lauschte nur mit halbem Ohr. Ihre Aufmerksamkeit galt mehr den beiden Bogenschützen, die sich neben der Tribüne bei Ritter Egbert beschwerten. Kurz darauf führten zwei Soldaten jenen Quacksalber heran, den Fi schon am Vormittag gesehen hatte. Wie Egberts Leute auf ihn aufmerksam geworden waren, erschloss sich der Elfe nicht. Doch der Mann gab zu, am Vormittag ein teures Humuselementar an einen Gaukler verkauft zu haben. Nur welcher Gaukler es gewesen war, daran konnte oder wollte er sich nicht erinnern. Er gestand jedoch freimütig ein, dass ein solches Wesen durchaus in der Lage sei, den Bretterboden der Bühne zu verbiegen. Da die beiden Schützen keinen stichhaltigen Beweis für ihre Vorwürfe anbringen konnten, ließ Egbert den Scharlatan wieder laufen. Die Soldaten untersuchten die Bühne, kamen aber kopfschüttelnd wieder zurück. Spätestens jetzt war sich Fi sicher, dass es bei dem Wettstreit nicht mit rechten Dingen zuging. Und ihr wurde klar, dass der Feenzauber des Füllhorns tatsächlich noch nicht bei jedem der Neuankömmlinge wirkte.
Die Fanfaren eröffneten die nächste Runde und der Wettstreit der Musiker begann. Hintereinander traten zwei Bänkelsänger auf, von denen einer sogar aus dem fernen Fryburg nahe dem Albtraumgebirge angereist war. Ihnen folgte eine Gruppe aus drei Schalmeienspielern. Ihre Lieder klangen angenehm und mitreißend, doch sie konnten sich weder mit Lorelines Harfenspiel noch mit der Musik des Elfenvolks messen. Fi war weitaus Besseres gewöhnt.
Als sie abgetreten waren, trugen zwei Zwerge, die Fi bereits vom Drachenzelt her kannte, mit ein paar menschlichen Helfern große Kesselpauken auf die Bühne. Sie verbeugten sich, warteten die Ankündigung des Marktmeisters ab und bearbeiteten die großen Trommeln mit ihren Schlägeln, bis Fi glaubte, inmitten der majestätischen Zwergenhallen unter den Bergen zu stehen. Der beeindruckende Auftritt kam nur einmal ins Stocken, als eine kalte Windböe aufkam, die so heftig war, dass die Wimpel und Fahnen an den Holzbauten knatterten. Fi fröstelte, doch nur Augenblicke später wurde sie wieder von den Strahlen der Sonne gewärmt und die Zwerge setzten ihr
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