Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Titel: Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
Vom Netzwerk:
Trommelspiel fort. Fi blickte misstrauisch zum Himmel empor, der sich blau und nur von wenigen Schäfchenwolken bedeckt von Horizont zu Horizont spannte. Fi erinnerte sich nur zu gut an den kalten Windhauch, dem sie vormittags auf dem Weg zum Wasserschloss ausgesetzt gewesen waren. Hatte der Quacksalber etwa auch Luftelementare in seinem Bestand?
    Die Zwerge beendeten ihren Auftritt und genossen zufrieden den Applaus, der ihnen entgegenbrandete. Anschließend räumten sie die Bühne für einen Querflötenspieler in einem rot-gelben Umhang, der das Publikum für Fis Geschmack etwas zu selbstgefällig begrüßte. Irrte sie sich, oder bestanden die Klappen über den Tonlöchern seines Instruments tatsächlich aus magischem Mondeisen? Der Musiker setzte die lange Querflöte an die Lippen und stimmte eine Melodie an, die Fi einen wohligen Schauer bescherte. Alle lauschten ergriffen, als sich ein Vogelschwarm der Bühne näherte. Die Vögel umflatterten den Flötenspieler in einem perfekten Kreis und begleiteten die vorgetragene Melodie mit ihrem Gezwitscher. Das Publikum klatschte verzaubert, nur Fi starrte den Musiker empört an. Bemerkte denn niemand, dass das dieselben Vögel waren, die erst zwei Stunden zuvor die Hochseilakrobaten aus dem Gleichgewicht gebracht hatten?
    Dann trat Nikk endlich auf die Bühne und setzte sich mit der Leier auf einen Stuhl. Auf seiner muskulösen Brust spiegelte sich die Sonne, das lange Haar wehte im Wind und sein strahlendes Lächeln entlockte Fi einen Seufzer, bevor er auch nur einen Ton angeschlagen hatte. Er griff in die Saiten der Leier und überall im Publikum begannen die Frauen zu juchzen und verzückt zu lächeln. Schräge Klänge wehten von der Bühne und weckten in Fi die unstillbare Sehnsucht, sich vom Wellenspiel des Meeres zu fernen Gestaden treiben zu lassen. Nikks Gesang war betörend und eine einzige Huldigung an die Liebe. Wen interessierte es, ob er jeden Ton sicher traf? Und wen interessierten die entgeisterten Blicke, die ihm nicht nur Ritter Egbert, sondern zahlreiche andere Männer zuwarfen? Sein unvergleichliches Leierspiel erinnerte an die quiekenden Laute von Delfinen, die die Sturmflut gegen eine schroffe Felswand schleuderte. Fi traten Tränen der Rührung in die Augen. Sie wollte zur Bühne laufen, um Nikk näher zu sein, doch der Weg war versperrt. Dutzende Zuhörerinnen drängten sich kreischend vor Begeisterung nach vorn und stürmten die Bühne. Nikk schaffte es gerade noch aufzustehen, als sich ihm die ersten Frauen auch schon an den Hals warfen und ihn zu Boden rissen. Sein Spiel endete abrupt und Fi fühlte sich wie von einer Last befreit. Der Marktmeister winkte drei Soldaten heran, die umgehend damit begannen, die juchzende Schar auseinanderzutreiben. Verwirrt lösten sich die Frauen von Nikk. Der Meermann erhob sich und nahm missmutig die Leier in Augenschein. Gleich zwei Saiten waren gerissen. »Hat jemand Ersatzsaiten?«, rief er seinen musikalischen Mitstreitern zu, erntete jedoch nur gehässige Blicke.
    »Tja«, der Marktmeister zuckte hilflos mit den Achseln. »Wenn Ihr nicht noch ein anderes Instrument, ähm, beherrscht, befürchte ich, dass Eure Vorstellung vorüber ist.« Seine Stimme ging fast im Tumult vor der Bühne unter, wo die Frauen von schimpfenden Ehegatten und Vätern in Empfang genommen wurden. Nikk ignorierte die schmachtenden Blicke, die ihm einige von ihnen immer noch zuwarfen, und verließ die Bühne.
    »Ich hoffe, du bist erfolgreicher«, zischte er gereizt, als er an Fi vorbeikam. Die schüttelte bloß den Kopf. Hätte nicht so viel auf dem Spiel gestanden, wäre sie über Nikks Versuch, den Wettbewerb mit seinem Meermanncharme zu gewinnen, ziemlich wütend gewesen.
    Als letzter Musiker trat nun der seltsame Minnesänger mit der Geige auf. Sein Blick wirkte trotzig und ohne auf die Ankündigung des Marktmeisters zu warten, klemmte er das Streichinstrument zwischen Kinn und Schulter und ließ den Bogen mit einer Virtuosität über die Saiten fliegen, dass Fi den Atem anhielt. Auch das Publikum lauschte ergriffen. Die Töne, die der Fremde seiner Geige entlockte, waren zunächst elegisch und sanft, steigerten sich dann aber zu einem atemberaubenden Tempo mit einem schillernden Klangbild, wie es Fi einem menschlichen Musikanten nie zugetraut hätte. Dann begann der Minnesänger sein Spiel mit Gesang zu begleiten. Traurig sang er von verlorener Freiheit und vergebener Hoffnung und Fi war sich sicher, dass es niemanden im

Weitere Kostenlose Bücher