Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
Eulertin ausgerechnet jetzt in Hammaburg ist«, sagte Nikk. »Er jagt den Hexenmeister doch schon so lange.«
Tandarin sah überrascht zu ihm auf.
»Keine Angst, Meermann, ich werde schon dafür sorgen, dass sich Thadäus den Puppenmacher vornimmt«, grollte Dystariel.
»Ihr sprecht von dem Thadäus Eulertin?«, krächzte Tandarin mit leichter Überraschung.
»Schnauze, ich stelle hier die Fragen!« Dystariel packte den Gefangenen grob. »Also, Spitzohr, wenn du den Hexenmeister schon so lange kennst: Wie lautet Finsterkrähes richtiger Name?«
»Ihr seid also nicht hinter mir, sondern hinter Finsterkrähe her?«
»Du sollst meine Frage beantworten«, knurrte die Gargyle. Drohend fuhr sie die Krallen an seinem Hals aus.
»Warte«, röchelte Tandarin. »Ich habe ihm stets geraten, seinen Namen nicht zu enthüllen. Es ist viel zu gefährlich, wenn ein anderer Magier davon erfährt.«
»Was soll diese Fragerei nach dem richtigen Namen Finsterkrähes?«, unterbrach Nikk die beiden.
»Thadäus versucht schon lange, ihn in Erfahrung zu bringen«, erwiderte die Gargyle. »Namensmagie, begreifst du? Wenn ein Magier den wahren Namen seines Gegners kennt, kann er damit alle Zauber verstärken, die er gegen ihn richtet.« Dystariel packte Tandarin noch fester. »Also, kennst du den Namen?«
»Nein.«
Fi sah sich misstrauisch im Innenraum des Wagens um. Überall hingen Marionetten von der Decke. Die meisten Puppen waren überaus kunstvoll geschnitzt, hatten liebevoll gestaltete Kostüme und ihre puppenhaften Gesichter wirkten fast wie echt. Unter ihnen befanden sich Tänzerinnen, Ritter, Adlige, Kaufleute, Richter und viele andere Würdenträger mehr. Fi betrachtete eine der Puppen näher und sah zu ihrem Erstaunen, dass sie aus dem rötlichen Holz der Golderle geschnitzt war. Moment, die meisten Puppen bestanden aus dem magischen Holz!
»Weißt du wenigstens, wo sich Finsterkrähe jetzt aufhält?«, wollte die Gargyle wissen.
»Er könnte überall sein. Als die Feuermagier aus Halla ihm anboten, ihn zu einem richtigen Magier auszubilden, ging er nicht mit leeren Händen. Der Dreckskerl hat mich bestohlen. Er hat mir eine magische Schelmenmaske abgenommen, mit der man die Gestalt jeder beliebigen Person annehmen kann.«
»Finsterkrähe ist also ganz nebenbei auch noch ein Dieb«, warf Nikk ein. »Hat uns Magister Eulertin nicht ebenfalls berichtet, dass ihm der Hexenmeister etwas gestohlen habe?«
»Ja, den Splitter eines Edelsteins, mit dem sich der Nordwind kontrollieren lässt«, fauchte die Gargyle. »Und diese Schelmenmasken sind leider ebenfalls sehr machtvoll. Morgoya besaß eine. Sie sind überaus selten, denn das Wissen um ihre Herstellung ist in den Schattenkriegen verloren gegangen.« Lauernd beugte sie sich über Tandarin. »Da fragt man sich doch gleich, woher du eine von ihnen hattest?«
»Die Maske war ein Geschenk«, keuchte Tandarin, der unter Dystariels Griff schmerzhaft das Gesicht verzog. »Und dass ich nicht der Einzige bin, den Morbus Finsterkrähe bestohlen hat, wundert mich nicht. Er war schon immer ein Sammler. Versteht ihr? Und er ist ein Meister der Verstellung. Ich habe selbst viel zu spät begriffen, wie gefährlich er ist. Seine beiden Lehrmeister aus Halla werden noch bitter bereuen, dass sie ihn aufgenommen und ausgebildet haben.«
»Sie sind tot«, erklärte Fi. Sie trat zwischen den vielen Marionetten hindurch an den Werktisch und nahm erstaunt ein Schnitzmesser mit mondeiserner Klinge auf. Der Knauf war wie ein Rabenkopf gestaltet. »Morbus Finsterkrähe hat Magister und Magistra Flammenhöh vergiften lassen.«
»Das sieht ihm ähnlich«, keuchte der alte Elf. »Also gut, ich kann euch sagen, wo er ist«, fügte er hastig hinzu. »Er ist hier. Er hat es auf das Füllhorn abgesehen.«
Fi drehte sich alarmiert zu Tandarin um. »Wie bitte?«
»Ich kann ihn, sagen wir mal, spüren.« Tandarins Blick flatterte.
Nikk ballte die Fäuste. »Ich wusste es. Ein so machtvoller Gegenstand ruft früher oder später finstere Mächte auf den Plan.«
Dystariel lockerte ihren Griff und funkelte Tandarin misstrauisch an. »Woher der plötzliche Sinneswandel?«, knurrte sie. »Ich denke, er könnte überall sein?«
»Ich wollte damit nur sagen, dass ihr ihn nicht erkennen würdet. Aber er ist ganz in der Nähe. Da bin ich mir sicher. Ich fühle seine Gegenwart seit meiner Ankunft in Rüstringen. Er beobachtet den Ort. Und ich fühle, dass er etwas ausheckt.«
»Du lügst doch«, knurrte
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