Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
Instinktiv deutete sie zu einer Erhebung, die der Wasserburg als Fundament diente. Ich glaube, wir sollten dort suchen.
Nikk legte den Kopf schief. Vermutlich hast du Recht. Er zog Fi in Richtung Burg und sie suchten den Sockel ab, der aus dicken Quadern und schroffem Felsgestein bestand. Fis Verdacht, dass bei der Entstehung der Burg und des Sees mit magischen Mitteln nachgeholfen worden war, bestätigte sich.
Wir sollten vorsichtig sein, sandte Nikk in Gedanken. Wachsam hielt er nach den Undinen Ausschau. Doch von den Flussnixen war nichts zu sehen. Dafür gestaltete sich die Suche nach dem Zugang zur Grotte langwieriger als gedacht. Fi wollte Nikk bereits eingestehen, dass sie sich wohl geirrt hatte, als ihr eine im Schatten des großen Wehrturms liegende Felsformation auffiel, die dem Gesicht eines freundlich dreinblickenden Wassermanns mit Flossenohren und weit geöffnetem Mund nachempfunden war.
Tatsächlich, die Mundöffnung erwies sich als überflutete Felsröhre, die unter die Burg führte. Nikk zwinkerte Fi aufmunternd zu und schwamm mit kräftigem Flossenschlag in den dunklen Tunnel hinein. Fi tauchte ihm mit einem gedanklichen Seufzer hinterher.
Zu ihrem Erstaunen blieb es nicht lange dunkel, denn von den Wänden des Tunnels ging ein mattes Leuchten aus. Fi folgte Nikk und sah, dass sich der Tunnel gabelte. Der Meermann tastete sich vorwärts und sie gelangten zu einer weiteren Kreuzung. Das hier ist offenbar ein Sicherungssystem, erklang Nikks Stimme in Fis Kopf. Luftatmer dürften spätestens hier aufgeben.
Sie schwammen weiter durch das Tunnelgewirr, bis sich einer der Gänge weitete und sie in ein großes, halbmondförmiges Becken kamen, dessen Seitenwände mit dunkelblauem Schiefer ausgekleidet waren. Über ihnen tanzten blaue, goldene und silberne Lichtreflexe auf dem Wasser. Am Beckenrand wurde das Wasser von zahlreichen Luftblasen aufgewirbelt und ein dumpfes Rauschen war zu hören.
Fi durchstieß die Wasseroberfläche und erblickte einen künstlichen Wasserfall, der aus fast drei Metern Höhe herabstürzte. Sie hatten die Undinengrotte gefunden. Würgend spie Fi einen Schwall Wasser aus und schöpfte keuchend Atem. Doch der Anblick, der sich ihr nun bot, entschädigte sie für all die Mühen.
Von der Decke baumelten auf unterschiedlichen Höhen silberne Laternen in Forellengestalt, die wie ein Fischschwarm angeordnet waren. Ein geheimnisvolles Dämmerlicht ging von den unzähligen Fischaugen aus, die mit Aquamarinen besetzt waren. In jedem Edelstein glühten kleine und große Funken in allen Blauschattierungen. Fi entdeckte auch die große Harfe aus Flussgold, mit der Loreline ihre Zuhörer am Nachmittag verzaubert hatte. Ihr Blick wanderte langsam weiter zu einer mit goldenen Einlegearbeiten überzogenen Liege und blieb schließlich an einem muschelförmigen Wasserbecken hängen, an dessen Rand hohe Vasen aus reinstem Bergkristall mit Sträußen aus weißgelben Wasserfedern, gelbem Fieberklee und roten Wasserrosen aufgestellt waren.
»Na, habe ich zu viel versprochen?«, flüsterte Nikk neben ihr. Er nahm wieder seine elfische Gestalt an und zog sich am Beckenrand empor. Fi tat es ihm nach und trat tropfnass zwischen die Kostbarkeiten. Die Grottenwände waren mit Nischen versehen, in denen wunderschön gestaltete Kristall- und Goldpokale ruhten. Unmittelbar neben Fi erhob sich ein aus grünem Flussspat gefertigtes Podest, auf dem eine fast kürbisgroße Muschel lag. Aus ihrem Innern hallte beständig ein rhythmisches Glucksen und Plätschern, das sich mit dem Rauschen des Wasserfalls zu einer sanften Melodie vereinte. Ehrfürchtig passierte Fi die große Harfe aus Flussgold und entdeckte im matten Licht der Forellenlaternen eine gepolsterte Schaukel, die von der Höhlendecke hing. Wer darauf saß, konnte sich in einem großen Silberspiegel an der Grottenwand betrachten, dessen geschwungener Rahmen aus kristallisiertem Salz gefertigt war. Oben lief der Rahmen in einem imposanten Froschkopf aus, dessen Glupschaugen ebenfalls mit leuchtenden Aquamarinen besetzt waren. Die Schaukel und der Spiegel gehörten zu einem Ankleide- oder Schminkplatz, denn daneben standen Kleiderständer, an denen transparente Gewänder aus gesponnenem Seegras hingen. Fis Finger glitten über die kostbaren Gold- und Silberborten der Stoffe, bis sie eine mit Perlmutt überzogene Kommode erblickte. Sie bot gleich mehreren großen Muschelschalen Platz, die bis zum Rand mit goldenen Haarspangen in Form von
Weitere Kostenlose Bücher