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Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4

Titel: Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Meermann. »Dystariel wird schon dafür sorgen, dass er sich Mühe gibt. Jetzt müssen wir los!«
    Fi war noch immer nicht wohl bei dem Gedanken an ihr Vorhaben. »Aber vorher werde ich auch das hier vernichten.« Wütend warf sie Tandarins Narrenstab ins Feuer. Der verdrehte Stab mit den Bändern und dem Harlekinkopf landete in den Flammen und abermals wirbelten Funken empor. Doch zu Fis Ärger bot der Stab den Flammen ebenso wenig Nahrung wie die verzauberten Buchschlösser aus Mondeisen. So wie sie lag er unberührt in der Glut, nicht einmal die Bänder wurden versengt.
    »Das habe ich befürchtet«, seufzte Nikk. »Ein Zauberstab lässt sich nicht so leicht zerstören. Wir werden uns später darum kümmern, in Ordnung? Das Füllhorn ist erst einmal wichtiger.« Er reichte Fi die Hand.
    »Warte.« Mit einem Stock schob sie den Narrenstab und die Buchschlösser aus den Flammen. Die verzauberten Mondeisenobjekte verbarg sie unter einer Lage Erdreich, das sie rasch wieder feststampfte. Tandarins Zauberstab verpasste sie einen Tritt, sodass er unter die Bühne rollte. Dort würde er hoffentlich nicht so schnell gefunden werden. Anschließend ließ sie sich von Nikk zum Wasser führen.
    »Bist du bereit?«, fragte der Meermann. Fi nickte und schloss die Augen. Nikk umfasste liebevoll ihren Kopf und küsste sie. Es war wie vor wenigen Tagen im Meer. Fi spürte im ganzen Körper ein berauschendes Prickeln. Ohne sich dessen bewusst zu sein, drängte sie sich gegen Nikks muskulösen Leib und gab sich seinen Lippen hin. Er schmeckte köstlich nach Meerschaum. Ihre Hände wühlten sich wie bei einer Ertrinkenden in seine Haare und sie erwiderte den Kuss immer leidenschaftlicher. Die Berührungen seiner Hände auf ihrer erhitzten Haut fühlten sich wie kühle Gischtspritzer in einer heißen Sommernacht an. Fi vergaß alles um sich herum – bis sich Nikk ihr plötzlich entzog.
    Aufgewühlt öffnete Fi die Augen und begriff erst jetzt, dass Nikk sie längst ins Wasser gezogen hatte. Über ihnen glitzerte die Oberfläche des Sees im ersterbenden Schein des Feuers und sie atmete das Wasser wie Luft. Nikk hatte wieder seine Meermanngestalt angenommen und befand sich unmittelbar vor ihr. Die Kiemenspalten hinter den Ohren öffneten und schlossen sich ruhig und zärtlich streichelte er mit dem Daumen über Fis Lippen.
    Solltest du dich dazu entschließen, mit mir zu kommen, erklang seine Stimme in ihrem Kopf, könntest du das jeden Tag haben.
    Ich denke darüber nach, antwortete Fi aufgewühlt. Nikks Nähe fühlte sich gut an. Am liebsten hätte sie sich ihm noch einmal an den Hals geworfen. Sollte er je sein Versprechen vergessen und sie endgültig mit seinem Meermanncharme bezirzen, wäre sie verloren. Sie würde ihm vermutlich bis in den Schlund eines Riesenhais folgen – mit einem seligen Lächeln auf den Lippen.
    Nikk fasste ihre Hand und mit einem kräftigen Flossenschlag zog er sie tiefer in den See hinein. Dank des Mondlichts waren die Sichtverhältnisse weitaus besser als im Meer vor der Sireneninsel. Fi sah sich um und entdeckte, dass die Undinen im See einen faszinierenden Lustgarten aus Wasserpflanzen und verspielt wirkenden Säulenbauten und Statuen geschaffen hatten. Sie glitt hinter Nikk eine Allee aus Marmorsäulen entlang, die mit Fischen und Flusskrebsen bemalt waren. Zwei im Mondschein schimmernde Karpfen ruderten träge vorbei. Inmitten eines lichten Waldes aus Tausendblatt und grünen Froschbissgewächsen, deren lange Stängel bis zur Seeoberfläche reichten, standen zu ihrer Rechten marmorne Statuen von Musikanten aus allen Völkern. Unter ihnen befanden sich Elfen mit Leiern, menschliche Minnesänger, Kobolde mit Flöten und sogar kleine Wichtel mit Klangschalen in den Händen. Die ganze Szenerie strahlte etwas Heiteres aus.
    Nikk schien das alles nicht zu beachten. Er schwamm unbeirrt auf die künstliche Felseninsel zu, von der aus die Undinen am Nachmittag dem Treiben auf der Bühne zugesehen hatten. Der Sockel der Insel war ringsum mit Skulpturen geschmückt, die tanzende und singende Undinen darstellten.
    Wo vermutest du den Zugang?, ertönte Nikks Stimme in Fis Kopf.
    Fi wandte den Blick von einem mit Schneckenhäusern geschmückten Becken am Seegrund ab, von dem unentwegt Luftblasen zur Oberfläche des Sees aufstiegen. Sicher kribbelte es, wenn man durch die Blasen schwamm.
    Wie bitte?, fragte sie kichernd.
    Fi, du musst dich konzentrieren, erwiderte Nikk ernst.
    Entschuldige. Fi riss sich zusammen.

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