Der Simulant
Handtuch auf der Kommode bereitlegen, das müsse ich dann auf dem Boden ausbreiten, aber rechtzeitig, um die Sti m mung nicht kaputtzumachen.
Bevor sie in die Dusche gehe, werde sie das Schla f zimmerfenster öffnen.
Jedenfalls stehe ich jetzt nackt im Kleiderschrank zw i schen ihren chemisch gereinigten Sachen; ich habe die Strumpfhose über den Kopf gezogen und die Sonne n brille aufgesetzt, ich halte das stumpfste Messer in der Hand, das ich finden konnte, und warte. Das Handtuch ist auf dem Boden ausgebreitet. Mein Gesicht in der Strumpfhose glüht, der Schweiß rinnt in Strömen. Die Haare kleben mir am Kopf und jucken.
Nicht am Fenster, hatte sie gesagt. Auch nicht am Kamin. Ich soll sie in der Nähe des Schranks verg e waltigen, aber nicht zu nah daran. Ich soll das Han d tuch an einer abgenutzten Stelle ausbreiten, wo eve n tuelle Spuren auf dem Teppich nicht weiter auffallen würden.
Das Mädchen heißt Gwen. Ich habe sie in einer Buc h handlung bei den Regalen mit Suchtratgebern kennen gelernt. Schwer zu sagen, wer da wen aufgegabelt hat. Sie tat so, als läse sie in einem Zwölfstufenbuch über Sexsucht, und ich trug meine Tarnhose, die mir schon oft Glück gebracht hatte, umkreiste sie mit e i nem Exemplar desselben Buchs und dachte, eine g e fährliche Liebschaft mehr kann jetzt auch nicht mehr schaden.
Vögel tun es. Bienen tun es.
Ich brauche diese Woge von Endorphinen. Zur Beruh i gung. Ich lechze nach Phenyläthylamin. Das bin ich nämlich. Ein Süchtiger. Na und?
Dann saßen wir im Cafe der Buchhandlung, und Gwen sagte, ich solle ein Seil besorgen, aber nicht aus N y lon, das sei zu schmerzhaft. Von Hanf bekäme sie Ausschlag. Schwarzes Isolierband gehe auch, aber nicht auf den Mund. Auf keinen Fall Klebeband.
»Klebeband abreißen«, sagte, sie, »finde ich ungefähr so erotisch, wie mir die Beine enthaaren zu lassen.«
Wir verglichen unsere Terminkalender. Donnerstag ging nicht. Freitag musste ich zu meiner Sexsuch t gruppe. Diese Woche war für mich also nichts mehr drin. Am Samstag musste ich zum St. Anthony ’ s. Sonntags half sie regelmäßig beim Bingoabend ihrer Kirche aus, deshalb einigten wir uns auf Montag. Mo n tag um neun, nicht um acht, weil sie erst spät von der Arbeit nach Hause kam, und nicht um zehn, weil ich am nächsten Morgen früh zur Arbeit musste.
Und dann ist der Montag da. Das Isolierband liegt b e reit. Das Handtuch ist ausgebreitet, und als ich mit dem Messer auf sie losgehe, fragt sie: »Ist das etwa eine von meinen Strumpfhosen?«
Ich drehe ihr einen Arm auf den Rücken und lege ihr die eiskalte Klinge an die Kehle.
»Das gibt ’ s doch gar nicht«, sagt sie. »Das war nicht abgemacht. Ich habe gesagt, du darfst mich vergewa l tigen. Ich habe nicht gesagt, dass du meine Strump f hose ruinieren sollst.«
Mit der Messerhand packe ich sie vorn am Bademantel und versuche, ihn ihr von der Schulter zu zerren.
»Halt, halt, halt«, sagt sie und schlägt meine Hand weg. »Lass mich das machen. Du reißt ihn ja noch kaputt.« Sie windet sich von mir los.
Ich frage, ob ich die Sonnenbrille abnehmen darf.
»Nein«, sagt sie und zieht den Bademantel aus. Sie tritt an den offenen Schrank und hängt das Ding auf einen gepolsterten Bügel.
Aber ich kann doch kaum was sehen.
»Sei nicht so egoistisch«, sagt sie. Sie ist jetzt nackt. Sie nimmt meine Hand und drückt sie sich ums Han d gelenk. Dann dreht sie sich selbst den Arm auf den Rücken und drängt ihren nackten Hintern an mich. Mein Schwanz richtet sich immer höher auf, ihre wa r me, feuchte Arschspalte schmiert mich ein, und sie sagt: »Ich brauche das. Du musst als Angreifer g e sichtslos sein.«
Ich sage, es sei mir einfach zu peinlich, eine Strump f hose zu kaufen. Ein Mann, der eine Strumpfhose kauft, ist entweder kriminell oder pervers; in beiden Fällen wird die Kassiererin sich kaum auf das Geschäft einlassen.
»Mensch, hör auf zu jammern«, sagt sie. »Bis jetzt hat noch jeder, der mich vergewaltigt hat, seine Strump f hose selber mitgebracht.«
Und außerdem, sage ich, wenn man sich die Strump f hosen im Laden ansieht, gibt ’ s die in allen Farben und Größen. Haut, Anthrazit, Beige, Braun, Schwarz, K o balt. Aber nie gibt ’ s welche in Kopfgröße.
Sie wendet sich ab und stöhnt. »Darf ich dir was s a gen? Darf ich dir was sagen? Nur eins?«
Ich sage: Was denn?
Und sie sagt: »Du hast einen furchtbar schlechten Atem.«
Im Buchhandlungscafe, als wir die Sache noch pla n ten, hatte
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