Der Simulant
knirschend auf dem Bürgersteig. Das glückliche Pä r chen, inzwischen zwei Straßen entfernt, steht immer noch wie angewurzelt da.
Ich trabe neben ihm her, werfe den rosa Puppenkopf von einer Hand in die andere und sage: »Mann. Wir müssen umkehren.«
Denny sagt: »Wir müssen erst noch zum 800er-Block.«
Was gibt ’ s denn da?
»Vermutlich gar nichts«, sagt Denny. »Das Gelände hat meinem Onkel Don gehört.«
Die Häuser hören auf, der 800er-Block ist unbebautes Land, erst im Block danach gehen die Häuser weiter. Eine mit hohem Gras bewachsene Fläche, gesäumt von alten Apfelbäumen, deren runzlige Rinde sich in die Dunkelheit schraubt. Dahinter ein größeres G e büsch, Brombeersträucher und Gestrüpp, alles voller Dornen, das ganze übrige Gelände frei.
An der Ecke steht eine Schautafel, weiß gestrichenes Sperrholz; in der oberen Hälfte sieht man Reihenhä u ser aus rotem Backstein mit Blumenkästen vor den Fenstern, aus denen Leute winken. Darunter in schwarzen Buchstaben: Demnächst auch hier – Me n ningtown-Landhäuser. Der Erdboden unterhalb der Tafel ist mit abgeblätterten Farbflocken bestreut. Aus der Nähe betrachtet, ist die Tafel verzogen, die Häuser darauf rissig, das Rot des Gemäuers verschossen.
Denny kippt den Sandsteinblock aus dem Kinderwagen in das hohe Gras neben dem Bürgersteig. Er schüttelt die rosa Decke aus und reicht mir zwei Zipfel. Wir fa l ten die Decke zusammen, und Denny sagt: »Wenn es so was wie das Gegenteil eines Vorbildes gibt, dann ist es mein Onkel Don.«
Dann wirft er die gefaltete Decke in den Kinderwagen und schiebt in Richtung Zuhause ab.
Ich rufe hinter ihm her: »Mann! Willst du den Stein denn nicht?«
Und Denny sagt: »Diese Mütter gegen Alkohol am Steuer, was glaubst du, was die für eine Party g e schmissen haben, als der alte Don Menning gestorben ist.«
Ein Windstoß drückt das hohe Gras nieder. Außer Pflanzen lebt hier jetzt niemand, und jenseits der we i ten dunklen Fläche sieht man die beleuchteten Vera n den der Häuser auf der anderen Seite. Dazwischen das schwarze Zickzackmuster der Apfelbäume.
»Und«, sage ich, »ist das jetzt ein Park oder was?«
Und Denny sagt: »Nicht direkt.« Im Weitergehen sagt er: »Es gehört mir.«
Ich werfe ihm den Puppenkopf zu und sage: »Echt?«
»Seit meine Leutchen mich vor ein paar Tagen ang e rufen haben«, sagt er. Er fängt den Kopf und lässt ihn in den Wagen fallen. Wir gehen unter Laternen an dunklen Häusern vorbei.
Meine Schnallenschuhe blinken. Ich stopfe die Hände in die Hosentaschen und sage: »He, Dude.« Ich sage: »Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich Jesus Chri s tus irgendwie ähnlich bin, oder?«
Ich sage: »Bitte, sag Nein.«
Wir gehen weiter.
Denny schiebt den leeren Kinderwagen und sagt: »Sieh den Tatsachen ins Auge, Mann. Du warst kurz davor, auf dem Tisch des Herrn Sex zu machen. Du bist schon mitten in der Schamspirale.«
Wir gehen weiter, die Wirkung des Biers lässt nach, und plötzlich ist die Nachtluft erstaunlich kalt.
Ich sage: »Bitte, Mann. Sag mir die Wahrheit.«
Ich bin kein guter Mensch, ich bin nicht freundlich und mitfühlend oder sonst so was Bescheuertes.
Ich bin nichts als ein gedankenloser, hirntoter Vers a ger. Damit kann ich leben. So bin ich nun mal. Ein mösengeiles, arschfickendes, schwanzschwingendes, beschissenes, hilfloses sexsüchtiges Arschloch, und das darf ich nie, niemals vergessen.
Ich sage: »Sag mir noch einmal, dass ich ein unse n sibles Arschloch bin.«
27
Für heute Abend ist Folgendes geplant: Während das Mädchen unter der Dusche steht, verstecke ich mich im Schlafzimmerschrank. Wenn sie dann rauskommt, glänzend von Schweiß, das ganze Zimmer voll mit Dampf und Haarspray und Parfüm, trägt sie nichts am Leib als einen mit Spitzen besetzten Bademantel. Ich stürze aus dem Schrank, eine Strumpfhose überm Kopf, zusätzlich eine Sonnenbrille vorm Gesicht. Ich werfe sie aufs Bett. Ich halte ihr ein Messer an die Kehle. Dann vergewaltige ich sie.
Ganz einfach. Immer weiter auf der Schamspirale.
Du musst dich nur immer fragen: » Was würde Jesus nicht tun?«
Nur darf ich sie nicht auf dem Bett vergewaltigen, sagt sie, das gibt Flecken auf der blassrosa Seidendecke. Auch nicht auf dem Fußboden, weil der Teppich ihr die Haut aufscheuern würde. Wir haben uns dann doch auf den Fußboden geeinigt, abe r auf einem Handtuch. Aber keins von den guten Gästehandtüchern, hat sie gesagt. Sie werde ein vergammeltes altes
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