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Der Simulator

Der Simulator

Titel: Der Simulator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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entsprechende Anzeichen zu achten. Bei mir selbst hatte ich noch nichts Derartiges bemerkt. Im Gegenteil, meine seltenen Besuche in der künstlichen Welt deprimierten mich mehr, als dass sie mich ermunterten, meinen Aufenthalt zu verlängern.
    »Später, Stefan, später.« Ich gähnte. Zur Nervosität kam Müdigkeit hinzu. Keine gute Voraussetzung für konzentrierte Arbeit. Ich wollte gerade den Aufzug nehmen, um in mein Büro zu fahren, als Hauptkommissar Bartels aus der Kabine stieg. Er lief mir geradewegs in die Arme.
    »Entschuldigen Sie bitte, ich möchte zum Kontrollraum«, sagte er förmlich, während er sich umsah. »Ich suche den Leiter, Herrn Marc Lapierre.«
    Hatte ich mich bereits darüber gewundert, dass man einen Fremden alleine in unser Allerheiligstes ließ – unter einem Sicherheitschef Draganski wäre das sicher nicht passiert – verblüffte mich Bartels Desorientierung umso mehr. Es schien, als wäre er niemals hier unten gewesen, und auch ich war ihm offenbar unbekannt.
    »Herr Bartels...« Ich brach ab. Wenn er den Kontrollraum und mich nicht erkannte, dann hatte es vermutlich keinen Sinn, nach dem Vermissten Bogdan zu fragen. Niemand schien sich an den verschwundenen Sicherheitschef zu erinnern, weder Kowalski, noch Stefan Kurz noch Werner Schmitt, mein alter Lehrer.
    »Kennen wir uns, Herr...?«
    »Lapierre«, antwortete ich automatisch.
    »Sie sind Marc Lapierre?« Er gab mir die Hand. »Freut mich. Darf ich fragen, woher wir uns kennen?«
    »Wir wurden uns auf einem dieser Empfänge vorgestellt.« Ich blieb absichtlich vage.
    »Hm, auf einem Empfang, sagen Sie?« Er kratzte sich am Kopf. »Das ist durchaus möglich. Mein Gedächtnis lässt mich in letzter Zeit manchmal im Stich.« Für einen kurzen Augenblick schien er besorgt, doch dann wurde er wieder ganz Amtsperson. »Leider ist der Grund unseres erneuten Zusammentreffens nicht ganz so angenehmer Art«, begann er. »Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat ein Verfahren um den Tod von Norbert Blinzle eingeleitet. Überraschend, wie ich hinzufügen möchte, denn bisher schien man der Meinung, es handele sich um einen simplen Unfall.« Bartels hob die Hände. »Wie dem auch sei, die Polizei ermittelt, ich ermittle, und Sie gehören leider zu den wenigen Personen, die ich befragen kann.«
    »Aber ich habe Ihnen doch...« Wieder brach ich ab. Es war vermutlich schlauer, dieses Spiel mitzumachen und nicht unangenehm aufzufallen.
    »Ja, Herr Lapierre?«
    »Ich stehe Ihnen natürlich zur Verfügung.«
    »Gut, sehr gut.« Er nahm einen altmodischen Block aus der Tasche und warf einen Blick drauf. »Wo waren Sie als sich der ... Unfall ereignete? Das war der siebzehnte August, wenn meine Informationen zutreffend sind.«
    »Ich hatte Urlaub.«
    »Verstehe, Urlaub. Auch am siebzehnten?«
    »Den ganzen August eigentlich.«
    »Den ganzen August, gut.« Er räusperte sich. »Und wo haben Sie diesen ... Urlaub verbracht?«
    »In meiner Hütte in den Bergen.«
    »In welchen Bergen?«
    »Die Hütte befindet sich in den Alpen.« Ich wollte meine zweite Chance besser nutzen und unterschlug deshalb die kompromittierende Länderangabe.
    »Eine einsame Hütte, vermute ich?«
    »Ja, sehr einsam.«
    »Keine Zeugen.«
    »Keine.«
    Hauptkommissar Bartels schien sich unschlüssig, was er aufschreiben sollte. Offenbar hielt er meine Informationen für dürftig, denn er klappte den Block unverrichteter Dinge wieder zu. »Wann haben Sie vom ... Tod Ihres Vorgesetzten erfahren?«
    »Erst bei meiner Rückkehr nach Deutschland.«
    »Kein Telefon, kein Internet, keine Zeitungen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe einen kleinen Fernseher, den ich aber fast nie einschalte.«
    »Ich verstehe.« Eine Weile schien er in sich versunken.
    »Werde ich verdächtigt?« wagte ich zu fragen.
    »Wie?« Bartels schien wieder zu sich zu kommen. »Nein, wenn Sie mich fragen, dann halte ich Sie nicht für verdächtig. Aber Ihr ... Alibi ist nicht gerade felsenfest.«
    »Die Alpen...«
    »...liegen um die Ecke. In einem halben Tag könnten Sie hin und her gefahren sein.«
    »Sie können das überprüfen.«
    »Und das werden wir auch. Aber«, er griff sich an die Nase, »meine Nase sagt mir, dass wir nichts finden werden.« Er lächelte. »Haben Sie vor zu verreisen, Herr Lapierre?«
    »Zu verreisen? Eigentlich nicht.«
    »Das ist gut. Verreisen Sie nicht. Bleiben Sie hier.« Er verabschiedete sich und ließ mich stehen.
    Die Ermittlungen schienen wieder in Gang gekommen zu sein. Auch

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