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Der Simulator

Der Simulator

Titel: Der Simulator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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nach der Vorbeugung von Herz-und Kreislauferkrankungen. Absichtlich hatte ich den Bogen zur medizinischen Forschung geschlagen, um als Höhepunkt das Ende von Menschen-und Tierversuchen zu verkünden.
    »Wir könnten neue Medikamente und neue Therapien im Simulator testen. Keine langwierigen klinischen Erprobungsphasen mehr, dafür optimale Dosierungen und minimale Nebenwirkungen.« In diesem Stil fuhr ich fort, bis ich selbst beinahe glaubte, was ich da erzählte. Tatsächlich wäre vieles davon möglich, aber ich bezweifelte, dass Kowalski als Wohltäter der Menschheit auftreten wollte.
    Als ich fertig war, brandete Applaus auf. Wenn ich die nüchternen Presseleute begeistern konnte, dann würden die Online-Ausgaben der Zeitungen und die TriVid-Magazine den Simulator in den Himmel loben. Kowalskis Plan schien aufzugehen. Ich hatte ihm zwar geholfen, aber im Gegenzug hatte auch ich Zeit gewonnen. Nach den schönen Versprechungen, die ich gegeben hatte, hing die Messlatte für unsere Arbeit sehr hoch. Wir mussten bald etwas vorweisen. Solange stünden Kowalskis politische Machenschaften hinten an. Das hoffte ich zumindest.
    Die darauf folgende Fragerunde verstärkte meinen ersten Eindruck. Es wurden nur sehr wenige kritische Fragen gestellt. Kowalski beantwortete sie mit der erwarteten Souveränität. Aber auch ich schlug mich beachtlich, wenn es um technische Dinge oder die Aussicht auf weitere Segnungen der Simulatortechnik ging.
    Schließlich leerte sich der Sitzungsraum. Die Aufnahmetechnik verschwand wieder in ihre Transportkoffer, und die Minihubschrauber flogen zu den Übertragungswagen zurück.
    Kowalski klopfte mir auf die Schulter. »Sie haben ja ungeahnte Qualitäten, Marc.« Er grinste breit. »An ihnen ist ein zweiter Cicero verlorengegangen.«
    Auch ich war mit mir zufrieden. Deshalb konnte mich Kowalskis Lob nicht aus dem Konzept bringen. Heute hatten wir beide bekommen, was wir wollten.
    In bester Laune verließ ich das Haus. Die Demonstranten schienen mir kleinlauter als sonst. Vielleicht verspürten sie bereits den Stimmungsumschwung.
    Es gab noch eine Sache, die mir an diesem Tag auf dem Herzen lag. Ich musste Samantha erklären, warum ich mich in den vergangenen Wochen so merkwürdig verhalten hatte. Wahrscheinlich zweifelte sie an meinem Verstand. Mittlerweile vermutete ich darin den Grund für ihre Zurückhaltung.
    Vielleicht glaubte ich tatsächlich, sie fiele mir um den Hals, bedeckte mich mit Küssen und flüsterte mir ins Ohr, sie sei so froh, dass sich alles in Wohlgefallen aufgelöst habe. Doc Schmitts Theorie der exogenen Depression erschien mir so einleuchtend, so zwingend, dass sie auch Samantha überzeugen musste.
    Und es war nicht nur eine Theorie. Es ging mir gut. Das Wissen um die Ursache meiner Störung hatte ausgereicht, mich zu heilen. Seit meinem Gespräch mit dem Doc war ich ausgeglichen, hatte weder Halluzinationen noch Schwindelanfälle. Ich hatte gelernt, reale Bedrohung von nur eingebildeter zu unterscheiden.
    Leider verlief mein Gespräch mit Samantha ganz anders als erwartet.
    Nach einem kurzen Videofonat fuhr ich hinauf zu Blinzles Haus. Ich war hungrig und schlug vor, in ein nahes Biorestaurant zu gehen.
    Zufälligerweise befand sich eines im Nachbarort. Das wusste ich aus dem Grünen Restaurantführer, der eine vollständige Übersicht aller Biorestaurants in Deutschland bot. Aufgeführt waren nur Häuser, die pflanzliche und tierische Produkte verarbeiteten und auf synthetische Lebensmittel verzichteten. Obwohl biologisches Essen viele Nachteile hatte – so war es schwer verdaulich, enthielt keine gesundheitsfördernden Zusatzstoffe und schmeckte mangels Geschmacksverstärker nach wenig – schätzte ich dessen ungewöhnliche Konsistenz. Fleisch kaute sich wie Fleisch, und Bohnen quietschten wie Bohnen zwischen den Zähnen. Wenn meine Großmutter kochte, hatte sie mir immer wieder zum Probieren gegeben, und ich verband mit biologischem Essen einige der glücklichsten Tage meiner Kindheit. Leider wurde der Grüne Führer jedes Jahr ein paar Seiten dünner.
    Den Rostigen Pflug gab es schon lange. War er vor vielen Jahren wegen seiner Küche gerühmt worden, hielt er sich mittlerweile nur mit seinem Gemüseanbau und der hauseigenen Schlachtung über Wasser. Das Töten von Tieren war natürlich verboten, doch es gab zahllose Ausnahmegenehmigungen.
    Ich war ein paar Mal mit Blinzle hier gewesen – er hatte große, bluttriefende Steaks geliebt – und so begrüßte mich

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