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Der Simulator

Der Simulator

Titel: Der Simulator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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Blinzle seinen Notschlüssel versteckte. Er lag unter einem großen Blumentopf. Trotz seiner revolutionären Ideen war mein ehemaliger Chef im Grunde seines Herzens ein tiefkonservativer Mensch gewesen. Eine biometrische Türschlossanlage hatte er zutiefst verabscheut.
    Ich schloss die Terrassentür auf und stand im dunklen Wohnzimmer. Es war kalt, keine Heizung lief. Rufend lief ich durchs ganze Haus. Von Samantha keine Spur. Und was noch beunruhigender war: Das Haus wirkte unbewohnt, so unbewohnt wie ein Haus wirkt, in dem sich seit Tagen niemand aufgehalten hat.

9 . Kapitel
    Ich kam erst in den Randbezirken einer mir unbekannten Stadt wieder zu mir. Offenbar war ich längere Zeit durch den Odenwald gefahren. Als ich meinen Galileo-Empfänger befragte, stellte ich fest, dass ich in Fürth gelandet war.
    Erneut wählte ich Samanthas persönliche Nummer, doch sie antwortete nicht. Nicht einmal ihre elektronische Assistentin nahm meine Anrufe entgegen. Es war, als sei ihr Kommunikator in keinem Netz angemeldet.
    Noch immer war ich sehr beunruhigt, aber wenigstens konnte ich wieder halbwegs klar denken.
    Es war nicht nur das Verschwinden Samanthas, eines mir nahe stehenden, eines geliebten Menschen – ja, in dieser Nacht wurde mir klar, dass ich sie tatsächlich liebte – das mir so naheging. Mit ihrem Verschwinden war auch Doc Schmitts schöne Theorie der exogenen Depression wie eine Seifenblase zerplatzt. Meine Heilung hatte sich als trügerisch erwiesen. Die euphorische Stimmung dieses Tages war jäh in ihr Gegenteil gekippt.
    Und ich hatte Angst. Ich hatte Angst, Samantha nie wieder zu begegnen. So wie Blinzle gestorben war, Draganski verschwunden, war ich mir plötzlich sicher, auch sie nie wieder zu Gesicht zu bekommen. Und sie wäre nicht nur für immer aus meinem Leben getreten, nein, es gäbe auch keine Spuren mehr von ihr, nur ich allein würde mich an sie erinnern. Eine schreckliche Vorstellung.
    So saß ich hinter dem Steuer meines Wagens und blickte hinaus auf die dunkle Straße, auf die Silhouetten der Häuser, die sich undeutlich abzeichneten. Es war noch nicht spät, doch kein Fenster war beleuchtet, nichts regte oder bewegte sich. Schon für einen Mann, der seinen Hund ausführte, wäre ich dankbar gewesen.
    Was konnte ich tun, außer immer wieder anzurufen? Sollte ich zur Polizei fahren? Hauptkommissar Bartels erschien vor meinem inneren Auge überarbeitet und missmutig wie bei unseren letzten Begegnungen. Nein, dazu war es zu früh. Wie lange vermisste ich Samantha? Eine Stunde, zwei?
    Doch mich zu Hause einfach ins Bett legen konnte ich jetzt nicht. Ich beschloss, nach Ziegelhausen ins Büro zu fahren. Vielleicht konnte ich dort am ehesten etwas ausrichten. Recherchieren zum Beispiel. Und dann war dort noch der Simulator...
    Vor unserem Hauptsitz war mitten in der Nacht wenig los. Ein paar Demonstranten wärmten sich an einem offenen Feuer – deutlich weniger als in den Tagen vor Kowalskis Welterrettungsrede. Ein Streifenwagen mit umlaufenden Blaulichtern parkte unweit von ihnen. Das grelle Licht wurde vielfach von der Glasfront des Hochhauses zurückgeworden und ließ die Szene unwirklich erscheinen.
    Ich fuhr in die Tiefgarage und passierte die Sicherheitsleute. Sie winkten mich durch. Dass ich um diese Zeit ins Büro zurückkam, war nicht ungewöhnlich. Ich hatte in den vergangenen Monaten mehr als eine Nacht durchgearbeitet.
    Auch in meinem Büro wählte ich als erstes Samanthas Nummer. Diesmal war es eine unpersönliche Computerstimme, die mir mitteilte, der Teilnehmer sei nicht erreichbar. Dass es diese Nummer überhaupt noch gab, dass sie nicht als unbekannt geführt wurde oder dass ein völlig Fremder an den Apparat ging, wertete ich schon als Erfolg. Ich begann wieder zu hoffen.
    Noch einige Male sollte ich in dieser Nacht ihre Nummer wählen. Immer vergebens.
    Irgendwann begann ich im Geiste die Ereignisse Revue passieren zu lassen. Angefangen mit Draganskis Verschwinden. Nein, verbesserte ich mich, am Anfang standen meine Schwindelanfälle, dann meine lange Auszeit in den Bergen. Blinzles Tod. Ja, vor allem der. Samantha war wieder in mein Leben getreten. Sie kam und ging wie ein Gespenst, war mal nah und mal fern, unauffindbar wie jetzt.
    Blinzles Zeichnung, Achilles und die Schildkröte, fielen mir wieder ein. Auch diese schien es nie gegeben zu haben. Nur ich allein konnte mich an sie erinnern. Aber sie war da, hier in meinem Kopf, so deutlich, als hätte ich sie

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