Der Skandal (German Edition)
man, dass er jetzt Kunden in Bangkok beglücken will, hoffentlich – so schreibt Springsteen süffisant – nur mit Sauerkraut und Würstchen, denn auf Drogenhandel reagiert man dort ja mit drastischeren Maßnahmen.
»Da schlagen sie dir gleich die Rübe ab«, brummt Rob.
Zwei Stunden später stehen sie vor Springsteens Freundin. Die ganze Wohnung riecht nach Pot, und die spindeldürre blasse Studentin mit den dunkel getuschten Wimpern erzählt ihnen, Springsteen hätte behauptet, er wäre an einer Superstory dran. Er hätte ihr einen zweiwöchigen Urlaub in Costa Rica versprochen. »In einem richtig coolen Hotel, nicht in so ’nem heruntergekommenen Guesthouse.«
»Daraus schließen Sie also, dass …« Rob hebt fragend die Augenbrauen.
»… dass er ziemlich viel Kohle erwartet hat«, sagt die Studentin und sieht sie mit dem typischen glasig glücklichen Blick einer Bekifften an. »Er war an diesem Politiker dran, diesem Diktatorenschwein , hat er immer gesagt.«
Mit dieser Info stehen Rob und Ed kurze Zeit später in Mullers Büro.
Ruth Muller überlegt, wie sie jetzt vorgehen soll. Der Chauffeur des Gouverneurs liegt, von Andersson erstochen, in der Wohnung des Journalisten, der ein ganzes Dossier von Anschuldigungen gegen den Gouverneur in seinem Computer angelegt und einen druckreifen Artikel über dessen Verwicklungen bei Polycorp Minerals vorbereitet hat. Und dieser Journalist ist jetzt tot.
Die Ergebnisse der Ballistik werden hoffentlich bald Klarheit bringen. Nur was sie mit Andersson machen soll, weiß sie nicht.
Sonst sagt ihr der Instinkt sofort, was richtig ist – und was falsch. Auch wenn sie es nicht beweisen kann. Aber diesmal gibt es zu viele Schichten aus Wahrheit und Lüge. Und diesmal steckt sie persönlich mit drin.
»Schön und gut«, sagt sie von ihrem Schreibtischsessel aus zu den beiden Detectives, »aber das reicht nicht, ohne Beweise geht nichts, nie – und erst recht nicht in dieser delikaten Angelegenheit. Gentlemen, Ihnen sollte klar sein: Wenn auch nur die kleinste Info an die Öffentlichkeit dringt, dass Gouverneur Ochs Zielscheibe einer Kampagne gewesen ist, wird jeder unserer Schritte genau beobachtet. Und damit meine ich nicht nur die Presse, sondern auch die Regierung selbst. Und was das bedeutet, brauche ich Ihnen ja wohl nicht zu erklären.«
Beide nicken.
»Also, bringen Sie Beweise. Und zwar diskret. Ich betone: diskret.«
Sie steht auf und zieht ihr Jackett an. Milosz erwartet sie in seinem Büro.
»Captain, setzen Sie sich!«, sagt Milosz – und wie er es sagt, klingt es Unheil verkündend. Aber Muller hat auch mit Unheil aufzuwarten, und so setzt sie sich gelassen auf den ihr zugewiesenen Platz. Die grandiose Aussicht auf die Stadt und den See hat nur er von seinem Schreibtisch aus – sie sieht nur ihn und die Wand dahinter.
»Die Einleitung erspare ich uns, Captain. Ich will wissen, warum wir den Täter im Mordfall Andersson noch immer nicht haben. Wir hatten ihn doch fast – oder nicht?« Milosz beugt sich vor.
»Es war ein Irrtum«, sagt Muller.
»Nun, soweit ich unterrichtet bin, hatte dieser Rizal doch schon gestanden. Und jetzt hat einer unserer fähigsten Detectives eine interne Untersuchung am Hals. Wie konnte das passieren? War das wirklich nicht zu verhindern, Captain?« Er rollt die Augen, und Muller weiß, dass sich einige davon einschüchtern lassen. »Ich möchte eine Erklärung von Ihnen, Captain.« Er trommelt mit seinen dicken Fingern auf der Schreibtischplatte.
»Detective Brewer hat falschgelegen. Wir haben neue Hinweise.«
»Aha – und in welche Richtung gehen die?«
»Es gibt Hinweise auf einen Zusammenhang mit der Eröffnung einer Mine oben in …«
»Sie meinen die Mine von Polycorp in Ashland?«
»Genau, Sir.«
Muller legt ihm die Akte mit Springsteens Recherchen auf den Schreibtisch.
»In Kurzfassung!«, sagt Milosz, nachdem er nur einen schnellen Blick daraufgeworfen hat.
Sie berichtet, dass Springsteen Ochs nach einer Pressekonferenz provoziert hat und dass er vom Gouverneur tätlich angegriffen worden ist. »Springsteen hatte offenbar Hinweise dafür, dass Ochs und sein Bruder finanziellen Nutzen ziehen aus der Wiedereröffnung der Mine in Ashland.«
»Hinweise?« Er steht auf und geht unruhig hin und her, von der Bücherwand zur Sitzecke und wieder zurück. »Geht’s ein bisschen konkreter?«
Muller weiß, sie muss ruhig bleiben, sonst artet das hier ganz schnell aus, das hat sie schon mehrmals erlebt. Milosz
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