Der Skandal (German Edition)
nur ein dummes Missverständnis.
Draußen ertönen Polizeisirenen. Manchmal sind sie verdammt schnell, denkt Christina. Wenn ihre Kollegen Whitner gefunden haben, wird es nicht mehr lange dauern, bis sie die Tiefgarage checken.
Sie wirft ihm ihre Autoschlüssel zu. »Du fährst!« Sie zeigt zu ihrem Auto.
Widerspruchslos geht er vor ihr her und schließt auf.
Zögernd setzt er sich hinters Steuer, sie lässt sich auf den Beifahrersitz fallen.
»Ich hab nichts damit zu tun, Chris …«
»Fahr los!«, brüllt sie ihn an.
Der Motor springt an, endlich steuert er aus der Parklücke.
»Wo ist die Karte für die Schranke?« Er stoppt vor dem Automaten an der Ausfahrt.
»Wir zahlen nicht! Fahr endlich!«
Er holt Luft und tritt das Gaspedal durch. Der Motor heult auf, das Auto durchbricht die Schranke und schießt auf die Straße. Sie dirigiert ihn an den nächsten drei Blocks vorbei.
»Halt an!« Sie richtet die Waffe auf ihn. »So, und jetzt will ich wissen, was du da in dem Haus gesucht hast.«
Hektisch sieht er sich um, als könnte er fliehen. Dann stöhnt er auf. »Ich suche Sandra! Wo ist sie, Chris?«
»Antworte mir!« Mit einem Klicken entsichert sie die Waffe.
Er hebt beschwichtigend die Hände. »Das ist nicht okay, Chris! Das ist ganz und gar nicht okay, was du hier machst! Du behandelst mich wie einen Verbrecher, ich …«
»Was hast du bei Whitner gemacht?«
Er räuspert sich und sieht nach vorn durch die Windschutzscheibe. »Ich will zuerst wissen, wo Sandra ist!«
»Keine Ahnung, okay? Aber sie scheint noch am Leben zu sein.«
»Was heißt das?«
»Sie ist in Gefahr, Pete! Und wenn du jetzt nicht gleich mit der Sprache rausrückst, was du in hunderteinunddreißig gesucht hast, dann kann ich ihr bald auch nicht mehr helfen.«
Zögernd sieht er sie an, dann wandert sein Blick wieder zur Windschutzscheibe hinaus. Schließlich sagt er: »Whitner und ich … Ich habe früher mal mit ihm an einem Projekt gearbeitet. Und er hat …« Wieder holt er Luft.
»Was? Komm schon!«
»Ich glaube, Sandra und er hatten ein Verhältnis.« Er schließt die Augen, als wollte er nicht mehr zurückblicken, und als er sie wieder öffnet, hat sein Blick etwas Hilfloses.
Aber die Mitleidstour zieht bei ihr nicht mehr. Schon lange nicht mehr. »Und jetzt hast du dich an Whitner gerächt?«
»Ich …«
An seinem Zögern merkt sie, dass er schon wieder Ausflüchte sucht. Sie ist drauf und dran, ihm ins Gesicht zu schlagen.
»Oder wolltest du wissen, ob Whitner das echte Gutachten hat?«
Er sieht sie an, als hätte sie den Verstand verloren. »Wie kannst du mir nur so was unterstellen?« Seine Stimme ist leise geworden.
»Ich helf dir mal ein bisschen auf die Sprünge, Pete. Sandra hat mit Tim über das Gutachten gesprochen, weil die ganze Angelegenheit eure Ehe belastet hat. Tim hat also gewusst, dass du gelogen hast.«
Sein Blick wird starr, seine Hände krallen sich ums Lenkrad. Er kann jähzornig werden, das weiß sie. Die Narbe auf ihrem Rücken ist mit den Jahren verblasst, aber nicht verschwunden.
»Gelogen? Du hast ja keine Ahnung, Christina!«, brüllt er auf einmal. »Das Gutachten ist keine Lüge, es ist nur …«
»Nur was? Schönfärberei?«
»Nein! Versteh doch! Es gibt keinen Fortschritt ohne Risiko!«
»So rechtfertigt man heutzutage also frisierte Gutachten?«
»Was denkst du denn? Dass ich der einzige Gutachter bin? Das ist doch lächerlich! Es gibt zig Gutachter und eine verdammte Behörde, die alles prüft und danach die Erlaubnis erteilt. Ich bin doch nur …«
»Nur was? «
»Ein … ein kleines Rädchen in dieser Maschinerie …«
»Ein kleines Rädchen … Das wolltest du doch nie sein, stimmt’s? Du wolltest der Steuermann sein, der das große Schicksalsrad der Welt bewegt.«
Er schnauft.
»Du hast Angst gehabt, dass alles auffliegt«, redet sie weiter. »Dann hättest du nicht nur den Auftrag verloren, nein, du wärst auch ins Gefängnis gekommen, und das wär’s gewesen mit deinem Institut. Und das bedeutet dir alles. Was hättest du dann noch gehabt, Pete? Eine Frau, von der du abhängig bist?«
Immer wieder schüttelt er den Kopf, dann sagt er schließlich: »Ich wollte zu Whitner, ja. Ich war oben, ja. Aber er war schon tot! Ich bin so schnell ich konnte wieder nach unten gefahren und wollte weg, aber dann hab ich dein Auto gesehen …«
»Ich glaube dir kein Wort.«
»Fick dich, Chris!«, brüllt er ihr ins Gesicht. »Verdammt! Verschwinde! Verschwinde einfach aus
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