Der Skandal (German Edition)
geöffnet.
»Ich wollte zu Whitner Public Relation s, aber da hat keiner aufgemacht. Sind Sie das zufällig?«, fragt sie.
Jetzt wird sein Blick noch argwöhnischer. Aber ihm fällt wohl keine ausweichende Antwort ein, denn er sagt: »Ja …«
»Sie wurden mir empfohlen.«
»Von wem?«
»Es geht um die Sache mit der Redmill Mine .«
Neben seinem Argwohn hat sie offenbar auch seine Neugier geweckt. Sie kann an seinem Gesichtsausdruck ablesen, wie er das Für und Wider abwägt, ob er mit ihr sprechen soll.
»Und?«, sagt er schließlich. Der Aufzug stoppt, die Türen öffnen sich, und sie folgt ihm hinaus.
»Sandra Kondracki.«
Ihr entgeht nicht, dass er zusammenzuckt, während er die Bürotür aufschließt. »Kondracki«, murmelt er. Er dreht sich um und sieht sie direkt an. »Der Name sagt mir gerade nichts.«
Schon mal eine gute – und verdächtige Antwort.
»Ihr Mann hat das Gutachten für die Redmill Mine erstellt.«
»Ach ja?«, sagt er mit einem nicht überzeugenden Lächeln. »Nun, was kann ich für Sie tun, Mrs …?«
Sie zeigt ihren Ausweis. »Detective Andersson, Mordkommission. Wir suchen Sandra Kondracki. Vor ihrem Verschwinden war sie hier im Haus.«
Seine Züge werden ausdruckslos. Solche Typen kennt sie. Man muss sie nur ein bisschen schockieren, in die Enge drängen und unter Druck setzen, dann reden sie.
Inzwischen stehen sie in seinem Büro, einem Zimmer mit Blick auf Schornsteine und eine hohe Mauer.
»Also, Mr. Whitner. Wo ist Sandra Kondracki?«
Er wirft einen Blick zum Fenster, als gäbe es dort einen Fluchtweg.
»Wenn Sie nicht kooperieren, können wir die ganze Sache auch im Präsidium besprechen. Es kann aber auch ganz einfach gehen. Wir setzen uns, und Sie erzählen mir, was Sandra Kondracki hier wollte – und wo Sie mit Ihnen hingefahren ist.«
Whitners Blick kehrt zu ihr zurück. »Tut mir leid, Detective, ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
»Gut«, sagt sie kühl. »Dann werden Sie mich jetzt ins Präsidium begleiten.«
»Ich möchte zuerst meinen Anwalt anrufen.«
Mit einer schnellen Bewegung schlägt sie ihm das Handy aus der Hand und hält ihm die Pistole vor die Nase.
»Setzen.«
Er ist so überrumpelt, dass er wortlos gehorcht.
»Sie beantworten meine Fragen, und zwar jetzt.«
»Aber … Sie dürfen das gar nicht.«
»Richtig.«
»Und Sie tun es trotzdem …«
»Richtig.«
»Haben Sie ein persönliches Interesse an der Sache?«
Sie drückt ihm die Pistole an die Schläfe. »Auch richtig. Und deshalb, Mr. Whitner, muss ich mich auch nicht mehr an irgendwelche Regeln halten. Verstehen Sie? Also: Was wollte Sandra Kondracki hier?«
»Ich weiß nicht, was …«, fängt er an, doch dann besinnt er sich.
Er hat Sandra Kondracki bei einer dieser Charity-Veranstaltungen kennengelernt, die er oft mitorganisiert. Sein Hauptgebiet sind ökologische Themen. Daher engagiert er sich in Ashland. Doch von anderen Ökogruppen gibt es keine oder nur wenig Unterstützung, da dieses Neodym, das man dort fördern will, für nachhaltige Energiegewinnung benötigt wird, was von den Ökogruppen ja begrüßt wird. Sandra Kondracki hat ihn, Whitner, vor ein paar Monaten aufgesucht. Ihr Mann hatte einen Auftrag von Polycorp Minerals angenommen, und er hat ihr anvertraut, dass er sich eigentlich nicht für die Wiedereröffnung der Mine einsetzen könnte, da der See mit den giftigen Laugen, Säuren und radioaktiven Stoffen, der sich vor zehn Jahren gebildet hat, offenbar in den Untergrund gesickert sei. Solange man nicht wüsste, wohin damit, dürfte man auf keinen Fall das Risiko eingehen, dort weiterhin mit Giftstoffen belastete Abwässer zu sammeln.
Die Gefahr für das Grundwasser und auch die Nähe zum Lake Superior und damit zum gesamten Seensystem und der Wasserversorgung des Mittleren Westens wäre viel zu groß.
Als Kondracki Polycorp die Bedenken mitgeteilt hat, hat man die Summe erhöht, denn Polycorp weiß, dass Kondracki erhebliche finanzielle Probleme hatte. Kondracki hat schließlich Ja gesagt. Der Firma ging es nicht gut, und er wollte von Sandras Eltern kein Geld mehr annehmen.
»Sie hatten deswegen ziemlich Probleme miteinander«, sagt Whitner, »und Sandra wollte, dass ich ihr helfe, ihren Mann zu überzeugen, dass er die Finger lässt von dem Projekt. Ich hab ihr gesagt, ich brauche Beweise für die Behauptung mit dem unterirdischen Giftsee. Sie wollte mir die Untersuchungsergebnisse aus dem Institut ihres Mannes beschaffen.« Er atmet tief durch.
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