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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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bis Eure Herden den gegenwärtigen Stand der Produktivität wiedererreichen.«
    Mara überflog hastig die Tafeln, dann wählte sie, ohne lange zu zögern, die letzte. Sie warf einen Blick auf Ayaki, der sie mit feuchten, dunklen Augen ansah. »Die Needra sind ersetzbar«, erklärte sie und befahl ihren Dienern brüsk, für die Bereitstellung der Sänfte und einer kleinen Eskorte zu sorgen. »Ich werde den Rest des Nachmittags mit einem Besuch bei der Königin der Cho-ja verbringen.«
    »Kann ich mitkommen?« rief Ayaki, während er bereits aufsprang und dabei die Spielzeugsoldaten auf dem Boden umwarf.
    Sie streckte die Hand aus und strich ihm über die Haare. »Nein, mein Sohn. Heute nicht.«
    Der Junge zog ein mürrisches Gesicht, doch er widersprach nicht. Zumindest waren seine Zofen erfolgreich darin, ihm ein Verhalten anzuerziehen, das seinem toten Vater immer gefehlt hatte. »Kevin wird mit dir eine kleine Fahrt mit dem Wagen machen«, tröstete sie ihn. Dann erinnerte sie sich: Lujan und ihr Barbar hatten sich noch nicht aus Keyokes Gemach zurückgemeldet. »Falls er Zeit für dich hat«, schränkte sie deshalb ein. Ihr Sohn zerrte an ihrem Ellenbogen, und sie umfaßte mit ihrer Hand sanft sein kleines Kinn. »Und wenn du der Badefrau erlaubst, den Obstsaft von deinem Kinn zu wischen.« Sie schüttelte sein Gesicht spielerisch hin und her.
    Ayakis düstere Miene verfinsterte sich noch mehr. Er wischte sich über den schmutzigen Mund, machte ein hörbares Geräusch mit den Lippen und sagte: »Ja, Mutter. Aber wenn ich Herrscher bin, lasse ich mein Kinn so lange schmutzig, wie ich will.«
    Mara sandte einen verzweifelten Blick gen Himmel, dann befreite sie sich aus dem Griff ihres Sohnes. Er roch nach Jomach und Cho-ja-Süßigkeiten. »Mein Junge, wenn du nicht die Lektionen über das Erwachsenwerden lernst, wird es keinen Landsitz geben, über den du herrschen kannst.«
    Ein Diener erschien an der Tür. »Lady? Eure Sänfte steht bereit.«
    Mara beugte sich hinab und küßte Ayaki; der klebrige Geschmack von etwas Süßem blieb an ihren Lippen hängen. Das Mißgeschick störte sie nicht. Schon allzubald würde sie nur noch den Staub der südlichen Wüste atmen und schmecken, von ihrem Heim durch einen riesigen Ozean getrennt.

    Die kühle Luft und das dämmrige Licht im Stock der Cho-ja waren in unruhigen Zeiten oft wie ein ruhiger Hafen gewesen, doch diesmal brachten sie keine Erleichterung. Angespannt verschränkte Mara die schwitzenden Finger in den Ärmeln ihres Übergewandes. Ein Offizier, den sie nicht näher kannte, nahm Keyokes Platz einen halben Schritt hinter ihr ein und tauschte an seiner Stelle Grüße und Höflichkeiten mit Lax’l, dem Kommandeur der Cho-ja, aus. Der Krieger – sein Name war Murnachi – hatte niemals mit einer Kompanie von Cho-ja-Kriegern gekämpft. Und obwohl er sich geehrt fühlte, weil er gebeten worden war, seine Herrin auf dieser wichtigen Mission zur Königin zu begleiten, verriet seine steife Haltung sein Unbehagen und den Wunsch, so schnell wie möglich wieder an die frische Luft zu kommen.
    Mara schritt rasch durch die mittlerweile vertrauten Gänge, die zur Kammer der Königin führten. Doch dies war kein gesellschaftlicher Besuch, und statt des kleinen Geschenks, das sie gewöhnlich bei sich hatte, trug der Diener hinter ihr eine Tafel, auf der sämtliche Vermögenswerte der Acoma aufgelistet waren.
    Sie hatte mit der Königin nicht mehr verhandelt, seit sie sich bemüht hatte, den Schwärm für sich zu gewinnen, und er sich endgültig auf ihrem Besitz niederließ. Jetzt, da die Notwendigkeit bestand, hatte sie keinerlei Ahnung, wie sie reagieren würde, besonders nicht im Zusammenhang mit der Nachricht, daß zwei Drittel der neuen Seidenlieferung dem Angriff der Minwanabi zum Opfer gefallen waren. Der Schweiß auf Maras Händen wurde abwechselnd kalt und heiß. Sie konnte auf keine Erfahrungen zurückgreifen, um die Reaktion der Königin vorauszuahnen.
    Der Gang weitete sich zum Vorraum der Kammer der Königin; jetzt ist es zu spät umzukehren, dachte Mara, als der Cho-ja-Arbeiter, der ihre kleine Gruppe begleitete, vorauseilte, um sie anzukündigen. Mara trat in die warme, riesige Höhle, die Tag und Nacht von dem blauvioletten Licht der Cho-ja-Kugeln erhellt wurde. Die Kugeln hingen an Trägern, die in den massiven Gewölben der Steindecke eingelassen waren. Ein Stapel Kissen erwartete die Lady der Acoma, er wirkte wie eine Insel auf dem polierten Boden; daneben

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