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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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aufzustehen und sich zu verbeugen.
    »Nicht. Großvater meines Herzens, Ihr seid verletzt, und ich halte nichts von unnötigen Förmlichkeiten. Ihr ehrt mich mit Euren Wunden, und Eure Loyalität straft jeden Zweifel Lügen.« Sie kniete sich auf ein Kissen neben ihn und brach das Protokoll, indem sie seine Hand nahm und zärtlich umfaßte.
    »Ich habe Nacoya oft gesagt, wie sehr ich sie liebe. Euch habe ich es niemals gesagt.«
    Keyoke verzog die Lippen in der Andeutung eines Lächelns. Er war angenehm berührt, doch zu sehr tsuranischer Kommandeur, als daß er mehr als nur den Hauch eines Gefühls hätte zeigen können. »Lady«, sagte er rauh, »Tasaio hält in Dustari den Tod für Euch bereit.«
    Lujan hatte es ihm also erzählt; Mara schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter. Vermutlich war es das, was den Lebenswillen des alten Mannes herausgefordert hatte.
    Trotz seines Zustands konnte Keyoke erkennen, was in ihr vorging. »Nein, Lady. Ich brauchte keinen solchen Druck, um den Acoma weiter zu dienen. Ich fühle mich geehrt, Kriegsberater zu werden, zweifelt nicht daran.« Er hielt inne, suchte nach Worten. »Ich hatte mich auf den Tod vorbereitet, weil ich für einen Kommandeur, der für das Feld nicht mehr taugt, keine andere Bestimmung erkennen konnte.«
    Mara ließ es nicht darauf beruhen. »Und das Bein?«
    Keyoke lächelte flüchtig. »Papewaio ist mein Lehrer. Wenn er das schwarze Band tragen konnte, werde ich auch meine Krücke tragen können.« Dann fügte er nach einem kurzen Augenblick hinzu: »Kevin schlug vor, eine mit einem verborgenen Schwert herstellen zu lassen.«
    »Euch gefällt die Idee«, bemerkte Mara. Sie lächelte ebenfalls. »Großvater meines Herzens, ich werde selbst dafür sorgen, daß Eure Krücke zu einem würdigen Zeichen Eures Amtes wird und die Waffenhersteller sie mit einer Klinge versehen.«
    Sie betrachtete sein schweißbedecktes Gesicht, das viel zu grau und abgezehrt und gegen seinen Willen deutlich von Müdigkeit gezeichnet war. »Ihr werdet Lujan ausbilden, und zusammen werden wir einen Weg finden, wie wir Tasaios Männer in der Wüste vernichten können.«
    Keyokes Augen weiteten sich flackernd, und sein Blick hielt sie fest. »Tochter meines Herzens, es gibt keine andere Strategie für baumlosen Sand als die bloße Anzahl von Kriegern. Und darauf habe ich mit all meiner Weisheit keinen Einfluß.«
    Er sank zurück, über alle Maßen erschöpft. Sein Wille reichte nicht aus, erkannte Mara; er war aufrichtig, was seine Dankbarkeit über das neue Amt betraf, doch sein Körper war zu schlimm zugerichtet. Möglicherweise ließ der Rote Gott ihn, der sich in selbstloser Hingabe verausgabt hatte, bis die Nachricht vom Überfall übermittelt werden konnte, nicht am Leben.
    »Überlaßt Dustari mir und Lujan«, murmelte Mara. »Ich übertrage Euch den Schutz Ayakis und des Natamis im Heiligen Hain. Sollte alles fehlschlagen, sollten die Minwanabi unsere Grenzen überrennen, könnt Ihr zusammen mit einer kleinen Kompanie den Jungen in Sicherheit bringen. Sucht Schutz im Stock der Cho-ja-Königin, und sorgt dafür, daß der Name der Acoma überlebt.«
    Keyoke lag mit geschlossenen Augen da. Er sprach nicht, doch er antwortete mit einem leichten Druck seiner Hand, die Mara noch immer umschlossen hielt. Sie strich mit ihren Fingern die Decke glatt und spürte den rasend schnellen, pochenden Puls in den Adern seines Handgelenks. Er lag im Sterben. Niemand konnte es mehr bestreiten.
    »Jetzt ruht, Großvater meines Herzens«, flüsterte Mara. Sie täuschte Gelassenheit vor, als sie sich erhob und zur Tür schritt. »Hole meinen Läufer und jeden verfügbaren Boten«, erklärte sie dem Diener draußen im Gang. »Außerdem brauche ich Gildenläufer aus Sulan-Qu.«
    Sie sprach schnell und sah den rundlichen Mann nicht, der den Gang entlanggeeilt kam und mit zweifelndem Blick neben ihr stehenblieb. Er trug eine ausgebeulte Tasche mit Elixieren bei sich und roch modrig nach verschiedenen Kräutern. »Ihr wollt einen Priester Hantukamas rufen?« fragte er mit einer Stimme, die daran gewöhnt war, gütig zu klingen.
    Mara wirbelte herum; erst jetzt bemerkte sie die Gegenwart ihres persönlichen Heilers und nickte rasch. »Es ist notwendig, denkt Ihr nicht?« Der Heiler seufzte mitfühlend. »Lady Mara, ich bezweifle, daß Euer Knegsberater länger als bis zum Morgengrauen das Bewußtsein behalten oder noch mehr als zwei Tage atmen wird.«
    »Er wird leben«, entgegnete Mara kämpferisch.

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