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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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nahm sie sich zusammen und antwortete ehrlich: »Ich gestehe, daß ich mir des Protokolls nicht sicher war, als ich kam, um von Euch das Entgegenkommen für das Ausbrüten der Krieger zu erkaufen.«
    »Das Entgegenkommen?« Die Königin bäumte sich in einer Anwandlung, die an menschliche Überraschung erinnerte, leicht auf. »Ihr seid meine Freundin, das ist wahr, und würdet Ihr mich um einen Gefallen bitten, würde ich sicherlich darüber nachdenken. Zweifellos ist es eine willkommene Abwechslung, daß Ihr uns oft besucht und es Euch bei uns gefällt und Ihr an unseren Angelegenheiten teilnehmt. Doch wenn es um den Erwerb von Arbeitern, Kriegern oder Diensten geht, handelt es sich um den Austausch von Handelswaren.«
    Mara wölbte die Augenbrauen. »Dann benötigt Euer Volk keine Armee zum Schutz?«
    Die Cho-ja-Königin dachte nach. »Wir haben mit dem Kaiserreich zu tun, und so sind wir ein Teil seiner Politik und damit des Großen Spieles. Doch in der Vergangenheit, vor Tausenden von Jahren, lange bevor die Menschen kamen? Damals brüteten wir Krieger aus, um neue Stöcke zu errichten, um uns vor Raubtieren wie dem Harulth zu schützen oder zu jagen. Wenn es jetzt Konflikte gibt, sind es die zwischen den Häusern der Menschen, die mit uns Bündnisse eingegangen sind. Die Cho-ja kämpfen nicht für sich selbst, nur für die Ziele der Menschen.«
    Dies war eine atemberaubende Enthüllung. Mara versuchte ihre wachsende Erregung zu verbergen, als sie das feuchte Tuch zusammenfaltete. Sie hatte die so fremdartig wirkende Cho-ja-Kultur studiert, doch noch immer gab es viel zu lernen. Wenn die Cho-ja-Krieger den Herrschern nicht aus Loyalität dienten, sondern einfach nur als Söldner, eröffnete das interessante Möglichkeiten … Doch leider ließ ihr der Auftrag, die Grenzen von Dustari zu verteidigen, nicht die Zeit, die Angelegenheit weiter zu verfolgen.
    Mit diesen Gedanken tauschte Mara noch eine Zeitlang weitere Höflichkeiten mit der Cho-ja-Königin aus, dann bat sie freundlich um die Erlaubnis, sich verabschieden zu dürfen. Schon in zwei Monaten mußte sie aufbrechen – und es gab noch so viel zu tun!

    Bei ihrer Rückkehr zum Herrenhaus wurde sie schon von Kevin und Jican erwartet. Mara stieg im matten Sonnenlicht des späten Nachmittags aus der Sänfte und reichte ihrem Hadonra die Tafeln. Er warf einen verstohlenen Blick darauf, während er sich verbeugte und, mit der Zunge schnalzend, davoneilte. Mara nahm dies als Zeichen, daß sie gut verhandelt hatte, die Finanzen der Acoma aber trotzdem arg mitgenommen waren. Sie strich eine feuchte Haarlocke zurück und verdrängte den Wunsch nach einem Bad. Sie sah Kevin an, der ungewöhnlich still war.
    »Was ist los, mein großer Barbar? Es muß etwas Ernstes sein, sonst hättest du nicht vergessen, mich zu küssen.«
    »Ich vergesse niemals, dich zu küssen«, entgegnete Kevin und behob das Problem rasch. Doch er ließ seine Lippen nicht lange auf ihren ruhen, und seine Gedanken waren ganz bestimmt nicht voller Leidenschaft. »Keyoke möchte dich sehen.«
    »Das dachte ich mir.« Mara nahm ihr Übergewand ab und reichte es einem vorbeigehenden Diener. Sie schlüpfte in ein frisches Kleidungsstück, das von einem Sklaven bereitgehalten wurde, und glättete die gerunzelte Stirn. »Wo ist Lujan?«
    Kevin nahm rasch den Platz an ihrer Seite ein, als sie den Gang entlangschritt. »Er ist bei den Soldatenunterkünften und führt nach Keyokes Anweisung eine Übung durch.«
    Mara ließ die Nachricht auf sich wirken; der alte Mann nahm also die Beförderung zum Kriegsberater an, sonst hätte er Lujan keinen Dienst aufgetragen, sondern ihn gebeten, seine Ablehnung zu überbringen. Keyoke hielt sich detailgetreu an seine Pflicht, wie es die ungeschriebenen Gesetze der Tradition verlangten. Er würde niemals eine persönliche Nachricht einem Sklaven in den Mund legen, und auch wenn Kevin die Privilegien eines Familienmitglieds besaß – oder gar die eines Gatten – , würde Keyoke ihn niemals anders behandeln, als es seiner Position entsprach. Mit dem Bewußtsein der Bedeutung, die die Etikette für den alten Mann besaß, schickte Mara Kevin weg. Sie ging allein durch die Korridore des Herrenhauses in das mit Kerzenlicht beleuchtete Zimmer, in dem Keyoke unter seinen Decken schwitzte.
    Er hatte auf sie gewartet, und seine Augen glänzten fiebrig. »Mylady«, murmelte er sofort, als sie in der Tür erschien. Sie mußte zu ihm eilen, um ihn an dem Versuch zu hindern,

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