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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Heerschar der Acoma an Bord mehrerer Barken. Halbnackte Sklaven stakten sie durch ein Gewimmel von Händlerbooten flußabwärts, und Barken voller Korn, Gildenboote und Flöße wichen aus, um sie vorbeizulassen. Sie glitten gen Süden durch die Provinz Hokani, vorbei an den Ländereien der Anasati, wo Krieger in RotGelb am Ufer standen und salutierten. Mara ließ jedoch nicht anlegen, obwohl Lord Tecuma ein widerstrebender Verbündeter war. Solange sie nicht mit unangetasteter Familienehre aus Dustari zurückgekehrt war, würde er ohnehin nicht den geringsten Versuch unternehmen, ihre Beziehungen auf eine freundschaftlichere Basis zu stellen.
    Für Kevin war der Fluß ein Quell grenzenloser Faszination. Selbst bei größter Hitze verbrachte er die meiste Zeit an der Reling und unterhielt sich wißbegierig mit dem Barkenführer und den Sklaven an den Staken. Er studierte die Kunst der Flußschiffahrt, die hier so ganz anders als in seiner Heimatwelt war, und entwickelte sich binnen weniger Tage zu einem Experten darin, die Farben der Gilden von den Wappen der Häuser zu unterscheiden und zu erkennen, ob die ihnen begegnenden Schiffe das Eigentum ihrer Passagiere oder nur gemietet waren.
    Maras Armee bewegte sich immer weiter Richtung Süden, vorbei an ganzen Flottillen aus Flußschiffen voller Handelsgüter, von denen einige zu dauerhaften Ständen vertäut waren und unter dem Schutz adliger Familien standen, die den Fluß als Transportweg zwischen Jamar und Sulan-Qu benutzten. Zwischen den langsameren Schiffen jagten schnelle, von wild paddelnden, schwitzenden Sklaven vorangetriebene Boten-Kanus dahin. Einmal passierten sie eine kaiserliche, reich vergoldete und mit Bannern geschmückte Barke, deren blendendes Weiß und Gold aus den bunten Schiffen der Adligen herausstach. Maras Barke war im Grün der Acoma gestrichen und mit einer Galionsfigur in Form eines Shatra-Vogels geschmückt. Die Herrin der Acoma saß unter einem Sonnendach aus Federn und ließ sich von Sklaven Luft zufächeln; sie war umgeben von parfümierten Blumen, die den weniger angenehmen Geruch von Abwasser und Flußschlamm überdecken sollten. Kevin sah andere Lords, die ihrem Rang gemäß auf der Reise von Musikern, Dichtern und anderen Künstlern begleitet wurden. Einer ließ sich gar von einem Trupp wandernder Schauspieler unterhalten, die an Bord seines Schiffes ein Stück aufführten. Vor ihm standen Körbe, die schier überquollen vor Früchten, und fette Schoßhunde lagen überall auf den Kissen herum wie mit Schleifen versehene Würste. Im Gegensatz zu den Schoßtieren und Jagdhunden von Midkemia waren die Hunde Kelewans kurzhaarig und geschmeidig – eine Folge des wärmeren Klimas.
    Sie glitten an Barken voller Thyza und an reisenden Erntearbeitern vorbei und schließlich auch an Wesen, die wie die kelewanesische Entsprechung reisender Zigeunermusiker aussahen. »Die Khardengo«, meinte Mara, nachdem Kevin ihr eine kurze Beschreibung der Zigeuner Midkemias gegeben und sie auf die Ähnlichkeit hingewiesen hatte. »In den alten Chroniken steht geschrieben, daß sie eine Familie waren, die es vorzog umherzuwandern, anstatt sich irgendwo niederzulassen. Es stimmt, sie leben auf Flußbarken und in Wagen, fast wie eure Zigeuner auf Midkemia. Aber im Gegensatz zu euch Barbaren besitzen die Khardengo Ehre. Sie stehlen nicht, um sich ihren Lebensunterhalt zu sichern.«
    Kevin lachte. »Die Zigeuner haben eine eigene Kultur. Ihren Sitten zufolge stehlen sie nicht, sondern sie« – unfähig, das passende Wort zu finden, machte er eine Pause und benutzte dann seine Muttersprache – »borgen.«
    »Borgen?« Mara warf ihm einen kurzen Blick zu. Er lümmelte lässig auf dem Deck und kaute in Essig getunkte Sekka-Rinde. »Was ist das – borgen?«
    Kevin versuchte es zu erklären und sah, wie sich ihre Augenbrauen voller Erstaunen wölbten. Merkwürdig, dachte er. Der Begriff der Ehre, wie ihn die Tsurani benutzten, erlaubte es ihnen, Waren zu kaufen oder zu verkaufen, zu verschenken oder zu erbeuten. Aber das nachbarschaftliche Konzept, sich unter Freunden etwas zu leihen, existierte einfach nicht. Er machte sich auf einen langen Nachmittag voller Gespräche gefaßt, als Mara begann, das ihr fremde Konzept erschöpfend zu erforschen.
    Der Fluß verzweigte sich in das große Delta oberhalb der Stadt Jamar. Sie hielten sich auf der westlichen Seite des Flusses und gelangten bald in einen tiefen Kanal, der direkt zum Hafen führte. Im Osten breitete sich

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