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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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daß wir Eure Ehrengarde und drei Kompanien Soldaten dabeihaben?« Etwas weiter unten bemühten sich die Männer der Acoma ohne viel Erfolg, die verängstigten Querdidra wiedereinzufangen. Lord Chipino schickte ihnen einige seiner eigenen Treiber zu Hilfe; da sie vermutlich auf ihr Wissen über den Umgang mit den Tieren angewiesen waren, wollten sie noch vor Sonnenuntergang weiterziehen. »Wer weiß schon, was die Barbaren antreibt«, schloß er mit einem Blick auf Mara. »Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich sagen, daß wir gegen Fanatiker des Roten Gottes kämpfen.«
    Doch die Nomaden Dustaris glaubten nicht an Turakamu, zumindest besagten dies die Schriftrollen in Lashimas Tempel, wo Mara während ihrer Jugend studiert hatte. Die wachsenden Unruhen an den Grenzen machten keinerlei Sinn, und auch in den Überfällen, die Lord Chipino im Wirtshaus beschrieben hatte, konnte sie nichts anderes sehen als eine fürchterliche Verschwendung von Menschenleben.
    Mara schloß den Fächer wieder. Mehr als jemals zuvor fürchtete sie um Ayaki, den sie im Herrenhaus zurückgelassen hatte. Sie hatte erwartet, das Blutige Meer zu überqueren und den Grenzunruhen mit ihrer Unterstützung und einer raschen Lösung auf den Leib zu rücken. Sie sehnte sich nach einer schnellen Rückkehr nach Hause, doch sie spürte bereits, daß das Problem weit größer war, als sie angenommen hatte. Möglicherweise würde sie zur Herbstsaat immer noch nicht zurück sein, ein Gedanke, bei dem sich ihr Herz in dunkler Vorahnung zusammenzog. Als die Karawane sich wieder in Reih und Glied aufgestellt hatte und weiterzog, bat sie, daß jemand ihr die Landschaft erklärte. Kevin schritt neben ihrer Sänfte und lauschte ebenfalls, als Chipinos bester Kundschafter die Gipfel, Täler und Felsformationen benannte, die manchmal den Pfad in vom Wind geformten Bogen aus Stein überspannten.
    Es bestand keine Notwendigkeit, sich so rasch wie möglich an das fremde Land zu gewöhnen. Die Zeit zwischen den Überfällen verstrich nur langsam, und nachdem der Reiz des Neuen verflogen war, zerrten die tristen, unfruchtbaren Täler an den Nerven, und der gewaltige Horizont der Wüste schien ihre Seele in die Bedeutungslosigkeit zu stoßen. So oft es ging, zog Kevin sich in Maras Kommando-Zelt zurück, das zwar nur aus zusammengenähten, eingeölten Needra-Fellen bestand, im Innern aber überraschend stattlich war.
    »Wer ist da?« fragte die Wache an der Klappe, die als Tür diente.
    Kevin ließ den fest ans Gesicht gepreßten Stoff etwas sinken und sog die staubige Luft ein. »Ich bin es.«
    Der bewaffnete Krieger winkte ihn mit dem Speerschaft hinein. Kevin bückte sich ein wenig und schlüpfte durch eine zweite Tür aus langen Fransen, die den gröbsten Schmutz und Staub abhalten sollte, ins Innere. Die plötzliche Helligkeit brachte ihn zum Blinzeln. Der Hauptraum des Kommandozeltes wurde durch Fackeln aus ölgetränkten Lappen in Leuchtern aus Ton erhellt, die auf Stäben im Boden steckten. Von der Decke hingen Cho-ja-Kugeln, deren unheimliches blauviolettes Licht sich aufs schauerlichste mit dem wärmeren Schimmer der Flammen vermischte. Die Farben der Teppiche, Kissen und Wandbehänge leuchteten merkwürdig, gesprenkelt von bizarren Schatten, die ein eigenes geometrisches Muster schufen, als würden die Gegenstände und ihre verschiedenen Schatten ein fremdes Spielbrett bilden, auf dem die Menschen die Figuren waren.
    So sehr er sich auch bemühte, es war Kevin niemals gelungen, das Spiel des Rates dem Schachspiel vorzuziehen; das tsuranische System der Ehre war eine zu verschlungene Angelegenheit für einen Fremden. Die Strategien der Wüstenkrieger dagegen waren weniger undurchsichtig. In den Monaten, die seit ihrer Ankunft vergangen waren, hatte er sie eingehend studiert. Die Nomaden überfielen die befestigten Pässe, meistens nachts und immer ohne Vorwarnung. Sie taten alles, um die Armeen der Xacatecas und der Acoma zu drangsalieren – hier durch Zermürbung, da durch nervenaufreibende, ereignislose Langeweile. Tag für Tag verging ohne eine Schlacht, abgesehen von den Wespenstichen der nächtlichen Überfälle. Die Angriffe erfolgten gerade oft genug, um die Krieger immer am Rande äußerster Wachsamkeit zu halten.
    Die Streitmacht der Xacatecas war ausgedünnt worden, da sie auch die unwichtigeren Pfade in den Bergen angemessen bewachte. Lord Chipino hatte sich von den zusätzlichen Kompanien der Acoma versprochen, daß die Banditen ihre

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