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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Überlegenheit anerkennen und die Überfälle an den Grenzen aufgeben würden. Doch das taten die Wüstenkrieger nicht; im Gegenteil, sie erhöhten die Häufigkeit ihrer Anschläge, aufgestachelt wie Insekten, die sich auf Needra-Bullen stürzen.
    Monat um Monat verging, ohne daß etwas Entscheidendes geschah. Kevin war fest davon überzeugt, daß sich hinter den Angriffen ein besonderes Ziel verbarg, doch bisher hatte er gezögert, seine Meinung kundzutun. Seine Erfahrungen auf dem Schlachtfeld waren Grund genug für diese Annahme; doch die Tsurani töteten gefangene Offiziere, und um sein Leben zu retten, hatte er es auf dieser Seite des Spalts nicht gewagt, irgend jemandem gegenüber zuzugeben, daß er von edler Geburt war, abgesehen von einer Handvoll anderer midkemischer Sklaven. Er legte seine Kopfbedeckung ab und zog die Sandalen aus, ließ sie den Dienern zum Reinigen zurück und schritt über wunderbar gewebte Teppiche zu der Ecke, in der seine Lady auf Kissen saß. Vor ihr und Lujan befand sich ein Modell aus Sand, das die umhegenden Berge und den Verlauf der Grenze des Kaiserreichs zeigte.
    »Da bist du ja«, sagte Mara und schaute auf. Tiefbraunes Haar strömte lose über eine Schulter nach vorn; sie strich es mit der Hand zurück und lächelte ihn an. »Wir diskutieren gerade über eine Strategie«, sagte sie mit einem Nicken zu Lujan.
    Interessiert trat Kevin näher. Er kniete sich auf die Kissen gegenüber dem Modell und studierte die kleinen grünen und gelben Fähnchen, die die Kompanien der Acoma und Xacatecas darstellten. Die Fähnchen zogen sich wie Perlenketten an Flußverläufen, Pässen und felsigen, stellwandigen Tälern entlang, durch die nach Einbruch der Dunkelheit der Wind heulte. Wenn ein Wachposten nicht zufällig die Bewegung eines Feindes vor dem Sternenhimmel wahrnahm, würde er die Schritte nicht bemerken, allenfalls ein gelegentliches Poltern von Geröll, das genausogut vom Wind verursacht sein konnte wie von einem schnellen, überraschenden Angriff aus dem Hinterhalt. Die Messer der Wüstenkrieger waren zwar nicht aus Metall, aber sie konnten genausoleicht Kehlen aufschlitzen.
    »Wir wollen ihr Vorratslager vernichten«, sagte Mara. »Sie ausmerzen. Deine Meinung ist interessant für uns, da du das Gelände so gut kennst wie wir.«
    Kevin fuhr sich über die Lippen, und ein Frösteln kroch über die Haut unter den Ärmeln seines Hemdes und der mit einem breiten Band zusammengehaltenen Wüstenrobe, die er wie das Übergewand eines Buchhalters trug. Er blickte auf das Modell und fragte sich im stillen, ob dies nicht genau das war, was der Feind von ihnen erwartete: ihre Krieger aus ihrer geschützten Position im Paß heraus-und dann im offenen Gelände in einen Hinterhalt locken. »Ich bin immer noch dafür, Lady, keinen Ausfall gegen diese Wüstenbanditen zu machen. Es ist ihr Land, und jeder Vorteil ist auf ihrer Seite. Ich schlage erneut vor, sie auf uns zukommen zu lassen, wo wir sie ohne große Verluste für unsere Kompanien mit den Speeren töten können.«
    »Es liegt keine Ehre darin, sich zurückzuhalten«, erklärte Lujan. »Je länger die Lady von ihrem Land wegbleibt, desto größer ist die Gefahr für Ayaki. Noch eine weitere Jahreszeit abzuwarten erhöht ihr Ansehen weder im Spiel des Rates noch in den Augen der Götter. Es ist nicht das Schicksal von Kriegern, faul herumzusitzen, während Wüstenbanditen sie wie Querdidra-Treiber behandeln, indem sie nach Lust und Laune kleine Überfälle durchführen.«
    »Dann ist meine Meinung für euch nicht wichtig«, sagte Kevin. Er unterdrückte seine Verzweiflung. »Ich bin überzeugt, daß die Nomaden eine Strategie verfolgen. Ihr besteht darauf, daß es nicht so –«
    »Sie sind Barbaren!« Mara schnitt ihm das Wort ab. »Sie kommen über die Grenze, weil das Land fruchtbar und grün ist. Warum sollten sich die Stämme der Wüstenkrieger plötzlich gegen ein Volk verbünden, das bewaffnet und auf sie vorbereitet ist? Was könnte es ihnen bringen, außer selbst ausgelöscht zu werden?« Kevin spürte ihre Wut, doch er nahm es nicht persönlich. Schließlich waren sie seit fast einem Jahr von zu Hause fort, und die Trennung von ihrem Sohn zerrte an ihren Nerven. Jeden Monat gingen die Handelsschiffe in Ilama an Land, und sie erhielt Nachrichten von Jicans Boten, doch immer noch gab es keinen Angriff durch die Minwanabi. Sie hatte ihre besten Truppen zu Hause gelassen, damit sie das Herrenhaus beschützten, fest in dem Glauben,

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