Der Sklave von Midkemia
daß die scharfe Kante meines Vordergliedcs nicht Euer unteres Beinglied verletzt, wenn wir rennen.«
Lujan blickte nach unten und sah, daß seine Knöchel und Schienbeine tatsächlich möglicherweise zerschnitten würden, wenn der Cho-ja zum vollen Schritt ausholte.
»Ich erlaube mir, einen Vorschlag zu machen«, fuhr Mox’l höflich fort, »verhakt Eure Knie hinter den seitlichen Huckeln meines Rückenpanzers. Der Vorsprung wird auch Euren Halt verbessern.«
»Ihr unterbreitet mir einen freundlichen Vorschlag, und ich danke Euch«, erwiderte Lujan in der etwas gespreizten Höflichkeit, die der Etikette der Cho-ja entsprach. Er schob sein Bein etwas weiter unter seinen Körper und bemerkte, daß der körperliche Auswuchs, den Mox’l erwähnt hatte, wirklich als eine Art Keil diente und seinen Sitz festigte. Dann suchte er den oberen Bereich des Rückenpanzers ratlos nach einer Möglichkeit ab, sich festzuhalten.
Seine Bemühungen wurden von Mox’l mit einem dünnen Lachen erwidert. Das Geschöpf neigte den Kopf und drehte ihn so herum, daß es den auf seinem Rücken sitzenden Lujan in einer Weise ansah, die einem Menschen unmöglich gewesen wäre. »Kommandeur, die Teile meines Körpers sind nicht so weich wie Eure. Ihr könnt mit den Händen ohne Bedenken meinen Hals umfassen. Meine Luftröhre ist von meinem Außen-Skelett ausreichend geschützt und wird unter Eurem Griff nicht leiden.«
Immer noch etwas zaghaft, tat Lujan, wie ihm geheißen. In dem Augenblick, da seine Hände an ihrem Platz waren, wandte Mox’l das Gesicht wieder nach vorn. »Wir sind soweit, Kommandeur. Wir müssen Eile walten lassen.«
Der Cho-ja setzte sich so urplötzlich und blitzschnell in Bewegung, wie es für seine Rasse typisch war. Fast wäre Lujan von seinem hohen Sitzplatz geworfen worden, doch es gelang ihm, sich festzuklammern und, wenn auch etwas unsicher, das Gleichgewicht zu halten. Um ihn herum stellte sich die Cho-ja-Kompanie mit unglaublicher Präzision auf, ohne daß ein einziger Befehl ertönte. Dann – vielleicht, weil ihm der unsicher auf seinem Rücken balancierende Reiter aufs neue bewußt wurde – blieb Mox’l stehen und wartete mit seiner Kompanie auf Lujans Befehl.
Der Kommandeur der Acoma hob den Arm und gab der von ihm befehligten Hälfte der berittenen Streitmacht damit das Signal loszumarschieren. Dann hörte er eine Stimme von der Seite.
»Preßt nicht so hart mit den Waden, sonst landet Ihr todsicher auf dem Hintern!«
Lujan wandte den Kopf und sah den Sklaven an der Seite stehen, von einem Ohr zum anderen grinsend. Der Kommandeur hatte schon eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, doch dann beschloß er, die Spöttelei zu ignorieren. Kevin war ein Meister, wenn es um Grobheiten ging, doch feinsinnige Beleidigungen waren ganz und gar nicht seine Sache. Außerdem pflegten die Barbaren auf Midkemia auf großen Tieren in den Krieg zu reiten, und der Ratschlag war möglicherweise wertvoll und ehrlich gemeint. »Paßt lieber auf die Lady auf«, rief der Kommandeur zurück. Dann winkte er den Reihen um sich herum zu, und die Cho-ja begannen zu rennen.
Ihre langen, vielgliedrigen Beine paßten sich dem unebenen Gelände mit unmenschlicher Beweglichkeit an. Die Hitze machte ihnen überhaupt nichts aus. Ihr Gang hatte etwas Wogendes, vor und zurück, doch niemals etwas Schwankendes. Ein Reiter spürte keinen Ruck, wenn die Beine über den Boden huschten. Lujan genoß das Gefühl von Geschwindigkeit jenseits seiner Vorstellungskraft; er fühlte, wie der Wind an seinen Abzeichen und dem Federbusch zerrte und das lose Haar gegen seine Wangen flog. Sein Herz machte einen Sprung beim Reiz des Unbekannten, und bevor ihm so richtig klar wurde, daß er sich im Augenblick nicht gerade wie ein typischer tsuranischer Krieger benahm, grinste er schon wie ein kleiner Junge. Seine Leichtfertigkeit verschwand kurz darauf, als Mox’l den Rand des Plateaus erreichte und kopfüber eine Schlucht hinab auf das hinter den Hügeln liegende Tiefland zurannte.
Lujan verbarg seine Beklommenheit. Das Tempo des Cho-ja war schwindelerregend, viel zu schnell für die Reaktionsfähigkeit eines Menschen.
Die Soldaten der Acoma klammerten sich aus Angst um Leib und Seele fest. Der Boden rauschte mit atemberaubender Geschwindigkeit an ihnen vorbei. Mox’l und seine Krieger setzten mit großen Sprüngen über Mulden und Geröllhaufen hinweg. Hin und wieder trat eines der mit Krallen versehenen Fußglieder kleine Steinlawinen los. Die
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