Der Sklave von Midkemia
niedergemetzelt!«
Lujan verneigte sich hastig und atmete bereits tief ein, um die entsprechenden Befehle zu geben.
»Halt!« Kevins Schrei fuhr dazwischen, mit einer Intensität, die sich unmißverständlich Gehör verschaffte.
Mara wurde blaß. »Kevin!« zischte sie beinahe im Flüsterton. »Du nimmst dir zuviel heraus, wenn du glaubst, du könntest dich zwischen zwei Verbündete stellen. Ehre steht auf dem Spiel.« Sie wandte sich wieder Lujan zu: »Fahrt fort, Kommandeur.« Kevin schoß hoch, überraschend schnell für einen Mann seiner Größe. Er streckte die Hand aus, packte Lujan am Arm und erstarrte, als die Klinge des Kommandeurs aus der Scheide fuhr, zischend durch die Luft glitt und in perfekter Beherrschung genau an den Knochen seines Handgelenks innehielt. Eine dünne rote Linie erschien dort, wo die Haut von der Klinge zertrennt worden war.
»Halt!« rief Mara. Ihre Stimme zitterte wie niemals zuvor in der Gegenwart einer anderen Person. Die Schreie der kämpfenden Armeen im Tal schwollen an, und das Scheppern der Schilde und Schwerter kam zu dem Lärm hinzu, als die Streitmacht der Xacatecas herumfuhr und entsetzt die zusätzlichen feindlichen Truppen bemerkte. Mara blickte rasch von ihrem Kommandeur zu ihrem Sklaven; selbst ihre Lippen waren jetzt blaß. »Du verlierst möglicherweise deinen Kopf für diese Anmaßung.« Dem Lord der Xacatecas zu Hilfe zu kommen war eine Frage der Ehre ihres Hauses, und Maras Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, daß demgegenüber selbst ihre Gefühle für Kevin bedeutungslos waren.
Kevin wollte schon seinen Griff lockern, doch dann tat er genau das Gegenteil. Er schaute seine Lady an, mit einer grimmigen Miene, wie sie sie noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Seine Augen waren weit aufgerissen, sein Mund angespannt, sein Atem ging oberflächlich und schnell. »Ich habe einen Grund.«
Lujan stand reglos da wie eine Statue, sein Schwert ein Hauch der Berührung auf Kevins Haut, von der einige rote Blutstropfen perlten.
»Dann sprich«, sagte Mara kurz angebunden. »Aber rasch, denn die Soldaten der Xacatecas sterben, während wir hier Zeit verlieren.« Sie fügte nicht hinzu, daß er hängen würde, sollte dies wieder eine seiner barbarischen Launen sein.
Egal, wie groß ihre Liebe zu ihm war, niemals durfte der Name ihrer Ahnen entwürdigt werden.
Kevin schluckte. »Lady, wenn deine Soldaten den Xacatecas zu Hilfe eilen, werden alle in einer Falle enden.«
Ihren Augen war keine Reaktion anzusehen, sie waren vollkommen ausdruckslos.
»Lady, ich weiß es!« Kevin schrie es beinahe heraus, doch er beherrschte sich rechtzeitig. »Ich habe diese Taktik bereits zuvor gesehen, in meiner Welt. Eine kleine Gruppe von unseren Leuten war auf einer Lichtung vor einer von Mauern umgebenen Stadt. Sie schlugen die Eroberer dort in die Flucht und drangen vor, nur um von hinten angegriffen zu werden. Die Streitmacht, die ihnen zu Hilfe kam, wurde in einen Hinterhalt gelockt, und alle wurden in Stücke gehauen.«
Maras Blick blieb hart. Sie nickte kurz in Lujans Richtung, und er zog schweigend das Schwert zurück.
Kevin löste den Griff seiner Finger. Sie zitterten. »Lady, bei meinem Leben, es darf keinen Angriff geben.«
Sie durchbohrte ihn mit ihren Augen. »Du warst ein gewöhnlicher Soldat. Wie kommst du darauf, uns Ratschläge zu erteilen?«
Kevin schloß die Augen, zuckte mit den Schultern in seiner dreisten, direkten Art und schien zu einer Entscheidung gekommen zu sein. Er verbarg seine Verzweiflung und schien sich ganz offensichtlich nicht darum zu kümmern, daß er möglicherweise gerade sein Todesurteil unterschrieb. »Ich war in meiner Heimatwelt Midkemia ein Offizier. Ich hatte das Kommando über die Garnison meines Vaters, als ich im Feld gefangengenommen wurde.«
Er wartete. Mara sagte nichts. Er begriff, daß sie ihm ganz gegen ihre Gewohnheit die Erlaubnis gab weiterzusprechen. Er fuhr fort: »Du hast gesagt, daß Tasaio von den Minwanabi der stellvertretende Kommandeur über die Truppen des Kriegsherrn war. Ich habe gegen ihn gekämpft, und ich glaube fest daran, daß der Schlachtplan auf der Trockenpfanne vor uns seine Handschrift trägt.«
Mara bewegte den Kopf und deutete damit an, daß er jetzt schweigen sollte. Kevin hörte auf zu reden. Er suchte in ihrem Gesicht nach einem Hinweis darauf, wie sie seine Bemerkung aufgenommen hatte.
»Dir ist klar«, sagte sie dann, »daß ich dich hängen lassen muß, falls du unrecht hast. Mehr
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