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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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»Wann? Es gelang ihr, der Falle meines Vaters zu entkommen; mehr noch: Sie zwang ihn, das Versprechen über die Sicherheit der Gäste zu brechen und sich unehrenhaft das Leben zu nehmen.« Desio wurde immer erregter, als er Maras Vergehen gegen das Haus Minwanabi aufzählte. »Dieses … Mädchen hat uns nicht nur besiegt, sie hat uns gedemütigt – nein, sie hat uns erniedrigt !« Er stampfte mit einem Fuß auf das Kissen und betrachtete seinen Berater mit zusammengekniffenen Augen.
    Der Sklave zuckte bei dem Gesichtsausdruck seines Herrn zusammen, der die immer noch ansteigende Wut des Lords der Minwanabi widerspiegelte. Er blutete aus Nase und Mund, doch immer noch bemühte er sich tapfer, seinem schwitzenden Herrn Luft zuzufächeln, und hob und senkte seinen Fächer in kaum unterbrochenem Rhythmus, während Desios Stimme sich zu einem verschwörerischen rauhen Flüstern senkte. »Der Kriegsherr betrachtet sie mit Erheiterung und Anteilnahme, sogar mit Wohlwollen – vielleicht geht er ja mit der Hexe ins Bett – , während unsere Gesichter in Needra-Schleim stecken. Jeden Tag, an dem sie Atem schöpft, fressen wir Needra-Dung!« Desios mißmutiger Gesichtsausdruck verstärkte sich noch. Er starrte auf die fest verschlossenen Läden, und als würde ihr Anblick eine Erinnerung freisetzen, kehrte zum ersten Mal seit Jingus Tod ein Hauch von Wachheit in seine Augen zurück. Incomo zwang sich, nicht vor Erleichterung aufzuseufzen.
    »Und mehr noch«, endete Desio mit der bedächtigen Vorsicht, die ein Mann in der Gegenwart einer zusammengerollten Viper an den Tag legt. »Sie ist jetzt eine echte Bedrohung meines eigenen Lebens!«
    Incomo nickte still. Er wußte, daß Desios Verhalten seiner Furcht entsprang. Jingus Sohn lebte jeden Tag, den Mara die Blutfehde weiter bestehen ließ, in fürchterlicher Angst. Jetzt, da er Herrscher war, würde Desio das nächste Ziel von Maras Machenschaften sein; sein Leben und seine Ehre würden als nächstes vernichtet werden.
    Obwohl die erstickende Hitze seine Geduld strapazierte, bemühte Incomo sich, seinen Herrn zu trösten, denn dieses Bekenntnis war, egal wie eng das Verhältnis zwischen einem Herrn und seinem Berater auch sein mochte, der erste Schritt in dem Versuch, die Angst zu überwinden – möglicherweise sogar, Lady Mara zu besiegen. »Lord, das Mädchen wird einen Fehler machen. Ihr müßt Euch Zeit lassen und den Moment abwarten, da…«
    Die Jade-Fliege kehrte zurück, um Desio zu belästigen, und der Sklave benutzte seinen Fächer, um ihren Flug zu unterbrechen, doch Desio schob die Federn mit einer Hand beiseite. Er starrte Incomo durch die Düsternis an. »Nein, ich kann nicht warten. Die Acoma-Hexe hat bereits die Oberhand, und sie wird immer stärker. Die Position meines Vaters war sehr viel vorteilhafter als meine eigene jetzt; er stand nur einen Schritt vom Goldenen Thron des Kriegsherrn entfernt! Jetzt ist er nichts als Staub und Asche, und ich kann die uns loyal gesinnten Verbündeten an den Fingern einer Hand abzählen. Und all unser Leid, all unsere Erniedrigung haben wir dieser … dieser Frau zu verdanken!«
    Das war bedauerlicherweise wahr. Incomo verstand die Weigerung seines Herrn, den Namen ihrer Feindin auszusprechen. Sie war kaum älter als ein Kind gewesen, als ihr Vater und Bruder gestorben waren, und außer ein paar Kriegern hatte sie keinerlei Verbündete gehabt. Doch innerhalb von drei Jahren hatte Mara dem Haus Acoma mehr Ansehen verschafft, als es in seiner langen, ehrenhaften Geschichte jemals besessen hatte. Incomo suchte vergeblich nach beruhigenden Worten, doch die Klagen seines jungen Herrn waren nur zu berechtigt. Sie mußten Angst vor Mara haben, denn ihre Macht war an einem Punkt angelangt, wo sie sich nicht nur schützen, sondern die Minwanabi auch offen herausfordern konnte.
    Mit weicher Stimme sagte der Erste Berater: »Ruft Tasaio an Eure Seite.«
    Desio blinzelte und schaute für einen kurzen Augenblick so dumm, wie es sein Vater niemals getan hatte. Dann dämmerte es ihm. Er blickte sich im Zimmer um und bemerkte, daß der Sklave immer noch auf seinem Posten war, obwohl ihm das Blut aus der gebrochenen Nase rann und von der aufgeplatzten Lippe tropfte. In einem Anflug überraschenden Mitgefühls schickte Desio den armen Teufel weg. Jetzt, da er allein mit seinem Berater war, sagte er: »Warum sollte ich meinen Cousin aus dem Krieg in der barbarischen Welt zurückrufen? Ihr wißt, daß er meine Position begehrt. Solange ich

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