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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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seiner Herrin begeben und seit dem vorherigen Abend nichts mehr gegessen.
    In Maras Arbeitszimmer war es dämmrig und kühl, selbst am frühen Nachmittag. Ein niedriger, schwarzer Tisch und hübsche grüne Seidenkissen bildeten das ganze Mobiliar, und handbemalte Läden öffneten sich auf einen Weg, der von blühenden Akasi-Blumen gesäumt war. Wenn sie offenstanden, gaben die äußeren Läden den Blick frei auf die Ländereien der Acoma, auf die Needra-Weiden, die sich bis zu den feuchten Niederungen ausdehnten, von denen sich jeden Abend bei Sonnenuntergang die Shatra-Vögel in die Lüfte erhoben. Heute waren die Läden jedoch leicht angelehnt, und die Sicht war von zarten Seidenvorhängen verdeckt, die zwar die Luft hereinließen, aber Schutz vor neugierigen Augen boten. Mara betrat den Raum, der auf den ersten Blick leer zu sein schien. Und obwohl die Erfahrung sie gelehrt hatte, sich dadurch nicht täuschen zu lassen, pflegte sie immer noch leicht zusammenzuzucken.
    Eine Stimme erklang ohne jede Vorwarnung aus der dunkelsten Ecke: »Ich habe die Vorhänge geschlossen, Lady, da die Arbeiter die Akasi stutzen.« Jetzt trat eine dunkle Gestalt vor, elegant wie ein Raubtier auf der Jagd nach Beute. »Wenn Euer Aufseher auch ehrlich sein mag und sich unter den Midkemiern wohl kaum Spione befinden, behalte ich doch aus Gewohnheit gewisse Vorsichtsmaßnahmen bei.«
    Der Mann ließ sich vor seiner Herrin auf die Knie sinken. »Mehr als einmal hat mich dieses Verhalten vor dem Tod gerettet. Ich grüße Euch, Lady.«
    Mara reichte ihm ihre Hand als Zeichen, daß er es sich bequem machen sollte. »Ihr seid mehr als willkommen, Arakasi.« Sie betrachtete den ungewöhnlichen Mann. Seine dunklen Haare waren naß, aber nicht von einem Bad. Arakasi hatte sich lediglich die Zeit genommen, den Staub der Reise abzuwaschen und eine frische Tunika anzulegen. Obwohl er noch nicht lange in Maras Dienst stand, haßte er die Minwanabi mit ähnlicher Kraft wie all jene, die auf dem Land der Acoma geboren waren, und sein Wunsch, die mächtigste der Fünf Familien der Vergessenheit anheimfallen zu sehen, bedeutete ihm mehr als sein Leben.
    »Ich höre keine Geräusche von Heckenscheren«, erklärte Mara. Sie erlaubte dem Supai aufzustehen. »Eure Rückkehr ist eine Erleichterung, Arakasi.«
    Der Supai richtete sich kurz auf und hockte sich dann auf die Fersen. Mara besaß einen wachen Verstand, und mit ihr zu diskutieren bedeutete nicht selten, mehrere Themen gleichzeitig zu behandeln. Er lächelte vor aufrichtigem Vergnügen, denn in ihrem Dienst trugen seine Berichte reiche Früchte. Er wartete nicht, bis sie sich ebenfalls gesetzt hatte, sondern antwortete gleich auf ihre vorangegangene Bemerkung. »Ihr hört keine Geräusche von Heckenscheren, Lady, weil der Aufseher die Arbeiter weggeschickt hat. Die Sklaven der ersten Schicht klagten über Sonnenbrand, und weil er nicht über der Peitsche schwitzen wollte, entschied sich der Aufseher, den Arbeitsplan zu ändern.«
    »Midkemier«, sagte Mara kurz angebunden, als sie sich auf den Kissen niederließ. Das Verhältnis zwischen ihr und Arakasi war überaus vertraut, und da es an diesem Tag sehr warm war, löste sie die Schärpe und gestattete der Brise, durch die Vorhänge hindurch über ihre geöffnete Robe zu streichen. »Sie sind so aufsässig wie Zuchtbullen. Jican riet mir davon ab, sie zu kaufen, und ich fürchte, er hatte recht.«
    Arakasi legte den Kopf leicht schief wie ein Vogel, als er darüber nachdachte. »Jican denkt wie ein Hadonra, nicht wie ein Herrscher.«
    »Was bedeutet, daß er nicht das Ganze sieht«, sagte Mara, und ihre Augen begannen zu leuchten; sie genoß die Herausforderung, ihren Verstand mit dem des Supai zu messen. »Die Midkemier interessieren Euch«, mutmaßte sie.
    »Sehr sogar.« Arakasi drehte sich bei einem leisen Geräusch im Gang um, und als er sah, daß die Störung nur von einem Diener aus der Küche verursacht worden war, wandte er sich wieder seiner Herrin zu. »Ihre Gewohnheiten unterscheiden sich von unseren, Lady. Sollte ihre Kultur Sklaven kennen, so schätze ich, daß sie völlig anders sind als unsere. Aber ich schweife vom Thema ab.« Seine Augen verengten sich plötzlich. »Desio von den Minwanabi hat endlich begonnen, sich wie ein Herrscher zu benehmen.«
    Der Diener erschien im Türrahmen; er hielt Platten voller Obst und kaltem Jiga-Vogel in den Händen. Arakasi schwieg, als Mara mit einer Handbewegung befahl, das Tablett auf den Tisch

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