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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Sklaverei? Im Rahmen der Kultur dieses Mannes erlangte man Ehre, indem man sich an ihre merkwürdigen Gesetze hielt, und die gesellschaftliche Stellung war etwas, das sich ändern konnte und nicht für das ganze Leben festgelegt war. Kevin verhielt sich wie ein freier Mann, weil er sich nicht als Sklave, sondern als Gefangener empfand. Mara rückte ihr Gewand zurecht; sie verbarg den Aufruhr, den diese »Logik« der Midkemier, die auf Kelewan an Ketzerei grenzte, in ihrem Innern verursacht hatte.
    Diese Barbaren waren sogar noch gefährlicher, als Arakasi geglaubt hatte, denn sie gingen von Überzeugungen aus, die die Gesellschaft der Tsurani auf den Kopf stellen konnten. Mara glaubte ernsthaft, daß es für ihre Leute besser wäre, wenn sie sämtliche Barbaren einfach töten lassen würde. Doch früher oder später würde irgend jemand anderer die gefährlichen Ideen der Midkemier herausfinden, und es wäre dumm, die Gelegenheit möglicherweise einem Feind zufallen zu lassen. Mara schüttelte ihre Unruhe in dem Versuch ab, humorvoll zu sein. »Wenn die Frauen also unantastbar sind, wie du gesagt hast, nehme ich an, daß es auch die Frauen der Herrscher sind, die die Entscheidungen treffen. Stimmt das?«
    Kevin war ihren Bewegungen mit den Blicken gefolgt, als sie die Seide glattgestrichen hatte. Zuletzt hatte die deutlich sichtbare Spalte zwischen Maras Brüsten seine Aufmerksamkeit erregt, und er riß seine Augen gewaltsam von dem Anblick los und lachte. »Teilweise ist es so, Mylady Aber niemals ganz offen und niemals in Übereinstimmung mit dem Gesetz. Die Frauen üben ihren Einfluß meistens über das Schlafzimmer aus.« Er seufzte, als würde er sich an etwas erinnern, das ihm lieb gewesen war, und sein Blick hing an ihrem nur unzulänglich bedeckten Busen und ihren langen Beinen, von denen ein gutes Stück sichtbar war.
    Mara zog die Augenbrauen empor. Sie nahm die kleine Nuance seines Blickes wahr und errötete, dann zog sie instinktiv die Beine unter ihren Körper und schloß den oberen Teil ihres spärlichen Gewandes. Einen fürchterlichen Augenblick lang mußte sie sich zwingen, alles andere anzusehen, nur nicht den nahezu nackten Sklaven. Genug! schalt sie sich. In ihrer Kultur war Nacktheit etwas völlig Normales, warum fühlte sie sich dann plötzlich so unbehaglich?
    Sie ärgerte sich über ihren Fehler und starrte Kevin direkt in die Augen. Was dieser Mann auch denken mochte, er war immer noch ihr Eigentum; sie konnte ohne Rücksicht auf irgendwelche Folgen seinen Tod bestimmen oder ihn in ihr Bett zerren lassen, denn er war nur ein Ding. Dann stockte sie. Wieso hatte sie an das Bett gedacht? Die unerwartet verärgerte Reaktion auf diese Dummheit verwirrte sie noch mehr, und sie holte tief Luft und lenkte die Diskussion in eine Richtung, die weniger persönlich war. Schon bald waren sie mitten in einem intensiven Gespräch über die Lords und Ladies und ihre Verantwortung in den Ländern jenseits des Spalts versunken. Wie in der Nacht zuvor führte das eine Thema zu einer Reihe weiterer Fragen und Antworten, und Mara versorgte Kevin mit den nötigen Worten, damit die Beschreibungen seines Heimatlandes, des Königreichs der Inseln, Gestalt annehmen konnten.
    Er war ein Mann mit einem hellwachen Verstand und benötigte wenig Anleitung. Mara war beeindruckt von seiner Fähigkeit, über so viele verschiedene Themen zu sprechen. Das Zimmer wurde dunkler, als die Öllampe herunterbrannte, doch Mara war zu abgelenkt, um eine Dienerin herbeizurufen und den Docht richten zu lassen. Auf der anderen Seite des Ladens stieg der Mond empor; er warf einen kupfergoldenen Schein über den Boden und ließ alles andere im Schatten versinken. Die Flamme wurde noch kleiner. Mara lehnte sich in ihre Kissen zurück; sie war angespannt und wußte, daß sie noch nicht würde schlafen können. Hinter ihrer Faszination für Kevins Welt schwelte immer noch tiefer Ärger. Die Erinnerung an seine körperliche Berührung – die erste von einem Mann auf ihrer Haut seit dem Tod Buntokapis – drohte immer wieder ihre Konzentration zu zerstören. Sie mußte dann ihre ganze Kraft zusammennehmen, um ihre Gedanken wieder auf das Thema zu richten, über das der Barbar gerade sprach.
    Kevin beendete die Beschreibung der Macht eines Edlen, der sich Baron nannte, dann machte er eine kleine Pause und trank.
    Das Lampenlicht glänzte weich auf seiner Haut. Über den Rand des Bechers hinweg folgte sein Blick den Konturen ihres Körpers unter

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