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Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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Moment, in dem er ganz allein IHR hatte gehören sollen, in ungeteilter Leidenschaft! 
    Zornig begann Nefertari an ihrer Unterlippe zu nagen. Dann streifte sie einen ihrer Armreifen ab und reichte ihn dem Kind. „Du wirst weiter deine Augen offen halten in Ipet-Isut! Ich werde dich und deine Familie reich belohnen.“
    Der Junge griff das Schmuckstück. „Ja, meine Herrin“, versprach er. 

    Debora saß am Fenster und blickte in den ausgestorbenen nächtlichen Hof hinaus. Auf ihrem Schoß hatte sich eine der hier lebenden Katzen zusammen gerollt und sie kraulte Gedanken versunken das sandfarbene Fell. Aber als Amenemhat eintrat, sprang das Mädchen auf und die Katze huschte aus dem Raum.
    „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“ 
    Er musterte sie. „Aber ich bin froh zu sehen, dass es dir viel besser geht. Und für deinen ersten Spaziergang habe ich dir etwas mitgebracht.“
    Debora verfolgte argwöhnisch, wie der Hohepriester ein kleines Päckchen neben ihr auf den Tisch legte und sich dann ebenfalls setzte. „Erzähle mir von deinem Volk, Debora! Hat deine Familie schon lange hier in Kemet gelebt? Die Pferde aus der Zucht deines Vaters waren sehr geschätzt am Hof des Pharao, das weiß ich.“  Alles, was sie in diesem Augenblick denken konnte war, dass die Finger, die jetzt so elegant auf dem Geschenk ruhten, die Waffe umfasst hatten, die ihren Vater getötet hatte. Amenemhat mochte es leugnen, so oft er wollte, es war ganz sicher seine Schuld! Hatte nicht Kahotep damals gesagt, dass der ‚Skorpion von Ipet-Isut’ sich alles nahm, was er glaubte, haben zu müssen, und zerstörte, was er nicht bekommen konnte?! Sie wich ein Stück zurück.
    „Du meinst immer noch, ich bin schuld am Tod deines Vaters? Ich habe dir gesagt, ich habe damit nichts zu tun. Warum glaubst du mir nicht? Du kannst mich nicht für etwas verantwortlich machen, was irgendwelche Diebesbanden getan haben!“
    Sie wich seinem eindringlichen Blick aus und wünschte, auch seiner Stimme auf irgendeine Weise entfliehen zu können.
    „Egal wie es geschehen ist, es IST deine Schuld!“ stieß sie dann hervor. „Das Elend, der Hunger, das Leid der Armen! Hättest du ihnen nicht das Letzte ausgepresst, hätten sie unseren Hof nicht überfallen!“
    „Das ist nicht wahr, Debora. Das sind die Geschichten, die Kahotep vom Tempel des Ptah verbreitet hat. Aber ich versichere dir, sie entsprechen nicht der Wahrheit!“
    Sie schwieg und hoffte, dass er sie allein ließ.
    „Aber offenbar möchtest du die Wahrheit nicht hören.“ 
    Einen Moment später war Debora wieder allein, aber Amenemhat hatte die Unruhe, die er entfacht hatte, in ihr zurück gelassen. Nicht nur das Geschenk auf dem Tisch.

    Der Neumond färbte die Nacht so tiefschwarz, dass die beiden Männer am Tor von Ipet-Isut einander nur schemenhaft erkennen konnten.
    „Iny hat also das Bündnis mit den Syrern erneuert… wenigstens etwas!“
    „Wenn der Erhabene Kahotep ihm nicht ins Gewissen geredet hätte, hätte er den Gesandten keine Beachtung weiter geschenkt.“
    Was war das? Ein Versuch, seinen Gegner zu verteidigen?! Amenemhat lächelte sarkastisch. „Nun, selbst ein durch den Garten fegender Sandsturm kann etwas Gutes haben, wenn er den Einbrecher aufhält, oder?“ Kahotep – die Priesterschaft von Men-Nefer und die Gaufürsten – die Syrer: das war eine Dreiheit, die Amenemhat im Auge behalten musste! Er war sich nicht sicher, ob der Oberpriester des Ptah soweit dachte – ihm selbst war der Gedanke sofort gekommen – aber falls die Gaufürsten ihre Unabhängigkeit vorantreiben wollten, konnten sie schwerlich mit Waset verbündete Syrer in ihrem Rücken brauchen…
    „Was ist mit dem Tempelland?“ 
    „Der Oberpriester des Ptah hat den ganzen Tag auf ihn eingeredet, wegen der Syrer. Seine Majestät wollte anschließend nichts mehr hören. Auch die Ehrwürdige Nefertari nicht. Er war so müde und gereizt, sagt man, dass er sich besinnungslos getrunken hat.“
    Betrunken! Schon wieder, dachte Amenemhat bei den Worten seines Kundschafters. Das ist ja auch beinahe alles, was er zustande bringt! Und er hatte solche Hoffnungen in Nefertaris Fähigkeiten gesetzt! War sie die Sache mit entsprechendem Nachdruck angegangen? Der Hohepriester erinnerte sich jetzt wieder, dass die Königsmutter ungewöhnlich kühl bei seinem letzten Besuch gewesen war. Die Eifersucht auf Debora veranlasste sie doch nicht etwa zu dem absurden Gedanken, ihn auf diese Weise zu

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