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Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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Amenemhat an der Schulter. Dem Hohepriester war anzusehen, wie erschöpft er war, auch wenn er das niemals zugegeben hätte.
    „Ich kann den Gang allein zuschütten“, bot Menkheperre an. „Du kannst dich etwas ausruhen, und dann machen wir uns auf den Rückweg.“
    Amenemhat wandte den Kopf zu seinem Freund.
    „So, du bist der Meinung, ein alter Mann wie ich bedarf der Schonung und sollte das Feld lieber den Jüngeren überlassen?“
    „Du weißt, was ich meine. Du bist noch nicht ganz gesund und –“
    „Kemet kann sich nicht leisten, mich zu verlieren?“ Amenemhat erhob sich von seiner kurzen Ruhepause. „Damit magst du Recht haben. Aber Kemet kann sich auch keinen alten Mann leisten! – Also lass uns zu Ende bringen, weswegen wir hier sind!“
    Er begann, die mitgebrachten Utensilien wieder zu verstauen und dann die Felsspalte wieder aufwärts zu steigen. Menkheperre folgte ihm, und einige Zeit darauf knieten die beiden Amunpriester im oberen Bereich des Schachtes und schaufelten Geröll und Sand abwärts.
    „… Du bist immer noch entschlossen, die Fremdländerin zu deiner Frau zu machen, Amenemhat?“ Es klang, als habe er die Frage seit Stunden oder sogar Tagen vor sich her geschoben.
    „Natürlich bin ich das. Du kennst mich sehr schlecht, wenn du geglaubt hast, das sei nur eine Laune von mir.“ Amenemhat beförderte eine weitere Ladung Geröll hinab und lehnte sich den Schweiß von der Stirn wischend zurück.
    Der Vierte Gottesdiener seufzte. „Nun… es war nur eine Hoffnung, wenn es dir erst besser geht... Du weißt, wie ich über diese Frau denke, und ich werde nicht der Einzige sein in Waset, der diese Gedanken hegt.“
    „Du wenigstens solltest nicht so denken, Menkheperre! Debora ist jede Stunde wert, die ich auf sie gewartet und um sie gekämpft habe! Ich werde sie nicht aufgeben! Für nichts!“ 
    Er machte sich wieder an die Arbeit ohne den erstaunten Gesichtsausdruck seines Freundes zu bemerken; ohne festzustellen, dass er sich selbst gegenüber etwas Ungeheuerliches gesagt hatte.
    „Und was die Meinung des Hofes anbelangt… die Meinung des Pharao oder seines geschätzten Beraters beispielsweise…“ Ein Windstoß hatte den Sand aufgewirbelt und machte ein Weitersprechen für einen Moment nicht ratsam. „…So wird Deboras Anwesenheit an meiner Seite sie kaum weiter sinken lassen können.“ 

Kapitel 15

    Am nächsten Abend griff Amenemhat Deboras Hand und versprach ihr einen Blick in die Gefilde der Götter. Dann nahm er ein Tuch, band es ihr um die Augen und führte sie aus dem Haus. Sie zählte die Schritte, die Stufen, die sie hinab, und dann wieder hinauf schritten und hörte schwere Tore in den Angeln knirschen. Aber sie hatte beim besten Willen keine Vorstellung, wohin Amenemhat sie geleitete. Ihr Herz hämmerte vor Aufregung.
    Plötzlich wurde die Luft kühler, roch nach Weihrauch und Zimt und anderen kostbaren Gewürzen. Als sie die Hand ausstreckte, berührte sie kühlen Stein.
    „Bleib stehen“, flüsterte ihr Begleiter. „Aber warte noch einen Moment, bevor du das Tuch abnimmst!“ Sie hörte, wie eine Lampe angezündet wurde und roch das verbrennende Öl. 
    „Jetzt!“
    Debora folgte der Aufforderung hastig – und erstarrte im selben Augenblick. Die Säulen des Himmels, von denen Kare früher immer erzählt hatte! Es gab sie wirklich! Sie griff selbst die Lampe, hielt sie über sich und drehte sich langsam. Die Kapitelle der gewaltigen Säulen verschwammen im Dunkel der Nacht. Das Licht tanzte über die Inschriften und farbigen Reliefs, erweckte Götter und Könige zum Leben wie mit magischer Kraft. Debora schien es, als ob sie sich plötzlich vom Stein lösten und ihr zuwandten im Erstaunen über die Sterbliche, die so hingerissen auf sie starrte. Sie schritt weiter durch den Säulenwald, bis ihr schlagartig wirklich klar wurde, wo sie sich befand… Sie drehte sich um, erblickte Amenemhat einige Meter hinter ihr auf der Basis einer der Säulen sitzend.
    „Das ist der Verbotene Bereich! Du hast immer gesagt, niemand außer der Priesterschaft dürfe ihn betreten!“
    „Es gibt niemanden, der würdiger wäre als du, Meritamun.“
    Sie musterte ihn verwundert und wiederholte „Meritamun?“ 
    Er streckte ihr die Hand entgegen. „Genau das bist du, ein Geschenk Amuns. Meine Gemahlin.“
    Sie stockte mitten im Schritt, kurz bevor sich ihrer beiden Hände berührten. Was hatte er soeben gesagt? Sie wagte nicht zu atmen und nicht mehr zu denken, als

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