Der Skorpion
sein.«
»Ich halte mich doch nicht fit, ernähre mich gesund und mache Yoga, damit du mein Atmungssystem verpesten kannst.«
»Gib schon Ruhe«, sagte Pescoli, zündete sich jedoch keine Zigarette mehr an. Sie konnte warten, bis sie den Parkplatz beim Büro des Sheriffs erreicht hatten. Außerdem war ihre Sucht nicht so ausgeprägt. Rauchen half ihr lediglich beim Nachdenken …
Ihr Handy klingelte fast im selben Moment, in dem der Sheriff Sirene und Licht einschaltete. Sie meldete sich: »Pescoli.«
»Wir haben noch eine.«
»Was?« Alvarez’ Kopf ruckte zu ihr herum, eine unausgesprochene Frage in den Augen.
Grayson erklärte: »Offenbar noch eine an einen Baum gebundene Frau, in der Nähe von Broken-Pine-Lodge. Der KBIT -Hubschrauber hat sie entdeckt. Ich habe Van Droz bereits raufgeschickt, sie ist in der Nähe. Sollte vor uns dort sein und den Tatort sichern.«
»Toll«, sagte Pescoli, besorgter denn je. »Noch ein Opfer?«, fragte Alvarez. »Ja.« Pescoli nickte, führte beide Gespräche, das mit Alvarez und das am Handy, gleichzeitig.
»Eskaliert sich der Killer gerade, oder was passiert hier?«, fragte Alvarez so laut, dass auch Grayson sie hörte. »Sieht so aus«, antwortete er.
»Die Nachrichtenleute mit dem Hubschrauber haben sie gefunden«, erklärte Pescoli und schaltete herunter.
»Sagte ich doch«, antwortete der Sheriff gereizt. »Wird um elf gesendet.«
MacGregor betrat die Hütte. Drinnen war es totenstill, das Feuer war heruntergebrannt, die Hütte wirkte verlassen. »Jillian?«, rief er, schaute in die leeren Räume, und Angstschauer überliefen seinen Rücken.
Sie war fort. Schlicht und ergreifend. Das Gewehr, das er ihr überlassen hatte, ebenfalls, auch die Krücke fehlte. Und der Hund.
»Harley?« Seine Stiefelschritte klangen hohl auf dem alten Holzfußboden, als er durch die Küche zur hinteren Veranda ging. Das ungute Gefühl, das ihn seit dem Schuss vor knapp einer Stunde nicht mehr losgelassen hatte, verstärkte sich. Er ging hinüber zur vorderen Veranda, pfiff und rechnete halb damit, den schwarz-weißen Spaniel durch die Schneewehen springen zu sehen.
Nichts.
Rasch durchquerte er das Haus zur hinteren Veranda, legte die Hände trichterartig um den Mund und rief: »Jillian? Harley?« Die Schluchten warfen seine Stimme als Echo zurück, und er griff nach seinem Gewehr und schritt die Veranda ab. Eine Spur im Schnee führte auf den Wald zu.
Was dachte sie sich dabei? Zu Fuß wegzulaufen, obwohl sie noch längst nicht genesen war?
Vielleicht wurde sie gezwungen.
Bei dem Gedanken wurde ihm kalt bis ins Mark, und er ließ den Schuss noch einmal im Kopf Revue passieren.
Doch die Abdrücke im Schnee stammten nur von dem Hund, der Krücke und einem Stiefel. Sonst nichts. Möglicherweise war der Hund ihm nachgelaufen oder einem Waschbären oder Reh. Vielleicht war Jillian ihm nachgegangen.
Das hätte nicht sein müssen, Jillian!,
dachte er, folgte dann jedoch im Dauerlauf der Spur und duckte sich unter den herabhängenden Zweigen hindurch, wobei er ein Kaninchen im Unterholz aufscheuchte. »Harley«, rief er und pfiff. Warum hätte der Hund weglaufen sollen?
Ein erbarmungswürdiges Winseln ertönte unter den Kiefern. MacGregor wollte das Blut in den Adern gefrieren. Mit klopfendem Herzen entsicherte er sein Gewehr, hielt es schussbereit, als er einen großen Felsblock umrundete. Da sah er seinen Hund auf der Seite im Schnee liegen, das schwarz-weiße Fell verklebt und rot von Blut. Viel zu viel Blut hatte sich bereits unter ihm angesammelt. Dennoch hob der Spaniel den Kopf und sah zu ihm hin, winselte und wedelte matt mit der Rute. »Halte durch, Freundchen«, sagte MacGregor, zog seine Jacke aus und riss das Futter heraus. Er legte den Hund auf die Jacke und wickelte den Ärmel um sein Hinterbein, in dem eine Schussverletzung klaffte. Sorgenvoll und wütend zugleich kniete er sich neben Harley und sah die Spuren. Nicht nur Jillians, sondern eine weitere, bedeutend größere Fußspur, die nach Osten führte, wo in mehr als zwei Meilen Entfernung eine alte verlassene Sägemühle lag.
Ausgeschlossen, dass Jillian so weit humpeln konnte. Er ließ den Hund äußerst ungern allein, doch ihm blieb nichts anderes übrig. Jillian Rivers’ Leben stand auf dem Spiel.
Das Gewehr fest in der Hand, folgte Zane MacGregor ungeachtet der Kälte der Spur. Er lief, so schnell er konnte. Er konnte nur hoffen, dass es nicht schon zu spät war.
»Heiliger Strohsack!« Brewster
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