Der Skorpion
starrte auf die an den Baum gebundene Frau und sah aus, als müsste er sich übergeben. Pescoli und Alvarez eilten herbei. Die Szene war nahezu identisch mit der vorigen, abgesehen davon, dass die nackte Frau von einer einzelnen Weißen Zypresse auf einer kleinen Bergwiese losgeschnitten worden war. Sie lag nun auf einer Jacke, ihre glasigen Augen blickten leer nach oben. Ihr Körper war von Blutergüssen übersät, ihre Lippen rissig. Deputy Trilby Van Droz hockte im zertretenen Schnee neben dem Baum und untersuchte die Leiche.
Als Van Droz sie kommen hörte, hob sie den Blick und schrie: »Sie lebt! Ich habe schon den Notarzt gerufen.«
»Sie lebt«, wiederholte Pescoli. Über ihnen hing als dunkler Fleck am blauen Himmel der Hubschrauber des Nachrichtensenders. Ein Kameramann lehnte sich weit aus dem Fenster und filmte die Szene.
»Diese verfluchten Idioten«, sagte Grayson und gab ihnen das Zeichen zu verschwinden. »Ruf mal jemand bei KBIT an. Sie sollen den Luftraum frei halten, für den Fall, dass ein Rettungshubschrauber landen muss.« Brewster sprach über sein Walkie-Talkie mit den Polizisten auf dem Revier und gab ihnen Anweisungen.
»Immerhin haben sie sie gefunden«, sagte Alvarez. »Ich übernehme das Tatortprotokoll.« Das Gebiet musste abgesperrt und gesichert werden. Jeder, der hinzukam, musste sich in eine Anwesenheitsliste eintragen.
Grayson kritzelte seinen Namen. »Ist sie bei Bewusstsein?«, brüllte er. »Nein. Aber ich fühle ihren Puls, und sie atmet.« Van Droz versuchte, das Opfer warm zu halten, und dann zerriss das Heulen einer Sirene die stille Bergluft.
Pescoli trug sich ebenfalls ein und hastete, bemüht, keine Spuren zu zerstören, zum Opfer, wo sie sich in den Schnee kniete und zu helfen versuchte. »Ist das Jillian Rivers?«
»Weiß nicht.«
»Nein«, sagte Watershed von rechts hinter ihr. Er trat einen Schritt zurück und begutachtete die Botschaft an der schuppigen Rinde der Zypresse. »Die Buchstaben stimmen nicht.« Pescoli sah zu dem Zettel mit der merkwürdigen Botschaft hoch. Eindeutig, Jillian Rivers’ Initialen enthielt sie wieder nicht. Sie sah weder ein J noch ein R.
Die Botschaft lautete jetzt:
M ID T DE SK N Z
»Was soll das bloß heißen?«, flüsterte Watershed.
Trilby Van Droz kniete immer noch neben dem Opfer, Pescoli neben ihr. Der Sheriff befahl Brett Gage, dem stellvertretenden Leiter der Strafverfolgung, den Spuren im Schnee zu folgen. Mit einem Hundeführer stapfte er zum östlichen Rand der Lichtung.
»Wie zum Kuckuck kommt so einer hierher?«, fragte Grayson. Die Sirenen des Rettungswagens heulten lauter.
Pescoli rieb die Handgelenke der Frau. »Hören Sie mich?«, fragte sie. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie der Rettungswagen schlitternd auf dem alten, schneebedeckten Parkplatz der verfallenen Hütte anhielt. »Wie heißen Sie? Wer hat Ihnen das angetan?«
»Sie reagiert nicht«, sagte Detective Van Droz. »Ich habe noch kein Wort aus ihr herausbekommen.«
Zwei Sanitäter eilten, beladen mit ihrer Ausrüstung, zu der im Schnee liegenden Frau. Nach kurzer Untersuchung zückte eine kleine Schwarze mit nüchterner Miene ein Funkgerät und forderte einen Hubschrauber an. »Wir müssen sie schleunigst hier wegschaffen«, sagte sie, gab dem Hubschrauber-Team ihren Standort durch und beendete das Gespräch. »Die Fahrt ins Krankenhaus würde zu lange dauern.« Sie heftete ihre dunklen Augen wieder auf das Opfer, während sie mit den Deputys redete. »Der Hubschrauber ist unterwegs. Dürfte in fünf Minuten hier sein. Also treten Sie jetzt alle ein paar Schritte zurück, und lassen Sie uns unsere Arbeit machen!«
Die Detectives und FBI -Agenten wichen zurück, während die Frau und ihr Partner, ein großer Mann in den Zwanzigern, rasch die Vitalparameter der Frau prüften, ihr Sauerstoff gaben, sie zudeckten und versorgten. In der Ferne war das Geräusch von Hubschrauberrotoren zu hören.
»Der Tatort ist hin«, sagte Chandler stirnrunzelnd und ließ den Blick über den zertrampelten Schnee und den einzelnen Baum wandern.
»Er sieht genauso aus wie die anderen«, bemerkte Pescoli.
»Aber unter der Schneedecke könnte Beweismaterial liegen.« Chandler musterte den zertretenen Schnee und die arme Frau, die reglos auf der Trage lag.
»Darum kümmern sich die Kriminaltechniker«, sagte Pescoli. Der Rettungshubschrauber kam in Sicht, und der Nachrichtenhubschrauber erhob sich höher in die Luft, ohne seinen Aussichtspunkt ganz
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